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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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besondern Barmhertzigkeit aufgenommen, und zum
Schlösser-Handwercke befördert worden, sondern
eintzig und allein aus der Ursache, damit er einen
Leib-eigenen Schlösser haben möchte, der ihm so offt
ers von nöthen, allerley, vorhero in Wachs abge-
druckte Schlüssel und andere Diebs-Instrumenta
verfertigen könte. Meinen ersten Meister hatte er
seit vielen Jahren zu dergleichen künstlichen Arbeit
gebraucht, ohngeacht er sich damahls in Ulm an-
fänglich gestellet, als ob er ihn erstlich kennen geler-
net. Der arme Schelm hatte sich auch belieben
lassen, meinem Herrn in das Elsaßische Gebiete zu
folgen, um daselbst durch verwegene Diebs-Strei-
che auf einmahl reich und glücklich zu werden, allein
der gute Schlucker war gleich in dem ersten Lehr-
Jahre gefangen und aufgehenckt worden, und hat-
te noch darzu meinem Herrn sein bestes Spiel ver-
dorben, so, daß sich derselbe über Hals und Kopf
auf, und in ein ander Land machen müssen.

Die Haare stunden mir bey Anhörung aller die-
ser entsetzlichen Streiche zu Berge, jedoch da ich
bey der allergeringsten Bezeigung eines Abscheues,
den schmertzlichsten Tod befürchten mußte, stellete
ich mich dermassen dreiste und begierig zu diesem
saubern Handwercke an, daß mein Herr binnen
wenig Tagen nicht allein ein vollkommen gutes
Concept von mir fassete, sondern auch sein gantzes
Hertze gegen mich ausschüttete, und meine Person
zu seinem vertrautesten Freunde machte.

Solchergestalt brachte ich nicht allein sein gan-
tzes Vorhaben, sondern auch die Nahmen und den
Aufenthalt aller seiner Mit-Brüder in Erfahrung,

erstau-
II. Theil. i i

beſondern Barmhertzigkeit aufgenommen, und zum
Schloͤſſer-Handwercke befoͤrdert worden, ſondern
eintzig und allein aus der Urſache, damit er einen
Leib-eigenen Schloͤſſer haben moͤchte, der ihm ſo offt
ers von noͤthen, allerley, vorhero in Wachs abge-
druckte Schluͤſſel und andere Diebs-Inſtrumenta
verfertigen koͤnte. Meinen erſten Meiſter hatte er
ſeit vielen Jahren zu dergleichen kuͤnſtlichen Arbeit
gebraucht, ohngeacht er ſich damahls in Ulm an-
faͤnglich geſtellet, als ob er ihn erſtlich kennen geler-
net. Der arme Schelm hatte ſich auch belieben
laſſen, meinem Herrn in das Elſaßiſche Gebiete zu
folgen, um daſelbſt durch verwegene Diebs-Strei-
che auf einmahl reich und gluͤcklich zu werden, allein
der gute Schlucker war gleich in dem erſten Lehr-
Jahre gefangen und aufgehenckt worden, und hat-
te noch darzu meinem Herrn ſein beſtes Spiel ver-
dorben, ſo, daß ſich derſelbe uͤber Hals und Kopf
auf, und in ein ander Land machen muͤſſen.

Die Haare ſtunden mir bey Anhoͤrung aller die-
ſer entſetzlichen Streiche zu Berge, jedoch da ich
bey der allergeringſten Bezeigung eines Abſcheues,
den ſchmertzlichſten Tod befuͤrchten mußte, ſtellete
ich mich dermaſſen dreiſte und begierig zu dieſem
ſaubern Handwercke an, daß mein Herr binnen
wenig Tagen nicht allein ein vollkommen gutes
Concept von mir faſſete, ſondern auch ſein gantzes
Hertze gegen mich ausſchuͤttete, und meine Perſon
zu ſeinem vertrauteſten Freunde machte.

Solchergeſtalt brachte ich nicht allein ſein gan-
tzes Vorhaben, ſondern auch die Nahmen und den
Aufenthalt aller ſeiner Mit-Bruͤder in Erfahrung,

erſtau-
II. Theil. i i
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[497/0513] beſondern Barmhertzigkeit aufgenommen, und zum Schloͤſſer-Handwercke befoͤrdert worden, ſondern eintzig und allein aus der Urſache, damit er einen Leib-eigenen Schloͤſſer haben moͤchte, der ihm ſo offt ers von noͤthen, allerley, vorhero in Wachs abge- druckte Schluͤſſel und andere Diebs-Inſtrumenta verfertigen koͤnte. Meinen erſten Meiſter hatte er ſeit vielen Jahren zu dergleichen kuͤnſtlichen Arbeit gebraucht, ohngeacht er ſich damahls in Ulm an- faͤnglich geſtellet, als ob er ihn erſtlich kennen geler- net. Der arme Schelm hatte ſich auch belieben laſſen, meinem Herrn in das Elſaßiſche Gebiete zu folgen, um daſelbſt durch verwegene Diebs-Strei- che auf einmahl reich und gluͤcklich zu werden, allein der gute Schlucker war gleich in dem erſten Lehr- Jahre gefangen und aufgehenckt worden, und hat- te noch darzu meinem Herrn ſein beſtes Spiel ver- dorben, ſo, daß ſich derſelbe uͤber Hals und Kopf auf, und in ein ander Land machen muͤſſen. Die Haare ſtunden mir bey Anhoͤrung aller die- ſer entſetzlichen Streiche zu Berge, jedoch da ich bey der allergeringſten Bezeigung eines Abſcheues, den ſchmertzlichſten Tod befuͤrchten mußte, ſtellete ich mich dermaſſen dreiſte und begierig zu dieſem ſaubern Handwercke an, daß mein Herr binnen wenig Tagen nicht allein ein vollkommen gutes Concept von mir faſſete, ſondern auch ſein gantzes Hertze gegen mich ausſchuͤttete, und meine Perſon zu ſeinem vertrauteſten Freunde machte. Solchergeſtalt brachte ich nicht allein ſein gan- tzes Vorhaben, ſondern auch die Nahmen und den Aufenthalt aller ſeiner Mit-Bruͤder in Erfahrung, erſtau- II. Theil. i i

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/513>, abgerufen am 22.11.2024.