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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

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mahl grösser wären, als die sonst gewöhnlichen
Maulwurffs-Hauffen, welche man noch biß diese
Stunde in Augenschein nehmen könte. Bey der
Abend-Mahlzeit wäre ihnen, wie sie sagten, ein
gleiches wiederfahren, mit dem Zusatze, daß sie vor
den so genannten Minions fast keinen Bissen-
Brodt in den Mund stecken können, sondern immer
einen Dolch, oder wenigstens Messer in der Hand
haben müssen, um sich dieser vermaledeyeten Thiere
erwehren zu können, als welche sie einer und ande-
rer Umstände wegen vor verdammte Seelen und
Plage-Geister der Menschen hielten.

Wir hätten fast über die Einfalt unserer Gä-
ste lachen mögen, allein Vincentius gab uns einen
Winck, ihm nebst dem Don Rio zu folgen; da er
denn, als wir uns etwa auf die 50. biß 100. Schrit-
te von der übrigen Gesellschafft abgewendet, zu uns 3.
Felsenburgern, die wir gantz allein auf einem beque-
men Platze bey ihm stehen blieben, seinen Spruch
also anfieng (ohne daß wir gewahr wurden, daß er
uns in einen Circkel-runden Creyß geführet): Jhr
Herren! ihr wisset nicht, worauf wir jetzo stehen, und
vermeynet vielleicht, daß wir auf einem blossen Gra-
se-Lande stünden; allein, weit gefehlt, denn diese
Jnsul hat nicht allein einen güldenen Grund und
Boden, sondern auch über dieses so viele Schätze
und Kostbarkeiten in sich, dergleichen die besten Eu-
ropaei
schen Königreiche aufzuweisen gantz unver-
mögend sind. Jch sage weiter nichts, als dieses,
daß in dem gegen uns über liegenden Gebürge, son-
derlich aber in dem Grunde des grossen Berges nur
allein so viele Reichthümer stecken, welche weder

Portu-

mahl groͤſſer waͤren, als die ſonſt gewoͤhnlichen
Maulwurffs-Hauffen, welche man noch biß dieſe
Stunde in Augenſchein nehmen koͤnte. Bey der
Abend-Mahlzeit waͤre ihnen, wie ſie ſagten, ein
gleiches wiederfahren, mit dem Zuſatze, daß ſie vor
den ſo genannten Minions faſt keinen Biſſen-
Brodt in den Mund ſtecken koͤnnen, ſondern immer
einen Dolch, oder wenigſtens Meſſer in der Hand
haben muͤſſen, um ſich dieſer vermaledeyeten Thiere
erwehren zu koͤnnen, als welche ſie einer und ande-
rer Umſtaͤnde wegen vor verdammte Seelen und
Plage-Geiſter der Menſchen hielten.

Wir haͤtten faſt uͤber die Einfalt unſerer Gaͤ-
ſte lachen moͤgen, allein Vincentius gab uns einen
Winck, ihm nebſt dem Don Rio zu folgen; da er
denn, als wir uns etwa auf die 50. biß 100. Schrit-
te von der uͤbrigen Geſellſchafft abgewendet, zu uns 3.
Felſenburgern, die wir gantz allein auf einem beque-
men Platze bey ihm ſtehen blieben, ſeinen Spruch
alſo anfieng (ohne daß wir gewahr wurden, daß er
uns in einen Circkel-runden Creyß gefuͤhret): Jhr
Herren! ihr wiſſet nicht, worauf wir jetzo ſtehen, und
vermeynet vielleicht, daß wir auf einem bloſſen Gra-
ſe-Lande ſtuͤnden; allein, weit gefehlt, denn dieſe
Jnſul hat nicht allein einen guͤldenen Grund und
Boden, ſondern auch uͤber dieſes ſo viele Schaͤtze
und Koſtbarkeiten in ſich, dergleichen die beſten Eu-
ropæi
ſchen Koͤnigreiche aufzuweiſen gantz unver-
moͤgend ſind. Jch ſage weiter nichts, als dieſes,
daß in dem gegen uns uͤber liegenden Gebuͤrge, ſon-
derlich aber in dem Grunde des groſſen Berges nur
allein ſo viele Reichthuͤmer ſtecken, welche weder

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[351/0361] mahl groͤſſer waͤren, als die ſonſt gewoͤhnlichen Maulwurffs-Hauffen, welche man noch biß dieſe Stunde in Augenſchein nehmen koͤnte. Bey der Abend-Mahlzeit waͤre ihnen, wie ſie ſagten, ein gleiches wiederfahren, mit dem Zuſatze, daß ſie vor den ſo genannten Minions faſt keinen Biſſen- Brodt in den Mund ſtecken koͤnnen, ſondern immer einen Dolch, oder wenigſtens Meſſer in der Hand haben muͤſſen, um ſich dieſer vermaledeyeten Thiere erwehren zu koͤnnen, als welche ſie einer und ande- rer Umſtaͤnde wegen vor verdammte Seelen und Plage-Geiſter der Menſchen hielten. Wir haͤtten faſt uͤber die Einfalt unſerer Gaͤ- ſte lachen moͤgen, allein Vincentius gab uns einen Winck, ihm nebſt dem Don Rio zu folgen; da er denn, als wir uns etwa auf die 50. biß 100. Schrit- te von der uͤbrigen Geſellſchafft abgewendet, zu uns 3. Felſenburgern, die wir gantz allein auf einem beque- men Platze bey ihm ſtehen blieben, ſeinen Spruch alſo anfieng (ohne daß wir gewahr wurden, daß er uns in einen Circkel-runden Creyß gefuͤhret): Jhr Herren! ihr wiſſet nicht, worauf wir jetzo ſtehen, und vermeynet vielleicht, daß wir auf einem bloſſen Gra- ſe-Lande ſtuͤnden; allein, weit gefehlt, denn dieſe Jnſul hat nicht allein einen guͤldenen Grund und Boden, ſondern auch uͤber dieſes ſo viele Schaͤtze und Koſtbarkeiten in ſich, dergleichen die beſten Eu- ropæiſchen Koͤnigreiche aufzuweiſen gantz unver- moͤgend ſind. Jch ſage weiter nichts, als dieſes, daß in dem gegen uns uͤber liegenden Gebuͤrge, ſon- derlich aber in dem Grunde des groſſen Berges nur allein ſo viele Reichthuͤmer ſtecken, welche weder Portu-

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/361>, abgerufen am 19.05.2024.