Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

den in künfftigen Tagen Zeit genung haben, euch
unsere zärtliche Liebe zu erzeigen, und ausführlich
von euch die Begebenheiten eurer Reise zu ver-
nehmen, vorietzo aber lasset uns keinen Augenblick
versäumen, euch zu dem Alt-Vater zu führen,
denn ich weiß, daß er vor Verlangen, euch zu sehen,
fast verschmachtet. Demnach stiegen wir in dem
Felsen-Gewölbe hinauf, und der gantze Zug folg-
te uns nach biß auf die Albertus-Burg, weil
aber der Alt-Vater wegen bißheriger öffterer
Schwachheit nicht aus seinem Zimmer kommen
konte, und dieses zu enge war, eine solche Men-
ge Volcks als mich begleitete, in sich zu fassen,
kamen ausser den alten Greissen nur die wenigsten
hinein. Der Alt-Vater umarmete und küssete
mich und vergoß viel Freuden-Thränen, wie ich
denn ebenfalls in einer guten Weile vor Freuden
den Mund nicht aufthun konte. Endlich aber
stattete ich meinen Rapport so kurtz, als möglich,
ab, gab zu vernehmen, wie ich nebst den allernö-
thigsten Sachen auch noch viele nöthige Perso-
nen mitgebracht, die allhier zu verbleiben ohn-
fehlbar Lust bezeigen würden, meldete aber noch
nicht, wer sie wären, vielweniger, daß ich meinen
Vater und Schwester bey mir hätte. Jnzwi-
schen bath ich den Alt-Vater, daß, weil man doch
den Capitain Horn nicht so bald könte wieder
zurück seegeln lassen, Ordre zu stellen, wie es mit
Verpflegung seiner Leute solte gehalten werden,
ob sie hier oder auf klein Felsenburg bleiben sol-
ten, und was sonsten etwa zu erinnern wäre. Al-
lein der Alt-Vater, der mir | lange nicht mehr so

frisch
(C 4)

den in kuͤnfftigen Tagen Zeit genung haben, euch
unſere zaͤrtliche Liebe zu erzeigen, und ausfuͤhrlich
von euch die Begebenheiten eurer Reiſe zu ver-
nehmen, vorietzo aber laſſet uns keinen Augenblick
verſaͤumen, euch zu dem Alt-Vater zu fuͤhren,
denn ich weiß, daß er vor Verlangen, euch zu ſehen,
faſt verſchmachtet. Demnach ſtiegen wir in dem
Felſen-Gewoͤlbe hinauf, und der gantze Zug folg-
te uns nach biß auf die Albertus-Burg, weil
aber der Alt-Vater wegen bißheriger oͤffterer
Schwachheit nicht aus ſeinem Zimmer kommen
konte, und dieſes zu enge war, eine ſolche Men-
ge Volcks als mich begleitete, in ſich zu faſſen,
kamen auſſer den alten Greiſſen nur die wenigſten
hinein. Der Alt-Vater umarmete und kuͤſſete
mich und vergoß viel Freuden-Thraͤnen, wie ich
denn ebenfalls in einer guten Weile vor Freuden
den Mund nicht aufthun konte. Endlich aber
ſtattete ich meinen Rapport ſo kurtz, als moͤglich,
ab, gab zu vernehmen, wie ich nebſt den allernoͤ-
thigſten Sachen auch noch viele noͤthige Perſo-
nen mitgebracht, die allhier zu verbleiben ohn-
fehlbar Luſt bezeigen wuͤrden, meldete aber noch
nicht, wer ſie waͤren, vielweniger, daß ich meinen
Vater und Schweſter bey mir haͤtte. Jnzwi-
ſchen bath ich den Alt-Vater, daß, weil man doch
den Capitain Horn nicht ſo bald koͤnte wieder
zuruͤck ſeegeln laſſen, Ordre zu ſtellen, wie es mit
Verpflegung ſeiner Leute ſolte gehalten werden,
ob ſie hier oder auf klein Felſenburg bleiben ſol-
ten, und was ſonſten etwa zu erinnern waͤre. Al-
lein der Alt-Vater, der mir | lange nicht mehr ſo

friſch
(C 4)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0047" n="39"/>
den in ku&#x0364;nfftigen Tagen Zeit genung haben, euch<lb/>
un&#x017F;ere za&#x0364;rtliche Liebe zu erzeigen, und ausfu&#x0364;hrlich<lb/>
von euch die Begebenheiten eurer Rei&#x017F;e zu ver-<lb/>
nehmen, vorietzo aber la&#x017F;&#x017F;et uns keinen Augenblick<lb/>
ver&#x017F;a&#x0364;umen, euch zu dem Alt-Vater zu fu&#x0364;hren,<lb/>
denn ich weiß, daß er vor Verlangen, euch zu &#x017F;ehen,<lb/>
fa&#x017F;t ver&#x017F;chmachtet. Demnach &#x017F;tiegen wir in dem<lb/>
Fel&#x017F;en-Gewo&#x0364;lbe hinauf, und der gantze Zug folg-<lb/>
te uns nach biß auf die <hi rendition="#aq">Albertus-</hi>Burg, weil<lb/>
aber der Alt-Vater wegen bißheriger o&#x0364;ffterer<lb/>
Schwachheit nicht aus &#x017F;einem Zimmer kommen<lb/>
konte, und die&#x017F;es zu enge war, eine &#x017F;olche Men-<lb/>
ge Volcks als mich begleitete, in &#x017F;ich zu fa&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
kamen au&#x017F;&#x017F;er den alten Grei&#x017F;&#x017F;en nur die wenig&#x017F;ten<lb/>
hinein. Der Alt-Vater umarmete und ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;ete<lb/>
mich und vergoß viel Freuden-Thra&#x0364;nen, wie ich<lb/>
denn ebenfalls in einer guten Weile vor Freuden<lb/>
den Mund nicht aufthun konte. Endlich aber<lb/>
&#x017F;tattete ich meinen <hi rendition="#aq">Rapport</hi> &#x017F;o kurtz, als mo&#x0364;glich,<lb/>
ab, gab zu vernehmen, wie ich neb&#x017F;t den allerno&#x0364;-<lb/>
thig&#x017F;ten Sachen auch noch viele no&#x0364;thige Per&#x017F;o-<lb/>
nen mitgebracht, die allhier zu verbleiben ohn-<lb/>
fehlbar Lu&#x017F;t bezeigen wu&#x0364;rden, meldete aber noch<lb/>
nicht, wer &#x017F;ie wa&#x0364;ren, vielweniger, daß ich meinen<lb/>
Vater und Schwe&#x017F;ter bey mir ha&#x0364;tte. Jnzwi-<lb/>
&#x017F;chen bath ich den Alt-Vater, daß, weil man doch<lb/>
den <hi rendition="#aq">Capitain</hi> Horn nicht &#x017F;o bald ko&#x0364;nte wieder<lb/>
zuru&#x0364;ck &#x017F;eegeln la&#x017F;&#x017F;en, <hi rendition="#aq">Ordre</hi> zu &#x017F;tellen, wie es mit<lb/>
Verpflegung &#x017F;einer Leute &#x017F;olte gehalten werden,<lb/>
ob &#x017F;ie hier oder auf klein Fel&#x017F;enburg bleiben &#x017F;ol-<lb/>
ten, und was &#x017F;on&#x017F;ten etwa zu erinnern wa&#x0364;re. Al-<lb/>
lein der Alt-Vater, der mir | lange nicht mehr &#x017F;o<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">(C 4)</fw><fw place="bottom" type="catch">fri&#x017F;ch</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[39/0047] den in kuͤnfftigen Tagen Zeit genung haben, euch unſere zaͤrtliche Liebe zu erzeigen, und ausfuͤhrlich von euch die Begebenheiten eurer Reiſe zu ver- nehmen, vorietzo aber laſſet uns keinen Augenblick verſaͤumen, euch zu dem Alt-Vater zu fuͤhren, denn ich weiß, daß er vor Verlangen, euch zu ſehen, faſt verſchmachtet. Demnach ſtiegen wir in dem Felſen-Gewoͤlbe hinauf, und der gantze Zug folg- te uns nach biß auf die Albertus-Burg, weil aber der Alt-Vater wegen bißheriger oͤffterer Schwachheit nicht aus ſeinem Zimmer kommen konte, und dieſes zu enge war, eine ſolche Men- ge Volcks als mich begleitete, in ſich zu faſſen, kamen auſſer den alten Greiſſen nur die wenigſten hinein. Der Alt-Vater umarmete und kuͤſſete mich und vergoß viel Freuden-Thraͤnen, wie ich denn ebenfalls in einer guten Weile vor Freuden den Mund nicht aufthun konte. Endlich aber ſtattete ich meinen Rapport ſo kurtz, als moͤglich, ab, gab zu vernehmen, wie ich nebſt den allernoͤ- thigſten Sachen auch noch viele noͤthige Perſo- nen mitgebracht, die allhier zu verbleiben ohn- fehlbar Luſt bezeigen wuͤrden, meldete aber noch nicht, wer ſie waͤren, vielweniger, daß ich meinen Vater und Schweſter bey mir haͤtte. Jnzwi- ſchen bath ich den Alt-Vater, daß, weil man doch den Capitain Horn nicht ſo bald koͤnte wieder zuruͤck ſeegeln laſſen, Ordre zu ſtellen, wie es mit Verpflegung ſeiner Leute ſolte gehalten werden, ob ſie hier oder auf klein Felſenburg bleiben ſol- ten, und was ſonſten etwa zu erinnern waͤre. Al- lein der Alt-Vater, der mir | lange nicht mehr ſo friſch (C 4)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/47
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/47>, abgerufen am 22.11.2024.