Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

auch von seinem Mit-Buhler, dem Frantzösischen
Duc. welcher ihm eines Abends in einer Assam-
blee
beym Spiele starck forcirte, 1500. spec. Du-
cat
en baar Geld, und über dieses einen Wechsel-
Brief auf 1000. Ducaten gewonne. Nach der
Zeit stellete sich der Frantzmann sehr hochmüthig
gegen meinen Herrn, welcher selbiges zwar nicht
sonderlich aestimirte, endlich aber erfuhr, daß der
Duc gegen jemanden, der ihn wegen seines grossen
Geld-Verlusts beklagt, diese Worte ausgestossen;
Die drittehalb tausend Ducaten gönne ich dem
Deutschen gerne, weil ihm das Glücke in aufrich-
tigen Spiele günstiger gewesen als mir, allein,
wenn er mir, wie unter der Hand verlauten will, an
einem gewissen Orte ins Gehäge gehet, und ich ihn
attrapire, so kostet es einem unter uns beyden das
Leben. Ein anderer Cavalier hatte den jun-
gen Duc gewarnet und gesagt, daß mein Herr ein
wohl exercirter Fechter sey, auch, wie man ver-
nommen, vor einiger Zeit einen geschickten Frantzö-
sischen Marquis ohnweit Geneve erstochen; Der
Duc aber hatte darauf geantwortet: "Wohlan!
"so wird es mir eine desto grössere Ehre seyn, wenn
"ich ihm was anhabe, und zugleich meinen erstoche-
"nen Lands-Mann rächen kan." Mein Herr
lächelte, als man ihm dieses vorbrachte, und sagte:
"Jch weiß noch nicht, wo der Gelb-Schnabel sein
"Gehäge hat, sonsten wolte aus Erbarmung und
"Eckel selbiges vermeyden, indem ich, ohne allen
"Schertz, viel Commiseration mit seiner Schwach-
"heit habe, wünsche im übrigen, daß er andere Ge-
"dancken bekommen, und meine Gesellschafft mei-

den

auch von ſeinem Mit-Buhler, dem Frantzoͤſiſchen
Duc. welcher ihm eines Abends in einer Aſſam-
blée
beym Spiele ſtarck forçirte, 1500. ſpec. Du-
cat
en baar Geld, und uͤber dieſes einen Wechſel-
Brief auf 1000. Ducaten gewonne. Nach der
Zeit ſtellete ſich der Frantzmann ſehr hochmuͤthig
gegen meinen Herrn, welcher ſelbiges zwar nicht
ſonderlich æſtimirte, endlich aber erfuhr, daß der
Duc gegen jemanden, der ihn wegen ſeines groſſen
Geld-Verluſts beklagt, dieſe Worte ausgeſtoſſen;
Die drittehalb tauſend Ducaten goͤnne ich dem
Deutſchen gerne, weil ihm das Gluͤcke in aufrich-
tigen Spiele guͤnſtiger geweſen als mir, allein,
wenn er mir, wie unter der Hand verlauten will, an
einem gewiſſen Orte ins Gehaͤge gehet, und ich ihn
attrapire, ſo koſtet es einem unter uns beyden das
Leben. Ein anderer Cavalier hatte den jun-
gen Duc gewarnet und geſagt, daß mein Herr ein
wohl exercirter Fechter ſey, auch, wie man ver-
nommen, vor einiger Zeit einen geſchickten Frantzoͤ-
ſiſchen Marquis ohnweit Geneve erſtochen; Der
Duc aber hatte darauf geantwortet: „Wohlan!
„ſo wird es mir eine deſto groͤſſere Ehre ſeyn, wenn
„ich ihm was anhabe, und zugleich meinen erſtoche-
„nen Lands-Mann raͤchen kan.‟ Mein Herr
laͤchelte, als man ihm dieſes vorbrachte, und ſagte:
„Jch weiß noch nicht, wo der Gelb-Schnabel ſein
„Gehaͤge hat, ſonſten wolte aus Erbarmung und
„Eckel ſelbiges vermeyden, indem ich, ohne allen
„Schertz, viel Commiſeration mit ſeiner Schwach-
„heit habe, wuͤnſche im uͤbrigen, daß er andere Ge-
„dancken bekommen, und meine Geſellſchafft mei-

den
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0422" n="414"/>
auch von &#x017F;einem Mit-Buhler, dem Frantzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen<lb/><hi rendition="#aq">Duc.</hi> welcher ihm eines Abends in einer <hi rendition="#aq">A&#x017F;&#x017F;am-<lb/>
blée</hi> beym Spiele &#x017F;tarck <hi rendition="#aq">forçir</hi>te, 1500. <hi rendition="#aq">&#x017F;pec. Du-<lb/>
cat</hi>en baar Geld, und u&#x0364;ber die&#x017F;es einen Wech&#x017F;el-<lb/>
Brief auf 1000. <hi rendition="#aq">Ducat</hi>en gewonne. Nach der<lb/>
Zeit &#x017F;tellete &#x017F;ich der Frantzmann &#x017F;ehr hochmu&#x0364;thig<lb/>
gegen meinen Herrn, welcher &#x017F;elbiges zwar nicht<lb/>
&#x017F;onderlich <hi rendition="#aq">æ&#x017F;timir</hi>te, endlich aber erfuhr, daß der<lb/><hi rendition="#aq">Duc</hi> gegen jemanden, der ihn wegen &#x017F;eines gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Geld-Verlu&#x017F;ts beklagt, die&#x017F;e Worte ausge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en;<lb/>
Die drittehalb tau&#x017F;end <hi rendition="#aq">Ducat</hi>en go&#x0364;nne ich dem<lb/>
Deut&#x017F;chen gerne, weil ihm das Glu&#x0364;cke in aufrich-<lb/>
tigen Spiele gu&#x0364;n&#x017F;tiger gewe&#x017F;en als mir, allein,<lb/>
wenn er mir, wie unter der Hand verlauten will, an<lb/>
einem gewi&#x017F;&#x017F;en Orte ins Geha&#x0364;ge gehet, und ich ihn<lb/><hi rendition="#aq">attrapi</hi>re, &#x017F;o ko&#x017F;tet es einem unter uns beyden das<lb/>
Leben. Ein anderer <hi rendition="#aq">Cavalier</hi> hatte den jun-<lb/>
gen <hi rendition="#aq">Duc</hi> gewarnet und ge&#x017F;agt, daß mein Herr ein<lb/>
wohl <hi rendition="#aq">exercirt</hi>er Fechter &#x017F;ey, auch, wie man ver-<lb/>
nommen, vor einiger Zeit einen ge&#x017F;chickten Frantzo&#x0364;-<lb/>
&#x017F;i&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Marquis</hi> ohnweit <hi rendition="#aq">Geneve</hi> er&#x017F;tochen; Der<lb/><hi rendition="#aq">Duc</hi> aber hatte darauf geantwortet: &#x201E;Wohlan!<lb/>
&#x201E;&#x017F;o wird es mir eine de&#x017F;to gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere Ehre &#x017F;eyn, wenn<lb/>
&#x201E;ich ihm was anhabe, und zugleich meinen er&#x017F;toche-<lb/>
&#x201E;nen Lands-Mann ra&#x0364;chen kan.&#x201F; Mein Herr<lb/>
la&#x0364;chelte, als man ihm die&#x017F;es vorbrachte, und &#x017F;agte:<lb/>
&#x201E;Jch weiß noch nicht, wo der Gelb-Schnabel &#x017F;ein<lb/>
&#x201E;Geha&#x0364;ge hat, &#x017F;on&#x017F;ten wolte aus Erbarmung und<lb/>
&#x201E;Eckel &#x017F;elbiges vermeyden, indem ich, ohne allen<lb/>
&#x201E;Schertz, viel <hi rendition="#aq">Commi&#x017F;eration</hi> mit &#x017F;einer Schwach-<lb/>
&#x201E;heit habe, wu&#x0364;n&#x017F;che im u&#x0364;brigen, daß er andere Ge-<lb/>
&#x201E;dancken bekommen, und meine Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft mei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[414/0422] auch von ſeinem Mit-Buhler, dem Frantzoͤſiſchen Duc. welcher ihm eines Abends in einer Aſſam- blée beym Spiele ſtarck forçirte, 1500. ſpec. Du- caten baar Geld, und uͤber dieſes einen Wechſel- Brief auf 1000. Ducaten gewonne. Nach der Zeit ſtellete ſich der Frantzmann ſehr hochmuͤthig gegen meinen Herrn, welcher ſelbiges zwar nicht ſonderlich æſtimirte, endlich aber erfuhr, daß der Duc gegen jemanden, der ihn wegen ſeines groſſen Geld-Verluſts beklagt, dieſe Worte ausgeſtoſſen; Die drittehalb tauſend Ducaten goͤnne ich dem Deutſchen gerne, weil ihm das Gluͤcke in aufrich- tigen Spiele guͤnſtiger geweſen als mir, allein, wenn er mir, wie unter der Hand verlauten will, an einem gewiſſen Orte ins Gehaͤge gehet, und ich ihn attrapire, ſo koſtet es einem unter uns beyden das Leben. Ein anderer Cavalier hatte den jun- gen Duc gewarnet und geſagt, daß mein Herr ein wohl exercirter Fechter ſey, auch, wie man ver- nommen, vor einiger Zeit einen geſchickten Frantzoͤ- ſiſchen Marquis ohnweit Geneve erſtochen; Der Duc aber hatte darauf geantwortet: „Wohlan! „ſo wird es mir eine deſto groͤſſere Ehre ſeyn, wenn „ich ihm was anhabe, und zugleich meinen erſtoche- „nen Lands-Mann raͤchen kan.‟ Mein Herr laͤchelte, als man ihm dieſes vorbrachte, und ſagte: „Jch weiß noch nicht, wo der Gelb-Schnabel ſein „Gehaͤge hat, ſonſten wolte aus Erbarmung und „Eckel ſelbiges vermeyden, indem ich, ohne allen „Schertz, viel Commiſeration mit ſeiner Schwach- „heit habe, wuͤnſche im uͤbrigen, daß er andere Ge- „dancken bekommen, und meine Geſellſchafft mei- den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/422
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/422>, abgerufen am 18.05.2024.