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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

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sie nach Gibraltar liefern würde, 40000. Thlr.
vor ihre Freyheit zu zahlen versprochen, und diese,
nemlich die Barbaren, hätten ihnen auch solches,
so bald als es möglich wäre, angelobet; allein
dieser Streit mit uns hätte sie von solchem We-
ge abgekehret. Sonsten war die jetzt erwehnte
Dame eines Englischen Schiff-Capitains Frau,
der von den Barbaren in einem See-Gefechte
erschossen worden, sie aber hätte sich, nach dem ihr
alles Geld und Gut abgenommen worden, sol-
cher Gestallt nebst ihrem Sohne, Tochter, und
Aufwärterinenn bey den Räubern in die Scla-
verey begeben müssen.

Jch nahm die Dame auf die Seite, re-
dete heimlich mit ihr, und eröfnete derselben in
Geheim, daß wir, wie sie vielleicht glaubte, nicht
nach Ost-Jndien, sondern nach einer gesegneten
Jnsul zuseegelten, allwo sie viele von ihren Lan-
des-Leuten antreffen würde, und sich, wo es be-
liebig, so wohl als ihre Tochter und Mägde,
Standesmäßig daselbst verheyrathen könten. Jm
übrigen brauchten sie weder Geld, noch Gut, noch
Kleider, weil sie auf besagter Jnsul alles im grö-
sten Uberflusse anträffen. Die Dame nahm diesen
Vorschlag mit Vergnügen an, und bath mich in-
ständig, wenn es zur Theilung käme, sie mit den
Jhrigen doch ja nicht unter die Portugiesen gera-
then zu lassen, sondern sie mit uns zu führen, weil
sie uns vor redliche Leute ansähen, und gern biß
an das Ende der Welt folgen wolten. Solten
wir aber so glücklich seyn, sie nach Ost-Jndien,
oder nach Gibraltar, oder gar nach Engelland zu

bringen,
(h) 4

ſie nach Gibraltar liefern wuͤrde, 40000. Thlr.
vor ihre Freyheit zu zahlen verſprochen, und dieſe,
nemlich die Barbaren, haͤtten ihnen auch ſolches,
ſo bald als es moͤglich waͤre, angelobet; allein
dieſer Streit mit uns haͤtte ſie von ſolchem We-
ge abgekehret. Sonſten war die jetzt erwehnte
Dame eines Engliſchen Schiff-Capitains Frau,
der von den Barbaren in einem See-Gefechte
erſchoſſen worden, ſie aber haͤtte ſich, nach dem ihr
alles Geld und Gut abgenommen worden, ſol-
cher Geſtallt nebſt ihrem Sohne, Tochter, und
Aufwaͤrterinenn bey den Raͤubern in die Scla-
verey begeben muͤſſen.

Jch nahm die Dame auf die Seite, re-
dete heimlich mit ihr, und eroͤfnete derſelben in
Geheim, daß wir, wie ſie vielleicht glaubte, nicht
nach Oſt-Jndien, ſondern nach einer geſegneten
Jnſul zuſeegelten, allwo ſie viele von ihren Lan-
des-Leuten antreffen wuͤrde, und ſich, wo es be-
liebig, ſo wohl als ihre Tochter und Maͤgde,
Standesmaͤßig daſelbſt verheyrathen koͤnten. Jm
uͤbrigen brauchten ſie weder Geld, noch Gut, noch
Kleider, weil ſie auf beſagter Jnſul alles im groͤ-
ſten Uberfluſſe antraͤffen. Die Dame nahm dieſen
Vorſchlag mit Vergnuͤgen an, und bath mich in-
ſtaͤndig, wenn es zur Theilung kaͤme, ſie mit den
Jhrigen doch ja nicht unter die Portugieſen gera-
then zu laſſen, ſondern ſie mit uns zu fuͤhren, weil
ſie uns vor redliche Leute anſaͤhen, und gern biß
an das Ende der Welt folgen wolten. Solten
wir aber ſo gluͤcklich ſeyn, ſie nach Oſt-Jndien,
oder nach Gibraltar, oder gar nach Engelland zu

bringen,
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[119/0129] ſie nach Gibraltar liefern wuͤrde, 40000. Thlr. vor ihre Freyheit zu zahlen verſprochen, und dieſe, nemlich die Barbaren, haͤtten ihnen auch ſolches, ſo bald als es moͤglich waͤre, angelobet; allein dieſer Streit mit uns haͤtte ſie von ſolchem We- ge abgekehret. Sonſten war die jetzt erwehnte Dame eines Engliſchen Schiff-Capitains Frau, der von den Barbaren in einem See-Gefechte erſchoſſen worden, ſie aber haͤtte ſich, nach dem ihr alles Geld und Gut abgenommen worden, ſol- cher Geſtallt nebſt ihrem Sohne, Tochter, und Aufwaͤrterinenn bey den Raͤubern in die Scla- verey begeben muͤſſen. Jch nahm die Dame auf die Seite, re- dete heimlich mit ihr, und eroͤfnete derſelben in Geheim, daß wir, wie ſie vielleicht glaubte, nicht nach Oſt-Jndien, ſondern nach einer geſegneten Jnſul zuſeegelten, allwo ſie viele von ihren Lan- des-Leuten antreffen wuͤrde, und ſich, wo es be- liebig, ſo wohl als ihre Tochter und Maͤgde, Standesmaͤßig daſelbſt verheyrathen koͤnten. Jm uͤbrigen brauchten ſie weder Geld, noch Gut, noch Kleider, weil ſie auf beſagter Jnſul alles im groͤ- ſten Uberfluſſe antraͤffen. Die Dame nahm dieſen Vorſchlag mit Vergnuͤgen an, und bath mich in- ſtaͤndig, wenn es zur Theilung kaͤme, ſie mit den Jhrigen doch ja nicht unter die Portugieſen gera- then zu laſſen, ſondern ſie mit uns zu fuͤhren, weil ſie uns vor redliche Leute anſaͤhen, und gern biß an das Ende der Welt folgen wolten. Solten wir aber ſo gluͤcklich ſeyn, ſie nach Oſt-Jndien, oder nach Gibraltar, oder gar nach Engelland zu bringen, (h) 4

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/129>, abgerufen am 24.11.2024.