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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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Ruhe, noch unser aller gute Ordnung nicht zu unter-
brechen, meine Lebens-Geschicht voritzo theile, und
den übrigen Rest derselben, morgen G. G. erzehle,
daferne es anders Jhnen allerseits beliebig ist, selbige
vollends anzuhören.

Wir danckten also insgesamt unserm liebsten
Seelsorger, vor dessen gehabte Gütigkeit, und weiln
die allermeisten Anwesende, bey Anhörung seiner
kläglichen Avanturen, sich der Thränen nicht ent-
halten können, wurde derselbe von der gantzen Ge-
sellschafft, desto umständiger ersucht, uns auf die
traurigen, auch seine hoffentlich fröhlichern Begeben-
heiten wissend zu machen, wornach vor diesesmahl,
ein jeder seine angewiesene Schlaf-Stätte
suchte.

Folgendes Tages etwa zwey Stunden vorher,
ehe die Sonne ihren allerhöchsten Grad über unserer
Jnsel erreicht, versammleten sich alle Einwohner,
abgeredeter massen, abermahls auf ihren angewiese-
nen Tafel-Plätzen, und wurden mit einer nicht we-
niger köstlichen Mahlzeit als vorigen Tages bewir-
thet. Nachdem dieselbe eingenommen war, schick-
te sich alle junge Mannschafft, welche das Schieß-
Gewehr wohl zu führen vermögend war, in zier-
licher Ordnung auf denjenigen Platz zu ziehen, wo
die Vogelstange aufgerichtet war, um daselbst nach
einem grossen höltzernen Kropf-Vogel zu schiessen,
welchen unser Tischler Lademann, nebst dem Müller
Krätzern, sehr künstlich ausgearbeitet, und mit
schwartz und gelber Farbe angestrichen hatten. Wir
zuletzt angekommenen Europäer, schossen mehren-
theils auch mit, die jüngern und annoch kindischen

Leute

Ruhe, noch unſer aller gute Ordnung nicht zu unter-
brechen, meine Lebens-Geſchicht voritzo theile, und
den uͤbrigen Reſt derſelben, morgen G. G. erzehle,
daferne es anders Jhnen allerſeits beliebig iſt, ſelbige
vollends anzuhoͤren.

Wir danckten alſo insgeſamt unſerm liebſten
Seelſorger, vor deſſen gehabte Guͤtigkeit, und weiln
die allermeiſten Anweſende, bey Anhoͤrung ſeiner
klaͤglichen Avanturen, ſich der Thraͤnen nicht ent-
halten koͤnnen, wurde derſelbe von der gantzen Ge-
ſellſchafft, deſto umſtaͤndiger erſucht, uns auf die
traurigen, auch ſeine hoffentlich froͤhlichern Begeben-
heiten wiſſend zu machen, wornach vor dieſesmahl,
ein jeder ſeine angewieſene Schlaf-Staͤtte
ſuchte.

Folgendes Tages etwa zwey Stunden vorher,
ehe die Sonne ihren allerhoͤchſten Grad uͤber unſerer
Jnſel erreicht, verſammleten ſich alle Einwohner,
abgeredeter maſſen, abermahls auf ihren angewieſe-
nen Tafel-Plaͤtzen, und wurden mit einer nicht we-
niger koͤſtlichen Mahlzeit als vorigen Tages bewir-
thet. Nachdem dieſelbe eingenommen war, ſchick-
te ſich alle junge Mannſchafft, welche das Schieß-
Gewehr wohl zu fuͤhren vermoͤgend war, in zier-
licher Ordnung auf denjenigen Platz zu ziehen, wo
die Vogelſtange aufgerichtet war, um daſelbſt nach
einem groſſen hoͤltzernen Kropf-Vogel zu ſchieſſen,
welchen unſer Tiſchler Lademann, nebſt dem Muͤller
Kraͤtzern, ſehr kuͤnſtlich ausgearbeitet, und mit
ſchwartz und gelber Farbe angeſtrichen hatten. Wir
zuletzt angekommenen Europaͤer, ſchoſſen mehren-
theils auch mit, die juͤngern und annoch kindiſchen

Leute
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[36/0050] Ruhe, noch unſer aller gute Ordnung nicht zu unter- brechen, meine Lebens-Geſchicht voritzo theile, und den uͤbrigen Reſt derſelben, morgen G. G. erzehle, daferne es anders Jhnen allerſeits beliebig iſt, ſelbige vollends anzuhoͤren. Wir danckten alſo insgeſamt unſerm liebſten Seelſorger, vor deſſen gehabte Guͤtigkeit, und weiln die allermeiſten Anweſende, bey Anhoͤrung ſeiner klaͤglichen Avanturen, ſich der Thraͤnen nicht ent- halten koͤnnen, wurde derſelbe von der gantzen Ge- ſellſchafft, deſto umſtaͤndiger erſucht, uns auf die traurigen, auch ſeine hoffentlich froͤhlichern Begeben- heiten wiſſend zu machen, wornach vor dieſesmahl, ein jeder ſeine angewieſene Schlaf-Staͤtte ſuchte. Folgendes Tages etwa zwey Stunden vorher, ehe die Sonne ihren allerhoͤchſten Grad uͤber unſerer Jnſel erreicht, verſammleten ſich alle Einwohner, abgeredeter maſſen, abermahls auf ihren angewieſe- nen Tafel-Plaͤtzen, und wurden mit einer nicht we- niger koͤſtlichen Mahlzeit als vorigen Tages bewir- thet. Nachdem dieſelbe eingenommen war, ſchick- te ſich alle junge Mannſchafft, welche das Schieß- Gewehr wohl zu fuͤhren vermoͤgend war, in zier- licher Ordnung auf denjenigen Platz zu ziehen, wo die Vogelſtange aufgerichtet war, um daſelbſt nach einem groſſen hoͤltzernen Kropf-Vogel zu ſchieſſen, welchen unſer Tiſchler Lademann, nebſt dem Muͤller Kraͤtzern, ſehr kuͤnſtlich ausgearbeitet, und mit ſchwartz und gelber Farbe angeſtrichen hatten. Wir zuletzt angekommenen Europaͤer, ſchoſſen mehren- theils auch mit, die juͤngern und annoch kindiſchen Leute

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/50>, abgerufen am 19.04.2024.