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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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leicht nicht so wohl aus übeln Verdacht, sondern
vielmehr darum, weil ihm seine Helena stündlich
um den Halse gelegen, sich absolut geweigert, sie
wieder anzunehmen, und die Helena fahren zu lassen,
weßwegen es denn endlich dahin verglichen worden,
daß sie nunmehro vor 9. Tagen einen gerichtlichen
Scheide-Brieff bekommen, mit der Clausul, sich
ebenfalls wieder verheyrathen zu dürffen, an wem
sie wolte. 2.) Wäre der van Steen dahin genö-
thiget worden, ihr vor ihr eingebrachtes Gut be-
nebst den Abtritts-Geldern 10000 Holländische Gul-
den zu bezahlen, welche sie auch heutiges Tages
durch ihren Procuratorem in Empfang nehmen
lassen. 3) Die Erb-Portion von ihren Eltern a
1600. fl. wäre ihr gleichfalls schon ausgezahlt, und
nunmehro 4.) da sie frey und ledig wäre, wolte sie
diesen ihr unglückseligen Boden verlassen, und
mit dieser ihrer Baase nach Engelland übergehen.

Jch hatte mit grosser Verwunderung und ban-
gen Hertzen zugehöret, blieb aber, da sie inne hielt,
abermahls in tleffen Gedancken sitzen, und war nicht
einmahl gewahr worden, daß sich Mademoiselle
Gillers
mit der Magd hinaus begeben hatte, um
noch Caffee zu kochen. Derowegen fing Mada-
me van Bredal
von neuen zu reden an: Nunmeh-
ro, sagte Sie, mein Herr van Blac, habe ich es
noch mit euch zu thun, um euch die mir treu gelei-
steten Dienste zu belohnen, ist euch mit baarem Gel-
de gedienet, so stehen noch 3000. Thlr. von dem
Meinigen zu euren Diensten, wollet ihr euch aber
gefallen lassen, diese meine Baase, welche doch ge-
wiß ein schönes Frauenzimmer zu nennen ist, zur

Frau
[O 2]

leicht nicht ſo wohl aus uͤbeln Verdacht, ſondern
vielmehr darum, weil ihm ſeine Helena ſtuͤndlich
um den Halſe gelegen, ſich abſolut geweigert, ſie
wieder anzunehmen, und die Helena fahren zu laſſen,
weßwegen es denn endlich dahin verglichen worden,
daß ſie nunmehro vor 9. Tagen einen gerichtlichen
Scheide-Brieff bekommen, mit der Clauſul, ſich
ebenfalls wieder verheyrathen zu duͤrffen, an wem
ſie wolte. 2.) Waͤre der van Steen dahin genoͤ-
thiget worden, ihr vor ihr eingebrachtes Gut be-
nebſt den Abtritts-Geldern 10000 Hollaͤndiſche Gul-
den zu bezahlen, welche ſie auch heutiges Tages
durch ihren Procuratorem in Empfang nehmen
laſſen. 3) Die Erb-Portion von ihren Eltern à
1600. fl. waͤre ihr gleichfalls ſchon ausgezahlt, und
nunmehro 4.) da ſie frey und ledig waͤre, wolte ſie
dieſen ihr ungluͤckſeligen Boden verlaſſen, und
mit dieſer ihrer Baaſe nach Engelland uͤbergehen.

Jch hatte mit groſſer Verwunderung und ban-
gen Hertzen zugehoͤret, blieb aber, da ſie inne hielt,
abermahls in tleffen Gedancken ſitzen, und war nicht
einmahl gewahr worden, daß ſich Mademoiſelle
Gillers
mit der Magd hinaus begeben hatte, um
noch Caffée zu kochen. Derowegen fing Mada-
me van Bredal
von neuen zu reden an: Nunmeh-
ro, ſagte Sie, mein Herr van Blac, habe ich es
noch mit euch zu thun, um euch die mir treu gelei-
ſteten Dienſte zu belohnen, iſt euch mit baarem Gel-
de gedienet, ſo ſtehen noch 3000. Thlr. von dem
Meinigen zu euren Dienſten, wollet ihr euch aber
gefallen laſſen, dieſe meine Baaſe, welche doch ge-
wiß ein ſchoͤnes Frauenzimmer zu nennen iſt, zur

Frau
[O 2]
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[211/0219] leicht nicht ſo wohl aus uͤbeln Verdacht, ſondern vielmehr darum, weil ihm ſeine Helena ſtuͤndlich um den Halſe gelegen, ſich abſolut geweigert, ſie wieder anzunehmen, und die Helena fahren zu laſſen, weßwegen es denn endlich dahin verglichen worden, daß ſie nunmehro vor 9. Tagen einen gerichtlichen Scheide-Brieff bekommen, mit der Clauſul, ſich ebenfalls wieder verheyrathen zu duͤrffen, an wem ſie wolte. 2.) Waͤre der van Steen dahin genoͤ- thiget worden, ihr vor ihr eingebrachtes Gut be- nebſt den Abtritts-Geldern 10000 Hollaͤndiſche Gul- den zu bezahlen, welche ſie auch heutiges Tages durch ihren Procuratorem in Empfang nehmen laſſen. 3) Die Erb-Portion von ihren Eltern à 1600. fl. waͤre ihr gleichfalls ſchon ausgezahlt, und nunmehro 4.) da ſie frey und ledig waͤre, wolte ſie dieſen ihr ungluͤckſeligen Boden verlaſſen, und mit dieſer ihrer Baaſe nach Engelland uͤbergehen. Jch hatte mit groſſer Verwunderung und ban- gen Hertzen zugehoͤret, blieb aber, da ſie inne hielt, abermahls in tleffen Gedancken ſitzen, und war nicht einmahl gewahr worden, daß ſich Mademoiſelle Gillers mit der Magd hinaus begeben hatte, um noch Caffée zu kochen. Derowegen fing Mada- me van Bredal von neuen zu reden an: Nunmeh- ro, ſagte Sie, mein Herr van Blac, habe ich es noch mit euch zu thun, um euch die mir treu gelei- ſteten Dienſte zu belohnen, iſt euch mit baarem Gel- de gedienet, ſo ſtehen noch 3000. Thlr. von dem Meinigen zu euren Dienſten, wollet ihr euch aber gefallen laſſen, dieſe meine Baaſe, welche doch ge- wiß ein ſchoͤnes Frauenzimmer zu nennen iſt, zur Frau [O 2]

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/219>, abgerufen am 23.11.2024.