Gast-Hofe einzukehren, und so bald ich an beyden Orten meine Abfertigung bekommen, alles wohl in den Mantel-Sack einzupacken, und den Rück- Weck eiligst zu nehmen. Jch versprach alles wohl auszurichten, ob ich aber gleich nicht gelesen, was in den Briefen stund, so war ich doch so schlau, so wohl von des Kauffmanns als des Jubeliers Leuten, heraus zu locken, daß der erstere ein kostbares mit Golde durchwürcktes Zeug zu einer Frauenzimmer- Kleidung, und der andere ein Diamanten Brust- Creutz nebst einer goldenen Uhr eingepackt hatte. Jch brachte dieses alles bey guter Zeit auf meines Herrn Zimmer, ihn aber selbst traff ich bey der an- dern Gesellschafft im Garten an, und stattete mei- nen Bericht ab. Er ging demnach alsofort selbst auf sein Zimmer, mochte die Sachen eröffnet, be- sehen und gut befunden haben, denn er machte mir eine gnädige Mine, als er zurück kam. Jch merck- te, daß er die Frau Haus-Wirthin im Garten et- was bey Seite führete, und mit ihr heimlich redete, hernach mich ruffte, und sagte: Wilhelm! gieb Ach- tung, wenn die Haus-Wirthin zur Garten-Thür hingus gehet, so gehe erstlich langsam hinter ihr her, lauff sodann voraus, und gieb ihr das auf meinem Tische im Zimmer liegende Paquet aufzuheben, denn sie wird da vorbey gehen. Jch war fix, und da die Dame kam, stund ich schon mit dem Paquete in der Thür, sie fragte: Mein Sohn! ist dieses das Paquet, welches ich eurem Herrn verwahren soll? Ja, gnädige Frau! antwortete ich, es ists; Also muste ich es in ihr Schlaf-Zimmer tragen, und in einen Kasten werffen, hierbey bemerckte ich, daß
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(A a 5)
Gaſt-Hofe einzukehren, und ſo bald ich an beyden Orten meine Abfertigung bekommen, alles wohl in den Mantel-Sack einzupacken, und den Ruͤck- Weck eiligſt zu nehmen. Jch verſprach alles wohl auszurichten, ob ich aber gleich nicht geleſen, was in den Briefen ſtund, ſo war ich doch ſo ſchlau, ſo wohl von des Kauffmanns als des Jubeliers Leuten, heraus zu locken, daß der erſtere ein koſtbares mit Golde durchwuͤrcktes Zeug zu einer Frauenzimmer- Kleidung, und der andere ein Diamanten Bruſt- Creutz nebſt einer goldenen Uhr eingepackt hatte. Jch brachte dieſes alles bey guter Zeit auf meines Herrn Zimmer, ihn aber ſelbſt traff ich bey der an- dern Geſellſchafft im Garten an, und ſtattete mei- nen Bericht ab. Er ging demnach alſofort ſelbſt auf ſein Zimmer, mochte die Sachen eroͤffnet, be- ſehen und gut befunden haben, denn er machte mir eine gnaͤdige Mine, als er zuruͤck kam. Jch merck- te, daß er die Frau Haus-Wirthin im Garten et- was bey Seite fuͤhrete, und mit ihr heimlich redete, hernach mich ruffte, und ſagte: Wilhelm! gieb Ach- tung, wenn die Haus-Wirthin zur Garten-Thuͤr hingus gehet, ſo gehe erſtlich langſam hinter ihr her, lauff ſodann voraus, und gieb ihr das auf meinem Tiſche im Zimmer liegende Paquet aufzuheben, denn ſie wird da vorbey gehen. Jch war fix, und da die Dame kam, ſtund ich ſchon mit dem Paquete in der Thuͤr, ſie fragte: Mein Sohn! iſt dieſes das Paquet, welches ich eurem Herrn verwahren ſoll? Ja, gnaͤdige Frau! antwortete ich, es iſts; Alſo muſte ich es in ihr Schlaf-Zimmer tragen, und in einen Kaſten werffen, hierbey bemerckte ich, daß
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Gaſt-Hofe einzukehren, und ſo bald ich an beyden
Orten meine Abfertigung bekommen, alles wohl
in den Mantel-Sack einzupacken, und den Ruͤck-
Weck eiligſt zu nehmen. Jch verſprach alles wohl
auszurichten, ob ich aber gleich nicht geleſen, was
in den Briefen ſtund, ſo war ich doch ſo ſchlau, ſo
wohl von des Kauffmanns als des Jubeliers Leuten,
heraus zu locken, daß der erſtere ein koſtbares mit
Golde durchwuͤrcktes Zeug zu einer Frauenzimmer-
Kleidung, und der andere ein Diamanten Bruſt-
Creutz nebſt einer goldenen Uhr eingepackt hatte.
Jch brachte dieſes alles bey guter Zeit auf meines
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dern Geſellſchafft im Garten an, und ſtattete mei-
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auf ſein Zimmer, mochte die Sachen eroͤffnet, be-
ſehen und gut befunden haben, denn er machte mir
eine gnaͤdige Mine, als er zuruͤck kam. Jch merck-
te, daß er die Frau Haus-Wirthin im Garten et-
was bey Seite fuͤhrete, und mit ihr heimlich redete,
hernach mich ruffte, und ſagte: Wilhelm! gieb Ach-
tung, wenn die Haus-Wirthin zur Garten-Thuͤr
hingus gehet, ſo gehe erſtlich langſam hinter ihr her,
lauff ſodann voraus, und gieb ihr das auf meinem
Tiſche im Zimmer liegende Paquet aufzuheben,
denn ſie wird da vorbey gehen. Jch war fix, und
da die Dame kam, ſtund ich ſchon mit dem Paquete
in der Thuͤr, ſie fragte: Mein Sohn! iſt dieſes das
Paquet, welches ich eurem Herrn verwahren ſoll?
Ja, gnaͤdige Frau! antwortete ich, es iſts; Alſo
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/385>, abgerufen am 22.11.2024.
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