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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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auch, wie mir gesagt worden, die grobe Expression
gebraucht: Wenn es nur auf die starck-brül-
lende Stimme allein ankäme, so überträffe
ihr Dorff-Ochse den
Informatorem bey weitem.
Allein, die armen Leute haben doch, nach vie-
len processiren, denselben endlich mit Gewalt an-
nehmen, und er die Jungfer Ausgeberin ebenfalls
gezwungen heyrathen müssen, nachdem er viele
listige Streiche, sich von dem, mit ihr eingegan-
genen Verlöbniß los zu wickeln, gespielet hatte,

Wenige Wochen nach meiner Zurückkunfft er-
hielt ich abermahls, und zwar ohne Zweifel auf
geheime Unterhandlung meines Patrons, ein Invi-
tations-
Schreiben zu einer Probe-Predigt, in einer
nahgelegenen mittelmäßigen Stadt, welchem zu
Folge, mich denn zu gehöriger Zeit aufmachte, und
selbige nach meinem Vermögen unerschrocken ab-
legte, auch, nach dasiger gewöhnlichen Art, ein ziem-
lich scharffes Tentamen, und zwar hauptsächlich
über den Locum de providentia divina auszuste-
hen hatte. Jch muß abermahls hierbey, jedoch
ohne eiteln Ruhm, bekennen, daß mir viel gutes
nachgesaget wurde, so, daß ich in der Wahl die aller-
meisten Vota gehabt haben soll, jedoch eine ver-
zweifelte Verleumdung, machte auch dasiges Orts
alles wiederum rückgängig. Denn als ich eines
Abends im Post-Hause, allwo mein Logis war,
unter etlichen daselbst einheimischen Gelehrten, auch
fremden sehr vernünfftigen Passagiers, meinen
Platz erhalten, und unvermerckt, mit in den Di-
scours de motu mechanico
gezogen wurde, wor-
bey ihrer etliche einen berühmten Professorem,

wegen

auch, wie mir geſagt worden, die grobe Expreſſion
gebraucht: Wenn es nur auf die ſtarck-bruͤl-
lende Stimme allein ankaͤme, ſo uͤbertraͤffe
ihr Dorff-Ochſe den
Informatorem bey weitem.
Allein, die armen Leute haben doch, nach vie-
len proceſſiren, denſelben endlich mit Gewalt an-
nehmen, und er die Jungfer Ausgeberin ebenfalls
gezwungen heyrathen muͤſſen, nachdem er viele
liſtige Streiche, ſich von dem, mit ihr eingegan-
genen Verloͤbniß los zu wickeln, geſpielet hatte,

Wenige Wochen nach meiner Zuruͤckkunfft er-
hielt ich abermahls, und zwar ohne Zweifel auf
geheime Unterhandlung meines Patrons, ein Invi-
tations-
Schreiben zu einer Probe-Predigt, in einer
nahgelegenen mittelmaͤßigen Stadt, welchem zu
Folge, mich denn zu gehoͤriger Zeit aufmachte, und
ſelbige nach meinem Vermoͤgen unerſchrocken ab-
legte, auch, nach daſiger gewoͤhnlichen Art, ein ziem-
lich ſcharffes Tentamen, und zwar hauptſaͤchlich
uͤber den Locum de providentia divina auszuſte-
hen hatte. Jch muß abermahls hierbey, jedoch
ohne eiteln Ruhm, bekennen, daß mir viel gutes
nachgeſaget wurde, ſo, daß ich in der Wahl die aller-
meiſten Vota gehabt haben ſoll, jedoch eine ver-
zweifelte Verleumdung, machte auch daſiges Orts
alles wiederum ruͤckgaͤngig. Denn als ich eines
Abends im Poſt-Hauſe, allwo mein Logis war,
unter etlichen daſelbſt einheimiſchen Gelehrten, auch
fremden ſehr vernuͤnfftigen Paſſagiers, meinen
Platz erhalten, und unvermerckt, mit in den Di-
ſcours de motu mechanico
gezogen wurde, wor-
bey ihrer etliche einen beruͤhmten Profeſſorem,

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[50/0064] auch, wie mir geſagt worden, die grobe Expreſſion gebraucht: Wenn es nur auf die ſtarck-bruͤl- lende Stimme allein ankaͤme, ſo uͤbertraͤffe ihr Dorff-Ochſe den Informatorem bey weitem. Allein, die armen Leute haben doch, nach vie- len proceſſiren, denſelben endlich mit Gewalt an- nehmen, und er die Jungfer Ausgeberin ebenfalls gezwungen heyrathen muͤſſen, nachdem er viele liſtige Streiche, ſich von dem, mit ihr eingegan- genen Verloͤbniß los zu wickeln, geſpielet hatte, Wenige Wochen nach meiner Zuruͤckkunfft er- hielt ich abermahls, und zwar ohne Zweifel auf geheime Unterhandlung meines Patrons, ein Invi- tations-Schreiben zu einer Probe-Predigt, in einer nahgelegenen mittelmaͤßigen Stadt, welchem zu Folge, mich denn zu gehoͤriger Zeit aufmachte, und ſelbige nach meinem Vermoͤgen unerſchrocken ab- legte, auch, nach daſiger gewoͤhnlichen Art, ein ziem- lich ſcharffes Tentamen, und zwar hauptſaͤchlich uͤber den Locum de providentia divina auszuſte- hen hatte. Jch muß abermahls hierbey, jedoch ohne eiteln Ruhm, bekennen, daß mir viel gutes nachgeſaget wurde, ſo, daß ich in der Wahl die aller- meiſten Vota gehabt haben ſoll, jedoch eine ver- zweifelte Verleumdung, machte auch daſiges Orts alles wiederum ruͤckgaͤngig. Denn als ich eines Abends im Poſt-Hauſe, allwo mein Logis war, unter etlichen daſelbſt einheimiſchen Gelehrten, auch fremden ſehr vernuͤnfftigen Paſſagiers, meinen Platz erhalten, und unvermerckt, mit in den Di- ſcours de motu mechanico gezogen wurde, wor- bey ihrer etliche einen beruͤhmten Profeſſorem, wegen

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/64>, abgerufen am 05.05.2024.