Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

schlugen gewaltig los, weil sie die Messe zu versäu-
men vermeineten, anbey sich einbildeten, ich würde
mich eben nicht allzulange in Ost-Jndien aufhal-
ten, sondern meine Waaren an einem gewissen Or-
te auf einmahl los schlagen und verstechen, hernach
wiederum auf den eiligen Rückweg dencken. Allein
es war gefehlt, und meine Versicherungen, die ich
ihnen aus aufrichtigen Gemüthe that, halffen
nichts.

Nachdem ich mich aber ihnen zu Gefallen lange
genug daselbst aufgehalten, das Schiff auch mit
allen Bedürffnissen wohl versehen hatte, fuhren wir
endlich Süd-Ostwerts ausserhalb der langen Rei-
he kleiner, mehrentheils unbewohnter Jnsuln, um
Borneo herum, immer gerades Wegs auf die Phi-
lippini
schen Jnsuln los, wurden aber bald hernach,
durch Sturm, an die Macassarischen Küsten ver-
schlagen.

Nicht so wohl die Noth als der Vorwitz trieb
uns daselbst auszusteigen, zumahlen da der Capitain
Wodley
berichtete, daß die Holländer dieser Or-
ten mehrentheils den Meister spieleten, und nicht al-
lein die Hauptstadt im Besitz, sondern auch andere
Vestungen darauf hätten. Meine doppelten Päs-
se, die mir so wohl den Respect eines freyen Kauff-
manns, als Holländischen Schiff-Capitains zu we-
ge brachten, kamen uns daselbst nicht wenig zu stat-
ten, meine Leute handelten und wucherten, aber
nicht anders als Juden, und weil die Wollüstigen
etwas erworben hatten, geriethen sie in ein liederli-
ches und schändliches Leben, welches verursachte, daß
sich ihre Zahl unglücklicher weise um 5. Mann ver-

rin-

ſchlugen gewaltig los, weil ſie die Meſſe zu verſaͤu-
men vermeineten, anbey ſich einbildeten, ich wuͤrde
mich eben nicht allzulange in Oſt-Jndien aufhal-
ten, ſondern meine Waaren an einem gewiſſen Or-
te auf einmahl los ſchlagen und verſtechen, hernach
wiederum auf den eiligen Ruͤckweg dencken. Allein
es war gefehlt, und meine Verſicherungen, die ich
ihnen aus aufrichtigen Gemuͤthe that, halffen
nichts.

Nachdem ich mich aber ihnen zu Gefallen lange
genug daſelbſt aufgehalten, das Schiff auch mit
allen Beduͤrffniſſen wohl verſehen hatte, fuhren wir
endlich Suͤd-Oſtwerts auſſerhalb der langen Rei-
he kleiner, mehrentheils unbewohnter Jnſuln, um
Borneo herum, immer gerades Wegs auf die Phi-
lippini
ſchen Jnſuln los, wurden aber bald hernach,
durch Sturm, an die Macaſſariſchen Kuͤſten ver-
ſchlagen.

Nicht ſo wohl die Noth als der Vorwitz trieb
uns daſelbſt auszuſteigen, zumahlen da der Capitain
Wodley
berichtete, daß die Hollaͤnder dieſer Or-
ten mehrentheils den Meiſter ſpieleten, und nicht al-
lein die Hauptſtadt im Beſitz, ſondern auch andere
Veſtungen darauf haͤtten. Meine doppelten Paͤſ-
ſe, die mir ſo wohl den Reſpect eines freyen Kauff-
manns, als Hollaͤndiſchen Schiff-Capitains zu we-
ge brachten, kamen uns daſelbſt nicht wenig zu ſtat-
ten, meine Leute handelten und wucherten, aber
nicht anders als Juden, und weil die Wolluͤſtigen
etwas erworben hatten, geriethen ſie in ein liederli-
ches und ſchaͤndliches Leben, welches verurſachte, daß
ſich ihre Zahl ungluͤcklicher weiſe um 5. Mann ver-

rin-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0546" n="530"/>
&#x017F;chlugen gewaltig los, weil &#x017F;ie die Me&#x017F;&#x017F;e zu ver&#x017F;a&#x0364;u-<lb/>
men vermeineten, anbey &#x017F;ich einbildeten, ich wu&#x0364;rde<lb/>
mich eben nicht allzulange in O&#x017F;t-Jndien aufhal-<lb/>
ten, &#x017F;ondern meine Waaren an einem gewi&#x017F;&#x017F;en Or-<lb/>
te auf einmahl los &#x017F;chlagen und ver&#x017F;techen, hernach<lb/>
wiederum auf den eiligen Ru&#x0364;ckweg dencken. Allein<lb/>
es war gefehlt, und meine Ver&#x017F;icherungen, die ich<lb/>
ihnen aus aufrichtigen Gemu&#x0364;the that, halffen<lb/>
nichts.</p><lb/>
            <p>Nachdem ich mich aber ihnen zu Gefallen lange<lb/>
genug da&#x017F;elb&#x017F;t aufgehalten, das Schiff auch mit<lb/>
allen Bedu&#x0364;rffni&#x017F;&#x017F;en wohl ver&#x017F;ehen hatte, fuhren wir<lb/>
endlich Su&#x0364;d-O&#x017F;twerts au&#x017F;&#x017F;erhalb der langen Rei-<lb/>
he kleiner, mehrentheils unbewohnter Jn&#x017F;uln, um<lb/><hi rendition="#aq">Borneo</hi> herum, immer gerades Wegs auf die <hi rendition="#aq">Phi-<lb/>
lippini</hi>&#x017F;chen Jn&#x017F;uln los, wurden aber bald hernach,<lb/>
durch Sturm, an die <hi rendition="#aq">Maca&#x017F;&#x017F;ari</hi>&#x017F;chen Ku&#x0364;&#x017F;ten ver-<lb/>
&#x017F;chlagen.</p><lb/>
            <p>Nicht &#x017F;o wohl die Noth als der Vorwitz trieb<lb/>
uns da&#x017F;elb&#x017F;t auszu&#x017F;teigen, zumahlen da der <hi rendition="#aq">Capitain<lb/>
Wodley</hi> berichtete, daß die Holla&#x0364;nder die&#x017F;er Or-<lb/>
ten mehrentheils den Mei&#x017F;ter &#x017F;pieleten, und nicht al-<lb/>
lein die Haupt&#x017F;tadt im Be&#x017F;itz, &#x017F;ondern auch andere<lb/>
Ve&#x017F;tungen darauf ha&#x0364;tten. Meine doppelten Pa&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e, die mir &#x017F;o wohl den <hi rendition="#aq">Re&#x017F;pect</hi> eines freyen Kauff-<lb/>
manns, als Holla&#x0364;ndi&#x017F;chen Schiff-<hi rendition="#aq">Capitains</hi> zu we-<lb/>
ge brachten, kamen uns da&#x017F;elb&#x017F;t nicht wenig zu &#x017F;tat-<lb/>
ten, meine Leute handelten und wucherten, aber<lb/>
nicht anders als Juden, und weil die Wollu&#x0364;&#x017F;tigen<lb/>
etwas erworben hatten, geriethen &#x017F;ie in ein liederli-<lb/>
ches und &#x017F;cha&#x0364;ndliches Leben, welches verur&#x017F;achte, daß<lb/>
&#x017F;ich ihre Zahl unglu&#x0364;cklicher wei&#x017F;e um 5. Mann ver-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">rin-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[530/0546] ſchlugen gewaltig los, weil ſie die Meſſe zu verſaͤu- men vermeineten, anbey ſich einbildeten, ich wuͤrde mich eben nicht allzulange in Oſt-Jndien aufhal- ten, ſondern meine Waaren an einem gewiſſen Or- te auf einmahl los ſchlagen und verſtechen, hernach wiederum auf den eiligen Ruͤckweg dencken. Allein es war gefehlt, und meine Verſicherungen, die ich ihnen aus aufrichtigen Gemuͤthe that, halffen nichts. Nachdem ich mich aber ihnen zu Gefallen lange genug daſelbſt aufgehalten, das Schiff auch mit allen Beduͤrffniſſen wohl verſehen hatte, fuhren wir endlich Suͤd-Oſtwerts auſſerhalb der langen Rei- he kleiner, mehrentheils unbewohnter Jnſuln, um Borneo herum, immer gerades Wegs auf die Phi- lippiniſchen Jnſuln los, wurden aber bald hernach, durch Sturm, an die Macaſſariſchen Kuͤſten ver- ſchlagen. Nicht ſo wohl die Noth als der Vorwitz trieb uns daſelbſt auszuſteigen, zumahlen da der Capitain Wodley berichtete, daß die Hollaͤnder dieſer Or- ten mehrentheils den Meiſter ſpieleten, und nicht al- lein die Hauptſtadt im Beſitz, ſondern auch andere Veſtungen darauf haͤtten. Meine doppelten Paͤſ- ſe, die mir ſo wohl den Reſpect eines freyen Kauff- manns, als Hollaͤndiſchen Schiff-Capitains zu we- ge brachten, kamen uns daſelbſt nicht wenig zu ſtat- ten, meine Leute handelten und wucherten, aber nicht anders als Juden, und weil die Wolluͤſtigen etwas erworben hatten, geriethen ſie in ein liederli- ches und ſchaͤndliches Leben, welches verurſachte, daß ſich ihre Zahl ungluͤcklicher weiſe um 5. Mann ver- rin-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/546
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 530. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/546>, abgerufen am 17.05.2024.