Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

Tage nieder geschrieben worden, brauchten mich
die Gerichts-Herren zu keinem ferneren Beweise,
sondern liessen mich endlich mit einem Geschencke,
von 500. Thalern hinreisen wohin ich wolte, jedoch
bat mich der ehrliche Stadt-Richter, ihm dann
und wann von meinem Aufenthalte Nachricht zu
geben, welches ich auch nachhero zweymahl aus
Stettin und Rostock gethan, allein keine Antwort
erhalten habe, ohngeacht mein Aufenthalt an bey-
den Orten über 2. Jahr lang gewesen. Endlich
resolvirte ich mich, wieder zurück in mein Vater-
land zu reisen, war auch schon würcklich bis Berlin
gekommen, jedoch weil ich daselbst einen verfluchten
Ertz-Dieb erblickte, der mit meinem Herrn in sehr
genauer Freundschafft gestanden hatte, merckte ich
so gleich, daß diese Rotte noch nicht gantz ausge-
rottet wäre, befürchtete also leichtlich erkannt, und
als ein Diebs-Verräther von diesen rachgierigen
Mord-Gesellen ermordet zu werden. Demnach
nahm ich aufs eiligste die geschwinde Post über
Braunschweig nach Holland zu, und weil mir dem
ohngeacht immer zu Muthe war, als ob ich von
Mördern verfolgt würde, erwehlete ich endlich eine
Reise zu Schiffe zu wagen, etliche Jahr aussen zu
bleiben, und mit der Zeit, wenn GOtt Leben und
Gesundheit verliehe, mein Vaterland wieder zu
suchen, weilen doch vermuthlich binnen der Zeit
diese Mörder-und Diebs-Bande entweder wür-
de abgethan oder zerstreuet werden. Allein, der
Himmel hat durch seine glückliche Führung zu dem
Herrn Wolffgang, mich nunmehro auf dieser Jn-

sul
i i 5

Tage nieder geſchrieben worden, brauchten mich
die Gerichts-Herren zu keinem ferneren Beweiſe,
ſondern lieſſen mich endlich mit einem Geſchencke,
von 500. Thalern hinreiſen wohin ich wolte, jedoch
bat mich der ehrliche Stadt-Richter, ihm dann
und wann von meinem Aufenthalte Nachricht zu
geben, welches ich auch nachhero zweymahl aus
Stettin und Roſtock gethan, allein keine Antwort
erhalten habe, ohngeacht mein Aufenthalt an bey-
den Orten uͤber 2. Jahr lang geweſen. Endlich
reſolvirte ich mich, wieder zuruͤck in mein Vater-
land zu reiſen, war auch ſchon wuͤrcklich bis Berlin
gekommen, jedoch weil ich daſelbſt einen verfluchten
Ertz-Dieb erblickte, der mit meinem Herrn in ſehr
genauer Freundſchafft geſtanden hatte, merckte ich
ſo gleich, daß dieſe Rotte noch nicht gantz ausge-
rottet waͤre, befuͤrchtete alſo leichtlich erkannt, und
als ein Diebs-Verraͤther von dieſen rachgierigen
Mord-Geſellen ermordet zu werden. Demnach
nahm ich aufs eiligſte die geſchwinde Poſt uͤber
Braunſchweig nach Holland zu, und weil mir dem
ohngeacht immer zu Muthe war, als ob ich von
Moͤrdern verfolgt wuͤrde, erwehlete ich endlich eine
Reiſe zu Schiffe zu wagen, etliche Jahr auſſen zu
bleiben, und mit der Zeit, wenn GOtt Leben und
Geſundheit verliehe, mein Vaterland wieder zu
ſuchen, weilen doch vermuthlich binnen der Zeit
dieſe Moͤrder-und Diebs-Bande entweder wuͤr-
de abgethan oder zerſtreuet werden. Allein, der
Himmel hat durch ſeine gluͤckliche Fuͤhrung zu dem
Herrn Wolffgang, mich nunmehro auf dieſer Jn-

ſul
i i 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0521" n="505"/>
Tage nieder ge&#x017F;chrieben worden, brauchten mich<lb/>
die Gerichts-Herren zu keinem ferneren Bewei&#x017F;e,<lb/>
&#x017F;ondern lie&#x017F;&#x017F;en mich endlich mit einem Ge&#x017F;chencke,<lb/>
von 500. Thalern hinrei&#x017F;en wohin ich wolte, jedoch<lb/>
bat mich der ehrliche Stadt-Richter, ihm dann<lb/>
und wann von meinem Aufenthalte Nachricht zu<lb/>
geben, welches ich auch nachhero zweymahl aus<lb/>
Stettin und Ro&#x017F;tock gethan, allein keine Antwort<lb/>
erhalten habe, ohngeacht mein Aufenthalt an bey-<lb/>
den Orten u&#x0364;ber 2. Jahr lang gewe&#x017F;en. Endlich<lb/><hi rendition="#aq">re&#x017F;olvi</hi>rte ich mich, wieder zuru&#x0364;ck in mein Vater-<lb/>
land zu rei&#x017F;en, war auch &#x017F;chon wu&#x0364;rcklich bis Berlin<lb/>
gekommen, jedoch weil ich da&#x017F;elb&#x017F;t einen verfluchten<lb/>
Ertz-Dieb erblickte, der mit meinem Herrn in &#x017F;ehr<lb/>
genauer Freund&#x017F;chafft ge&#x017F;tanden hatte, merckte ich<lb/>
&#x017F;o gleich, daß die&#x017F;e Rotte noch nicht gantz ausge-<lb/>
rottet wa&#x0364;re, befu&#x0364;rchtete al&#x017F;o leichtlich erkannt, und<lb/>
als ein Diebs-Verra&#x0364;ther von die&#x017F;en rachgierigen<lb/>
Mord-Ge&#x017F;ellen ermordet zu werden. Demnach<lb/>
nahm ich aufs eilig&#x017F;te die ge&#x017F;chwinde Po&#x017F;t u&#x0364;ber<lb/>
Braun&#x017F;chweig nach Holland zu, und weil mir dem<lb/>
ohngeacht immer zu Muthe war, als ob ich von<lb/>
Mo&#x0364;rdern verfolgt wu&#x0364;rde, erwehlete ich endlich eine<lb/>
Rei&#x017F;e zu Schiffe zu wagen, etliche Jahr au&#x017F;&#x017F;en zu<lb/>
bleiben, und mit der Zeit, wenn GOtt Leben und<lb/>
Ge&#x017F;undheit verliehe, mein Vaterland wieder zu<lb/>
&#x017F;uchen, weilen doch vermuthlich binnen der Zeit<lb/>
die&#x017F;e Mo&#x0364;rder-und Diebs-Bande entweder wu&#x0364;r-<lb/>
de abgethan oder zer&#x017F;treuet werden. Allein, der<lb/>
Himmel hat durch &#x017F;eine glu&#x0364;ckliche Fu&#x0364;hrung zu dem<lb/>
Herrn <hi rendition="#aq">Wolffgang,</hi> mich nunmehro auf die&#x017F;er Jn-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">i i 5</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ul</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[505/0521] Tage nieder geſchrieben worden, brauchten mich die Gerichts-Herren zu keinem ferneren Beweiſe, ſondern lieſſen mich endlich mit einem Geſchencke, von 500. Thalern hinreiſen wohin ich wolte, jedoch bat mich der ehrliche Stadt-Richter, ihm dann und wann von meinem Aufenthalte Nachricht zu geben, welches ich auch nachhero zweymahl aus Stettin und Roſtock gethan, allein keine Antwort erhalten habe, ohngeacht mein Aufenthalt an bey- den Orten uͤber 2. Jahr lang geweſen. Endlich reſolvirte ich mich, wieder zuruͤck in mein Vater- land zu reiſen, war auch ſchon wuͤrcklich bis Berlin gekommen, jedoch weil ich daſelbſt einen verfluchten Ertz-Dieb erblickte, der mit meinem Herrn in ſehr genauer Freundſchafft geſtanden hatte, merckte ich ſo gleich, daß dieſe Rotte noch nicht gantz ausge- rottet waͤre, befuͤrchtete alſo leichtlich erkannt, und als ein Diebs-Verraͤther von dieſen rachgierigen Mord-Geſellen ermordet zu werden. Demnach nahm ich aufs eiligſte die geſchwinde Poſt uͤber Braunſchweig nach Holland zu, und weil mir dem ohngeacht immer zu Muthe war, als ob ich von Moͤrdern verfolgt wuͤrde, erwehlete ich endlich eine Reiſe zu Schiffe zu wagen, etliche Jahr auſſen zu bleiben, und mit der Zeit, wenn GOtt Leben und Geſundheit verliehe, mein Vaterland wieder zu ſuchen, weilen doch vermuthlich binnen der Zeit dieſe Moͤrder-und Diebs-Bande entweder wuͤr- de abgethan oder zerſtreuet werden. Allein, der Himmel hat durch ſeine gluͤckliche Fuͤhrung zu dem Herrn Wolffgang, mich nunmehro auf dieſer Jn- ſul i i 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/521
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 505. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/521>, abgerufen am 17.05.2024.