Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

nem Ehe-Manne, mich fleischlich vermischet habe.

Unter diesen letztern Worten schossen die Thränen
dergestalt häuffig aus ihren Augen, daß ihr gar nicht
mehr zu reden vermögend war. Jch ließ den ersten
Sturtz vorbey, stellete ihr nachhero vor, daß man
ja sich nicht so gleich an die erste fliegende Rede keh-
ren müste, vielleicht wäre das meiste davon unwahr,
und ihr Mann, der sie ehedem so sehr geliebt, würde
vielleicht, wenn er sie nur erstlich wieder gesehen, auch
ihre Geschichte und Contestationes angehöret,
gantz andere Gedancken kriegen. Durch diese und
andere Redens-Arten schien sie sich ein klein wenig
zu besänfftigen, tranck auch ein paar Schälchen
Caffee, und sagte hernach: Jch kenne meines Man-
nes Gemüthe am besten, zumahlen er nunmehro
diejenige Person im Ehe-Bette hat, die er vor mir
längst gern hinein haben wollen; Aber ich bitte sehr,
Mons. van Blac, lasset mich ein paar Stunden ru-
hen, und schlaffet ihr selbst, diesen Abend will ich
mich mit euch an den Tisch setzen, und meine gantze
Geschicht erzählen, denn weil ich weiß, daß ihr mir
niemahls im geringsten lasterhafft, sondern jeder-
zeit redlich und getreu begegnet habt, so kan ich
euch auch wohl mein gantzes Hertze offenbaren, da-
mit ihr ein Licht in der Sache bekommet, wisset aber,
daß Morgen früh um 9 Uhr Dostart sich eine gantz
geheime Visite bey mir, und sonderlich dabey aus-
gebeten hat, euch ein paar Stunden auf die Seite
zu schaffen, allein/ das ist mein Wille nicht, sondern
ich will euch in diesem Cabinet die Zeit über verschlos-
sen halten, damit ihr alle seine Reden mit anhören
könnet.

Jch

nem Ehe-Manne, mich fleiſchlich vermiſchet habe.

Unter dieſen letztern Worten ſchoſſen die Thraͤnen
dergeſtalt haͤuffig aus ihren Augen, daß ihr gar nicht
mehr zu reden vermoͤgend war. Jch ließ den erſten
Sturtz vorbey, ſtellete ihr nachhero vor, daß man
ja ſich nicht ſo gleich an die erſte fliegende Rede keh-
ren muͤſte, vielleicht waͤre das meiſte davon unwahr,
und ihr Mann, der ſie ehedem ſo ſehr geliebt, wuͤrde
vielleicht, wenn er ſie nur erſtlich wieder geſehen, auch
ihre Geſchichte und Conteſtationes angehoͤret,
gantz andere Gedancken kriegen. Durch dieſe und
andere Redens-Arten ſchien ſie ſich ein klein wenig
zu beſaͤnfftigen, tranck auch ein paar Schaͤlchen
Caffée, und ſagte hernach: Jch kenne meines Man-
nes Gemuͤthe am beſten, zumahlen er nunmehro
diejenige Perſon im Ehe-Bette hat, die er vor mir
laͤngſt gern hinein haben wollen; Aber ich bitte ſehr,
Monſ. van Blac, laſſet mich ein paar Stunden ru-
hen, und ſchlaffet ihr ſelbſt, dieſen Abend will ich
mich mit euch an den Tiſch ſetzen, und meine gantze
Geſchicht erzaͤhlen, denn weil ich weiß, daß ihr mir
niemahls im geringſten laſterhafft, ſondern jeder-
zeit redlich und getreu begegnet habt, ſo kan ich
euch auch wohl mein gantzes Hertze offenbaren, da-
mit ihr ein Licht in der Sache bekommet, wiſſet aber,
daß Morgen fruͤh um 9 Uhr Doſtart ſich eine gantz
geheime Viſite bey mir, und ſonderlich dabey aus-
gebeten hat, euch ein paar Stunden auf die Seite
zu ſchaffen, allein/ das iſt mein Wille nicht, ſondern
ich will euch in dieſem Cabinet die Zeit uͤber verſchloſ-
ſen halten, damit ihr alle ſeine Reden mit anhoͤren
koͤnnet.

Jch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0150" n="142"/>
nem Ehe-Manne, mich flei&#x017F;chlich vermi&#x017F;chet habe.</p><lb/>
          <p>Unter die&#x017F;en letztern Worten &#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en die Thra&#x0364;nen<lb/>
derge&#x017F;talt ha&#x0364;uffig aus ihren Augen, daß ihr gar nicht<lb/>
mehr zu reden vermo&#x0364;gend war. Jch ließ den er&#x017F;ten<lb/>
Sturtz vorbey, &#x017F;tellete ihr nachhero vor, daß man<lb/>
ja &#x017F;ich nicht &#x017F;o gleich an die er&#x017F;te fliegende Rede keh-<lb/>
ren mu&#x0364;&#x017F;te, vielleicht wa&#x0364;re das mei&#x017F;te davon unwahr,<lb/>
und ihr Mann, der &#x017F;ie ehedem &#x017F;o &#x017F;ehr geliebt, wu&#x0364;rde<lb/>
vielleicht, wenn er &#x017F;ie nur er&#x017F;tlich wieder ge&#x017F;ehen, auch<lb/>
ihre Ge&#x017F;chichte und <hi rendition="#aq">Conte&#x017F;tationes</hi> angeho&#x0364;ret,<lb/>
gantz andere Gedancken kriegen. Durch die&#x017F;e und<lb/>
andere Redens-Arten &#x017F;chien &#x017F;ie &#x017F;ich ein klein wenig<lb/>
zu be&#x017F;a&#x0364;nfftigen, tranck auch ein paar Scha&#x0364;lchen<lb/><hi rendition="#aq">Caffée,</hi> und &#x017F;agte hernach: Jch kenne meines Man-<lb/>
nes Gemu&#x0364;the am be&#x017F;ten, zumahlen er nunmehro<lb/>
diejenige Per&#x017F;on im Ehe-Bette hat, die er vor mir<lb/>
la&#x0364;ng&#x017F;t gern hinein haben wollen; Aber ich bitte &#x017F;ehr,<lb/><hi rendition="#aq">Mon&#x017F;. van Blac,</hi> la&#x017F;&#x017F;et mich ein paar Stunden ru-<lb/>
hen, und &#x017F;chlaffet ihr &#x017F;elb&#x017F;t, die&#x017F;en Abend will ich<lb/>
mich mit euch an den Ti&#x017F;ch &#x017F;etzen, und meine gantze<lb/>
Ge&#x017F;chicht erza&#x0364;hlen, denn weil ich weiß, daß ihr mir<lb/>
niemahls im gering&#x017F;ten la&#x017F;terhafft, &#x017F;ondern jeder-<lb/>
zeit redlich und getreu begegnet habt, &#x017F;o kan ich<lb/>
euch auch wohl mein gantzes Hertze offenbaren, da-<lb/>
mit ihr ein Licht in der Sache bekommet, wi&#x017F;&#x017F;et aber,<lb/>
daß Morgen fru&#x0364;h um 9 Uhr <hi rendition="#aq">Do&#x017F;tart</hi> &#x017F;ich eine gantz<lb/>
geheime <hi rendition="#aq">Vi&#x017F;ite</hi> bey mir, und &#x017F;onderlich dabey aus-<lb/>
gebeten hat, euch ein paar Stunden auf die Seite<lb/>
zu &#x017F;chaffen, allein/ das i&#x017F;t mein Wille nicht, &#x017F;ondern<lb/>
ich will euch in die&#x017F;em Cabinet die Zeit u&#x0364;ber ver&#x017F;chlo&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en halten, damit ihr alle &#x017F;eine Reden mit anho&#x0364;ren<lb/>
ko&#x0364;nnet.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[142/0150] nem Ehe-Manne, mich fleiſchlich vermiſchet habe. Unter dieſen letztern Worten ſchoſſen die Thraͤnen dergeſtalt haͤuffig aus ihren Augen, daß ihr gar nicht mehr zu reden vermoͤgend war. Jch ließ den erſten Sturtz vorbey, ſtellete ihr nachhero vor, daß man ja ſich nicht ſo gleich an die erſte fliegende Rede keh- ren muͤſte, vielleicht waͤre das meiſte davon unwahr, und ihr Mann, der ſie ehedem ſo ſehr geliebt, wuͤrde vielleicht, wenn er ſie nur erſtlich wieder geſehen, auch ihre Geſchichte und Conteſtationes angehoͤret, gantz andere Gedancken kriegen. Durch dieſe und andere Redens-Arten ſchien ſie ſich ein klein wenig zu beſaͤnfftigen, tranck auch ein paar Schaͤlchen Caffée, und ſagte hernach: Jch kenne meines Man- nes Gemuͤthe am beſten, zumahlen er nunmehro diejenige Perſon im Ehe-Bette hat, die er vor mir laͤngſt gern hinein haben wollen; Aber ich bitte ſehr, Monſ. van Blac, laſſet mich ein paar Stunden ru- hen, und ſchlaffet ihr ſelbſt, dieſen Abend will ich mich mit euch an den Tiſch ſetzen, und meine gantze Geſchicht erzaͤhlen, denn weil ich weiß, daß ihr mir niemahls im geringſten laſterhafft, ſondern jeder- zeit redlich und getreu begegnet habt, ſo kan ich euch auch wohl mein gantzes Hertze offenbaren, da- mit ihr ein Licht in der Sache bekommet, wiſſet aber, daß Morgen fruͤh um 9 Uhr Doſtart ſich eine gantz geheime Viſite bey mir, und ſonderlich dabey aus- gebeten hat, euch ein paar Stunden auf die Seite zu ſchaffen, allein/ das iſt mein Wille nicht, ſondern ich will euch in dieſem Cabinet die Zeit uͤber verſchloſ- ſen halten, damit ihr alle ſeine Reden mit anhoͤren koͤnnet. Jch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/150
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/150>, abgerufen am 03.05.2024.