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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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lucke, ein Erbe deiner Reiche und Länder
werden wolte. Wende deine Augen auf
meine Treue und Standhafftigkeit, denn,
wirst du mich mit Gewalt beschneiden und

castriren lassen, so wisse, daß der erste Dolch,
Messer, Strick, oder ein ander Mord-Jn-
strument, ein Mittel seyn wird, mich aus
dem Reiche der Lebendigen ins Reich der
Toden zu versetzen, weßwegen ich denn
bey GOTT im Himmel Vergebung zu erlangen
verhoffe.

(Hier fiel mir, verfolgte Mons. van Blac seine
Rede, eine in voriger Nacht ausgedachte Noth-
Lüge ein, die ich dergestalt vorbrachte:)

Allermächtigster Rayser! ich habe mich
zwar anfänglich vor dem Sohn eines
Schiff-
Capitains ausgegeben, allein, solches
ist nur darum geschehen, etwa mit der Zeit
etwas an meinen Rantzion-Geldern zu er-
sparen, denn ich bin ein gebohrner Graf
aus Holland, dessen wohlbemittelte Eltern
vermuthlich noch am Leben sind, die allzu
grosse Lust zur See zu reisen, und Ost-Jn-
dien zu sehen, hat mich durch Schiffbruch
anhero gebracht; Wird mir mein Leben,
und das, warum ich schon gebeten, gelas-
sen, so kan ich vielleicht binnen weniger
Zeit mit baarem Gelde ausgelöset werden,
ist aber keine Hoffnung zu meiner Freyheit
vorhanden, so will ich Zeit-Lebens dein ge-
treuster Sclave verbleiben, jedoch als ein
Christ und Unverschnittener. Ausser die-

sem

lucke, ein Erbe deiner Reiche und Laͤnder
werden wolte. Wende deine Augen auf
meine Treue und Standhafftigkeit, denn,
wirſt du mich mit Gewalt beſchneiden und

caſtriren laſſen, ſo wiſſe, daß der erſte Dolch,
Meſſer, Strick, oder ein ander Mord-Jn-
ſtrument, ein Mittel ſeyn wird, mich aus
dem Reiche der Lebendigen ins Reich der
Toden zu verſetzen, weßwegen ich denn
bey GOTT im Himmel Vergebung zu erlangen
verhoffe.

(Hier fiel mir, verfolgte Monſ. van Blac ſeine
Rede, eine in voriger Nacht ausgedachte Noth-
Luͤge ein, die ich dergeſtalt vorbrachte:)

Allermaͤchtigſter Rayſer! ich habe mich
zwar anfaͤnglich vor dem Sohn eines
Schiff-
Capitains ausgegeben, allein, ſolches
iſt nur darum geſchehen, etwa mit der Zeit
etwas an meinen Rantzion-Geldern zu er-
ſparen, denn ich bin ein gebohrner Graf
aus Holland, deſſen wohlbemittelte Eltern
vermuthlich noch am Leben ſind, die allzu
groſſe Luſt zur See zu reiſen, und Oſt-Jn-
dien zu ſehen, hat mich durch Schiffbruch
anhero gebracht; Wird mir mein Leben,
und das, warum ich ſchon gebeten, gelaſ-
ſen, ſo kan ich vielleicht binnen weniger
Zeit mit baarem Gelde ausgeloͤſet werden,
iſt aber keine Hoffnung zu meiner Freyheit
vorhanden, ſo will ich Zeit-Lebens dein ge-
treuſter Sclave verbleiben, jedoch als ein
Chriſt und Unverſchnittener. Auſſer die-

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[107/0115] lucke, ein Erbe deiner Reiche und Laͤnder werden wolte. Wende deine Augen auf meine Treue und Standhafftigkeit, denn, wirſt du mich mit Gewalt beſchneiden und caſtriren laſſen, ſo wiſſe, daß der erſte Dolch, Meſſer, Strick, oder ein ander Mord-Jn- ſtrument, ein Mittel ſeyn wird, mich aus dem Reiche der Lebendigen ins Reich der Toden zu verſetzen, weßwegen ich denn bey GOTT im Himmel Vergebung zu erlangen verhoffe. (Hier fiel mir, verfolgte Monſ. van Blac ſeine Rede, eine in voriger Nacht ausgedachte Noth- Luͤge ein, die ich dergeſtalt vorbrachte:) Allermaͤchtigſter Rayſer! ich habe mich zwar anfaͤnglich vor dem Sohn eines Schiff- Capitains ausgegeben, allein, ſolches iſt nur darum geſchehen, etwa mit der Zeit etwas an meinen Rantzion-Geldern zu er- ſparen, denn ich bin ein gebohrner Graf aus Holland, deſſen wohlbemittelte Eltern vermuthlich noch am Leben ſind, die allzu groſſe Luſt zur See zu reiſen, und Oſt-Jn- dien zu ſehen, hat mich durch Schiffbruch anhero gebracht; Wird mir mein Leben, und das, warum ich ſchon gebeten, gelaſ- ſen, ſo kan ich vielleicht binnen weniger Zeit mit baarem Gelde ausgeloͤſet werden, iſt aber keine Hoffnung zu meiner Freyheit vorhanden, ſo will ich Zeit-Lebens dein ge- treuſter Sclave verbleiben, jedoch als ein Chriſt und Unverſchnittener. Auſſer die- ſem

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/115>, abgerufen am 03.05.2024.