seyd, ich euch mehr liebe, als mein eigenes Leben, und glaube, daß, wenn man es recht untersucht, sich finden wird, daß ich mit euch wegen derSympathie,so sich zwi- schen unsern Hertzen und Seelen findet, zu einer Zeit und Stunde kranck worden bin. Jedoch, da man mit itzo schmeichelt, daß Jhr halb wieder genesen, und euch schon an dem Fenster sehen lasset, stellen sich auch meine Kräffte allmählig ein, ja! wenn ich nicht von meiner Frau Muhme abgehalten würde, so wagte ich es, euch zu besuchen, es möchte mir auch gehen, wie es wolte. Jedoch, da solches nicht geschehen darff, wünsche ich desto sehnlicher eure vollkom- mene Genesung, damit ich, euch ehester Tages zu umarmen, das Vergnügen haben möge. Die ich mit aller beständigen Treue biß ins Grab beharre
Eure Charlotte - - -
Verfluchte Schlange! ists denn doch dein würcklicher Ernst, mich zu bethören? Nein, das soll nicht geschehen, sondern ich will dir bald an- dere Gedancken beybringen. So gedachte ich bey mir selbst, ließ aber der vor der Thür wartenden Magd sagen, daß sie, nebst, meinem Compliment an ihre Jungfer, derselben melden solte, wie ich
ihr
ſeyd, ich euch mehr liebe, als mein eigenes Leben, und glaube, daß, wenn man es recht unterſucht, ſich finden wird, daß ich mit euch wegen derSympathie,ſo ſich zwi- ſchen unſern Hertzen und Seelen findet, zu einer Zeit und Stunde kranck worden bin. Jedoch, da man mit itzo ſchmeichelt, daß Jhr halb wieder geneſen, und euch ſchon an dem Fenſter ſehen laſſet, ſtellen ſich auch meine Kraͤffte allmaͤhlig ein, ja! wenn ich nicht von meiner Frau Muhme abgehalten wuͤrde, ſo wagte ich es, euch zu beſuchen, es moͤchte mir auch gehen, wie es wolte. Jedoch, da ſolches nicht geſchehen darff, wuͤnſche ich deſto ſehnlicher eure vollkom- mene Geneſung, damit ich, euch eheſter Tages zu umarmen, das Vergnuͤgen haben moͤge. Die ich mit aller beſtaͤndigen Treue biß ins Grab beharre
Eure Charlotte ‒ ‒ ‒
Verfluchte Schlange! iſts denn doch dein wuͤrcklicher Ernſt, mich zu bethoͤren? Nein, das ſoll nicht geſchehen, ſondern ich will dir bald an- dere Gedancken beybringen. So gedachte ich bey mir ſelbſt, ließ aber der vor der Thuͤr wartenden Magd ſagen, daß ſie, nebſt, meinem Compliment an ihre Jungfer, derſelben melden ſolte, wie ich
ihr
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><floatingText><body><divtype="letter"><p><pbfacs="#f0444"n="436"/><hirendition="#fr">ſeyd, ich euch mehr liebe, als mein eigenes<lb/>
Leben, und glaube, daß, wenn man es<lb/>
recht unterſucht, ſich finden wird, daß ich<lb/>
mit euch wegen der</hi><hirendition="#aq">Sympathie,</hi><hirendition="#fr">ſo ſich zwi-<lb/>ſchen unſern Hertzen und Seelen findet, zu<lb/>
einer Zeit und Stunde kranck worden bin.<lb/>
Jedoch, da man mit itzo ſchmeichelt, daß<lb/>
Jhr halb wieder geneſen, und euch ſchon<lb/>
an dem Fenſter ſehen laſſet, ſtellen ſich auch<lb/>
meine Kraͤffte allmaͤhlig ein, ja! wenn ich<lb/>
nicht von meiner Frau Muhme abgehalten<lb/>
wuͤrde, ſo wagte ich es, euch zu beſuchen,<lb/>
es moͤchte mir auch gehen, wie es wolte.<lb/>
Jedoch, da ſolches nicht geſchehen darff,<lb/>
wuͤnſche ich deſto ſehnlicher eure vollkom-<lb/>
mene Geneſung, damit ich, euch eheſter<lb/>
Tages zu umarmen, das Vergnuͤgen haben<lb/>
moͤge. Die ich mit aller beſtaͤndigen Treue<lb/>
biß ins Grab beharre</hi></p><lb/><closer><salute><hirendition="#et">Eure<lb/><hirendition="#aq"><hirendition="#i">Charlotte</hi></hi>‒‒‒</hi></salute></closer></div></body></floatingText><lb/><p>Verfluchte Schlange! iſts denn doch dein<lb/>
wuͤrcklicher Ernſt, mich zu bethoͤren? Nein, das<lb/>ſoll nicht geſchehen, ſondern ich will dir bald an-<lb/>
dere Gedancken beybringen. So gedachte ich bey<lb/>
mir ſelbſt, ließ aber der vor der Thuͤr wartenden<lb/>
Magd ſagen, daß ſie, nebſt, meinem <hirendition="#aq">Compliment</hi><lb/>
an ihre Jungfer, derſelben melden ſolte, wie ich<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ihr</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[436/0444]
ſeyd, ich euch mehr liebe, als mein eigenes
Leben, und glaube, daß, wenn man es
recht unterſucht, ſich finden wird, daß ich
mit euch wegen der Sympathie, ſo ſich zwi-
ſchen unſern Hertzen und Seelen findet, zu
einer Zeit und Stunde kranck worden bin.
Jedoch, da man mit itzo ſchmeichelt, daß
Jhr halb wieder geneſen, und euch ſchon
an dem Fenſter ſehen laſſet, ſtellen ſich auch
meine Kraͤffte allmaͤhlig ein, ja! wenn ich
nicht von meiner Frau Muhme abgehalten
wuͤrde, ſo wagte ich es, euch zu beſuchen,
es moͤchte mir auch gehen, wie es wolte.
Jedoch, da ſolches nicht geſchehen darff,
wuͤnſche ich deſto ſehnlicher eure vollkom-
mene Geneſung, damit ich, euch eheſter
Tages zu umarmen, das Vergnuͤgen haben
moͤge. Die ich mit aller beſtaͤndigen Treue
biß ins Grab beharre
Eure
Charlotte ‒ ‒ ‒
Verfluchte Schlange! iſts denn doch dein
wuͤrcklicher Ernſt, mich zu bethoͤren? Nein, das
ſoll nicht geſchehen, ſondern ich will dir bald an-
dere Gedancken beybringen. So gedachte ich bey
mir ſelbſt, ließ aber der vor der Thuͤr wartenden
Magd ſagen, daß ſie, nebſt, meinem Compliment
an ihre Jungfer, derſelben melden ſolte, wie ich
ihr
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/444>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.