Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

ja ich vermeynete nicht anders, als daß wir unsern
baldigen Tod, wenigstens aber ein sehr schweres
Gefängniß würden zu hoffen haben; Allein, das
Schicksal fügte es gantz anders, denn ob ich zwar
in dem Letzteren nicht gefehlt, indem uns Arab-
Ogli
auf eins seiner vestesten Schlösser brachte,
so ließ er doch die Printzeßin, nachdem er ihrer
Person wegen vollkommene Kundschafft eingezo-
gen, auf das allerbeste verpflegen, worbey denn
ich auch eben keine Noth litte.

Wenige Tage hernach schickte Arab-Ogli
zwey gantz vernünfftige Weiber an die Printzeßin,
welche ihr gantz höflich und geschickt vorzutragen
wusten, wie sich dieselbe ja nicht einbilden solte,
daß sie eine solche Gefangene wäre, vermittelst de-
ren er, der Arab-Ogli, da er mit dem Fürsten von
Candahar in einigem Streite und Wiederwillen
lebte, etwa seinen Hohn oder Schimpff zu rächen
gesonnen wäre. Nein! keines wegs; derowegen
solte sie nur gutes Muths seyn, und alles fordern
und befehlen, womit ihr gedienet werden könte,
denn Arab-Ogli würde gegen Abend selbsten kom-
men, sie zu besuchen, bey solcher Gelegenheit aber
sich deutlicher gegen sie die Printzeßin erklären.

Ob nun schon diese letztere so wohl, als ich,
wünschten, uns lieber in dem wilden Walde, oder
in einer Wüsteney zu befinden, als mit dem
Feinde des Fürsten von Candahar fernerweit et-
was zu thun zu haben, so sahen wir uns doch halb
gezwungener Weise gemüßiget, in die Zeit zu schi-
cken, und ihm den Zutritt zu vergönnen, als wel-
chen wir ihm, wenn wir es bey dem Lichte betrach-

teten,

ja ich vermeynete nicht anders, als daß wir unſern
baldigen Tod, wenigſtens aber ein ſehr ſchweres
Gefaͤngniß wuͤrden zu hoffen haben; Allein, das
Schickſal fuͤgte es gantz anders, denn ob ich zwar
in dem Letzteren nicht gefehlt, indem uns Arab-
Ogli
auf eins ſeiner veſteſten Schloͤſſer brachte,
ſo ließ er doch die Printzeßin, nachdem er ihrer
Perſon wegen vollkommene Kundſchafft eingezo-
gen, auf das allerbeſte verpflegen, worbey denn
ich auch eben keine Noth litte.

Wenige Tage hernach ſchickte Arab-Ogli
zwey gantz vernuͤnfftige Weiber an die Printzeßin,
welche ihr gantz hoͤflich und geſchickt vorzutragen
wuſten, wie ſich dieſelbe ja nicht einbilden ſolte,
daß ſie eine ſolche Gefangene waͤre, vermittelſt de-
ren er, der Arab-Ogli, da er mit dem Fuͤrſten von
Candahar in einigem Streite und Wiederwillen
lebte, etwa ſeinen Hohn oder Schimpff zu raͤchen
geſonnen waͤre. Nein! keines wegs; derowegen
ſolte ſie nur gutes Muths ſeyn, und alles fordern
und befehlen, womit ihr gedienet werden koͤnte,
denn Arab-Ogli wuͤrde gegen Abend ſelbſten kom-
men, ſie zu beſuchen, bey ſolcher Gelegenheit aber
ſich deutlicher gegen ſie die Printzeßin erklaͤren.

Ob nun ſchon dieſe letztere ſo wohl, als ich,
wuͤnſchten, uns lieber in dem wilden Walde, oder
in einer Wuͤſteney zu befinden, als mit dem
Feinde des Fuͤrſten von Candahar fernerweit et-
was zu thun zu haben, ſo ſahen wir uns doch halb
gezwungener Weiſe gemuͤßiget, in die Zeit zu ſchi-
cken, und ihm den Zutritt zu vergoͤnnen, als wel-
chen wir ihm, wenn wir es bey dem Lichte betrach-

teten,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div>
              <p><pb facs="#f0484" n="474"/>
ja ich vermeynete nicht anders, als daß wir un&#x017F;ern<lb/>
baldigen Tod, wenig&#x017F;tens aber ein &#x017F;ehr &#x017F;chweres<lb/>
Gefa&#x0364;ngniß wu&#x0364;rden zu hoffen haben; Allein, das<lb/>
Schick&#x017F;al fu&#x0364;gte es gantz anders, denn ob ich zwar<lb/>
in dem Letzteren nicht gefehlt, indem uns <hi rendition="#aq">Arab-<lb/>
Ogli</hi> auf eins &#x017F;einer ve&#x017F;te&#x017F;ten Schlo&#x0364;&#x017F;&#x017F;er brachte,<lb/>
&#x017F;o ließ er doch die Printzeßin, nachdem er ihrer<lb/>
Per&#x017F;on wegen vollkommene Kund&#x017F;chafft eingezo-<lb/>
gen, auf das allerbe&#x017F;te verpflegen, worbey denn<lb/>
ich auch eben keine Noth litte.</p><lb/>
              <p>Wenige Tage hernach &#x017F;chickte <hi rendition="#aq">Arab-Ogli</hi><lb/>
zwey gantz vernu&#x0364;nfftige Weiber an die Printzeßin,<lb/>
welche ihr gantz ho&#x0364;flich und ge&#x017F;chickt vorzutragen<lb/>
wu&#x017F;ten, wie &#x017F;ich die&#x017F;elbe ja nicht einbilden &#x017F;olte,<lb/>
daß &#x017F;ie eine &#x017F;olche Gefangene wa&#x0364;re, vermittel&#x017F;t de-<lb/>
ren er, der <hi rendition="#aq">Arab-Ogli,</hi> da er mit dem Fu&#x0364;r&#x017F;ten von<lb/><hi rendition="#aq">Candahar</hi> in einigem Streite und Wiederwillen<lb/>
lebte, etwa &#x017F;einen Hohn oder Schimpff zu ra&#x0364;chen<lb/>
ge&#x017F;onnen wa&#x0364;re. Nein! keines wegs; derowegen<lb/>
&#x017F;olte &#x017F;ie nur gutes Muths &#x017F;eyn, und alles fordern<lb/>
und befehlen, womit ihr gedienet werden ko&#x0364;nte,<lb/>
denn <hi rendition="#aq">Arab-Ogli</hi> wu&#x0364;rde gegen Abend &#x017F;elb&#x017F;ten kom-<lb/>
men, &#x017F;ie zu be&#x017F;uchen, bey &#x017F;olcher Gelegenheit aber<lb/>
&#x017F;ich deutlicher gegen &#x017F;ie die Printzeßin erkla&#x0364;ren.</p><lb/>
              <p>Ob nun &#x017F;chon die&#x017F;e letztere &#x017F;o wohl, als ich,<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;chten, uns lieber in dem wilden Walde, oder<lb/>
in einer Wu&#x0364;&#x017F;teney zu befinden, als mit dem<lb/>
Feinde des Fu&#x0364;r&#x017F;ten von <hi rendition="#aq">Candahar</hi> fernerweit et-<lb/>
was zu thun zu haben, &#x017F;o &#x017F;ahen wir uns doch halb<lb/>
gezwungener Wei&#x017F;e gemu&#x0364;ßiget, in die Zeit zu &#x017F;chi-<lb/>
cken, und ihm den Zutritt zu vergo&#x0364;nnen, als wel-<lb/>
chen wir ihm, wenn wir es bey dem Lichte betrach-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">teten,</fw><lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[474/0484] ja ich vermeynete nicht anders, als daß wir unſern baldigen Tod, wenigſtens aber ein ſehr ſchweres Gefaͤngniß wuͤrden zu hoffen haben; Allein, das Schickſal fuͤgte es gantz anders, denn ob ich zwar in dem Letzteren nicht gefehlt, indem uns Arab- Ogli auf eins ſeiner veſteſten Schloͤſſer brachte, ſo ließ er doch die Printzeßin, nachdem er ihrer Perſon wegen vollkommene Kundſchafft eingezo- gen, auf das allerbeſte verpflegen, worbey denn ich auch eben keine Noth litte. Wenige Tage hernach ſchickte Arab-Ogli zwey gantz vernuͤnfftige Weiber an die Printzeßin, welche ihr gantz hoͤflich und geſchickt vorzutragen wuſten, wie ſich dieſelbe ja nicht einbilden ſolte, daß ſie eine ſolche Gefangene waͤre, vermittelſt de- ren er, der Arab-Ogli, da er mit dem Fuͤrſten von Candahar in einigem Streite und Wiederwillen lebte, etwa ſeinen Hohn oder Schimpff zu raͤchen geſonnen waͤre. Nein! keines wegs; derowegen ſolte ſie nur gutes Muths ſeyn, und alles fordern und befehlen, womit ihr gedienet werden koͤnte, denn Arab-Ogli wuͤrde gegen Abend ſelbſten kom- men, ſie zu beſuchen, bey ſolcher Gelegenheit aber ſich deutlicher gegen ſie die Printzeßin erklaͤren. Ob nun ſchon dieſe letztere ſo wohl, als ich, wuͤnſchten, uns lieber in dem wilden Walde, oder in einer Wuͤſteney zu befinden, als mit dem Feinde des Fuͤrſten von Candahar fernerweit et- was zu thun zu haben, ſo ſahen wir uns doch halb gezwungener Weiſe gemuͤßiget, in die Zeit zu ſchi- cken, und ihm den Zutritt zu vergoͤnnen, als wel- chen wir ihm, wenn wir es bey dem Lichte betrach- teten,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/484
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 474. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/484>, abgerufen am 17.06.2024.