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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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mithin unbegraben oder unverbrannt liegen
geblieben, und mögen der vornehmsten Pfaf-
fen vielleicht 3. gewesen seyn, weil sich nur
3. ausgehauene Bett-Stellen in der einen
Cammer befinden. Uber den gräßlichen
Abgrund jenseit des Berges nach der Jnsul
zu, mögen diese Leute auch wohl eine Brü-
cke gehabt haben, die aber nach der Zeit ver-
fault und versuncken seyn kan, oder wer
weiß, ob dieser Riß zu ihrer Zeit schon ge-
wesen, und nicht erst nachhero entstanden
ist? Denn man hat Exempel genung, daß
Felsen zerspalten und zerrissen, mithin solche
Abgründe entstanden, die vorhero nicht ge-
wesen oder gesehen worden sind.

Mit diesen und noch viel mehreren Reden, hatte
uns also Herr Mag. Schmeltzer seine Gedancken zu
vernehmen gegeben, schloß aber endlich also: Es
läßt sich, meine Freunde und Brüder! von
diesen Sachen viel urtheilen und schwatzen,
allein, wir schwatzen alle davon wie die Blin-
den von der Farbe, so lange als wir die
Schrifften auf den güldenen, küpffernen und
steinernen Tafeln nicht auslegen können.

Hierauf legten wir uns grösten Theils zur Ru-
he, des folgenden Freytags begaben sich der Alt-
Vater nebst den Aeltesten, Hn. Mag. Schmeltzern,
Hn. Herrmannen und andern nochmahls mit in
den Tempel, und blieben biß über| Mittag darinne/
da inzwischen die jungen fleißigen Arbeiter im Tra-
gen sich dergestalt angriffen, daß wir auf beyden
Fahrzeugen eine ziemliche und sehr kostbare Ladung

hatten,

mithin unbegraben oder unverbrannt liegen
geblieben, und moͤgen der vornehmſten Pfaf-
fen vielleicht 3. geweſen ſeyn, weil ſich nur
3. ausgehauene Bett-Stellen in der einen
Cammer befinden. Uber den graͤßlichen
Abgrund jenſeit des Berges nach der Jnſul
zu, moͤgen dieſe Leute auch wohl eine Bruͤ-
cke gehabt haben, die aber nach der Zeit ver-
fault und verſuncken ſeyn kan, oder wer
weiß, ob dieſer Riß zu ihrer Zeit ſchon ge-
weſen, und nicht erſt nachhero entſtanden
iſt? Denn man hat Exempel genung, daß
Felſen zerſpalten und zerriſſen, mithin ſolche
Abgruͤnde entſtanden, die vorhero nicht ge-
weſen oder geſehen worden ſind.

Mit dieſen und noch viel mehreren Reden, hatte
uns alſo Herr Mag. Schmeltzer ſeine Gedancken zu
vernehmen gegeben, ſchloß aber endlich alſo: Es
laͤßt ſich, meine Freunde und Bruͤder! von
dieſen Sachen viel urtheilen und ſchwatzen,
allein, wir ſchwatzen alle davon wie die Blin-
den von der Farbe, ſo lange als wir die
Schrifften auf den guͤldenen, kuͤpffernen und
ſteinernen Tafeln nicht auslegen koͤnnen.

Hierauf legten wir uns groͤſten Theils zur Ru-
he, des folgenden Freytags begaben ſich der Alt-
Vater nebſt den Aelteſten, Hn. Mag. Schmeltzern,
Hn. Herrmannen und andern nochmahls mit in
den Tempel, und blieben biß uͤber| Mittag darinne/
da inzwiſchen die jungen fleißigen Arbeiter im Tra-
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Fahrzeugen eine ziemliche und ſehr koſtbare Ladung

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[347/0355] mithin unbegraben oder unverbrannt liegen geblieben, und moͤgen der vornehmſten Pfaf- fen vielleicht 3. geweſen ſeyn, weil ſich nur 3. ausgehauene Bett-Stellen in der einen Cammer befinden. Uber den graͤßlichen Abgrund jenſeit des Berges nach der Jnſul zu, moͤgen dieſe Leute auch wohl eine Bruͤ- cke gehabt haben, die aber nach der Zeit ver- fault und verſuncken ſeyn kan, oder wer weiß, ob dieſer Riß zu ihrer Zeit ſchon ge- weſen, und nicht erſt nachhero entſtanden iſt? Denn man hat Exempel genung, daß Felſen zerſpalten und zerriſſen, mithin ſolche Abgruͤnde entſtanden, die vorhero nicht ge- weſen oder geſehen worden ſind. Mit dieſen und noch viel mehreren Reden, hatte uns alſo Herr Mag. Schmeltzer ſeine Gedancken zu vernehmen gegeben, ſchloß aber endlich alſo: Es laͤßt ſich, meine Freunde und Bruͤder! von dieſen Sachen viel urtheilen und ſchwatzen, allein, wir ſchwatzen alle davon wie die Blin- den von der Farbe, ſo lange als wir die Schrifften auf den guͤldenen, kuͤpffernen und ſteinernen Tafeln nicht auslegen koͤnnen. Hierauf legten wir uns groͤſten Theils zur Ru- he, des folgenden Freytags begaben ſich der Alt- Vater nebſt den Aelteſten, Hn. Mag. Schmeltzern, Hn. Herrmannen und andern nochmahls mit in den Tempel, und blieben biß uͤber| Mittag darinne/ da inzwiſchen die jungen fleißigen Arbeiter im Tra- gen ſich dergeſtalt angriffen, daß wir auf beyden Fahrzeugen eine ziemliche und ſehr koſtbare Ladung hatten,

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/355>, abgerufen am 22.11.2024.