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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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Koch, aber, wenn der Herr van Blac sich satt ge-
gessen hat, werde ich mir ausbitten, einige Worte
mit ihm allein zu reden. Hiermit drehete er sich
herum, und ging nach den Hütten zu. Der Por-
tugiesische Capitain aber fing an zu sagen: Ja,
meine Herren, keinen fleißigern, getreuern und
Gottesfürchtigern Christen-Menschen habe ich Zeit-
Lebens nicht gesehen, als diesen Koch, ohngeacht
er nicht meiner Religion, sondern ein Holländer ist.
Wie? ein Holländer? fragte Mons. van Blac.
Ja, mein Herr, sagte der Portugiese, er ist ein ge-
bohrner Hollönder, und hat unsere Sprache binnen
wenig Jahren doch dergestalt wohl gelernet, daß
ihn jedermann vor einen Portugiesen hielte, wenn
er nur nicht immer so tieffsinnig und traurig wäre.

Durch Ankunfft etlicher von Capitain Horns
Leuten wurde dieser Discours auf etwas unterbro-
chen, da aber alles abgehandelt und jedermann vom
Tische aufgestanden war, gingen wir alle ein we-
nig unter den Bäumen herum spatziren, mittler-
weile kam offt gemeldter Koch wiederum zum
Vorscheine, doch in weit sauberer Figur, denn er
hatte nicht allein weisse Kleidung angezogen, einen
artigen Türckischen Bund um seinen Kopff ge-
macht, sondern sein Gesicht, Hände und Arme
sehr rein gewaschen, so, daß man an ihm eine un-
gemeine Zarte Haut betrachten konte.

Mons, van Blac blieb, so bald er den Koch in
solcher Gestalt vor sich stehen sahe, als ein stei-
nern Bild stehen; der Koch auch; endlich erholete
sich Mons. van Blac und sagte: Mein Freund!
wenn ihr ein Holländer seyd, so wird mirs auch

nicht

Koch, aber, wenn der Herr van Blac ſich ſatt ge-
geſſen hat, werde ich mir ausbitten, einige Worte
mit ihm allein zu reden. Hiermit drehete er ſich
herum, und ging nach den Huͤtten zu. Der Por-
tugieſiſche Capitain aber fing an zu ſagen: Ja,
meine Herren, keinen fleißigern, getreuern und
Gottesfuͤrchtigern Chriſten-Menſchen habe ich Zeit-
Lebens nicht geſehen, als dieſen Koch, ohngeacht
er nicht meiner Religion, ſondern ein Hollaͤnder iſt.
Wie? ein Hollaͤnder? fragte Monſ. van Blac.
Ja, mein Herr, ſagte der Portugieſe, er iſt ein ge-
bohrner Holloͤnder, und hat unſere Sprache binnen
wenig Jahren doch dergeſtalt wohl gelernet, daß
ihn jedermann vor einen Portugieſen hielte, wenn
er nur nicht immer ſo tieffſinnig und traurig waͤre.

Durch Ankunfft etlicher von Capitain Horns
Leuten wurde dieſer Diſcours auf etwas unterbro-
chen, da aber alles abgehandelt und jedermann vom
Tiſche aufgeſtanden war, gingen wir alle ein we-
nig unter den Baͤumen herum ſpatziren, mittler-
weile kam offt gemeldter Koch wiederum zum
Vorſcheine, doch in weit ſauberer Figur, denn er
hatte nicht allein weiſſe Kleidung angezogen, einen
artigen Tuͤrckiſchen Bund um ſeinen Kopff ge-
macht, ſondern ſein Geſicht, Haͤnde und Arme
ſehr rein gewaſchen, ſo, daß man an ihm eine un-
gemeine Zarte Haut betrachten konte.

Monſ, van Blac blieb, ſo bald er den Koch in
ſolcher Geſtalt vor ſich ſtehen ſahe, als ein ſtei-
nern Bild ſtehen; der Koch auch; endlich erholete
ſich Monſ. van Blac und ſagte: Mein Freund!
wenn ihr ein Hollaͤnder ſeyd, ſo wird mirs auch

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[254/0262] Koch, aber, wenn der Herr van Blac ſich ſatt ge- geſſen hat, werde ich mir ausbitten, einige Worte mit ihm allein zu reden. Hiermit drehete er ſich herum, und ging nach den Huͤtten zu. Der Por- tugieſiſche Capitain aber fing an zu ſagen: Ja, meine Herren, keinen fleißigern, getreuern und Gottesfuͤrchtigern Chriſten-Menſchen habe ich Zeit- Lebens nicht geſehen, als dieſen Koch, ohngeacht er nicht meiner Religion, ſondern ein Hollaͤnder iſt. Wie? ein Hollaͤnder? fragte Monſ. van Blac. Ja, mein Herr, ſagte der Portugieſe, er iſt ein ge- bohrner Holloͤnder, und hat unſere Sprache binnen wenig Jahren doch dergeſtalt wohl gelernet, daß ihn jedermann vor einen Portugieſen hielte, wenn er nur nicht immer ſo tieffſinnig und traurig waͤre. Durch Ankunfft etlicher von Capitain Horns Leuten wurde dieſer Diſcours auf etwas unterbro- chen, da aber alles abgehandelt und jedermann vom Tiſche aufgeſtanden war, gingen wir alle ein we- nig unter den Baͤumen herum ſpatziren, mittler- weile kam offt gemeldter Koch wiederum zum Vorſcheine, doch in weit ſauberer Figur, denn er hatte nicht allein weiſſe Kleidung angezogen, einen artigen Tuͤrckiſchen Bund um ſeinen Kopff ge- macht, ſondern ſein Geſicht, Haͤnde und Arme ſehr rein gewaſchen, ſo, daß man an ihm eine un- gemeine Zarte Haut betrachten konte. Monſ, van Blac blieb, ſo bald er den Koch in ſolcher Geſtalt vor ſich ſtehen ſahe, als ein ſtei- nern Bild ſtehen; der Koch auch; endlich erholete ſich Monſ. van Blac und ſagte: Mein Freund! wenn ihr ein Hollaͤnder ſeyd, ſo wird mirs auch nicht

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/262>, abgerufen am 22.05.2024.