Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

seyn. Jedoch, weil ich über 3000. Thaler an
Golde und Jubelen bey mir führete, gefiel mir end-
lich, bald bey diesem, bald jenem Käyserlichen Re-
gimente Curassirer, als Volontair, herum zu schwer-
men, worbey meine Profession, nehmlich das ver-
fluchte Spielen zu exerciren, sich tägliche Gelegen-
heit fand.

Endlich nachdem ich von dem vielen Gelde nicht
mehr als 200. spec. Ducaten an meinem Vetter
und Lehrmeister übermacht, stieß mir ohnweit Lu-
xemburg die abermahlige Fatalität zu, einen Offi-
cier
,
des beym Spiele entstandenen Streits we-
gen, zu erstechen, also nahm ich die Flucht aufs neue
nach Franckreich, streiffte erstlich in vielen andern
Städten herum, und kam endlich im Winter des
1720ten Jahres wieder nach Paris, allwo damah-
liger Zeiten, lauter Lermen, wegen der so frevelen
Spitzbuben war. Um nun nicht etwa in derglei-
chen Verdacht zu kommen, miethete ich mich bey ei-
nem deutschen Zucker-Becker ein, und führete
wieder meine Gewohnheit ein ziemlich ordentliches
Leben, ließ mich aufs neue in ein und andern, zur
Mathesi gehörigen und mir beliebigen Künsten un-
terrichten, da aber das Spielen nicht unterlassen
konte, so spielete, jedennoch fast gezwungen, ziem-
lich ehrlich, war auch darbey zuweilen ungemein
glücklich. Mein Wirth war ohngeacht dessen,
daß er die Protestantische mit der Catholischen Re-
ligion verwechselt hatte, in allen seinen äuserlichen
Wesen ein grund-redlicher Mann, und erzeigte mir
gegen billige Bezahlung alle Gefälligkeit, ich be-
daurete selbst zum öfftern, wenn sich ein klein Fünck-

lein

ſeyn. Jedoch, weil ich uͤber 3000. Thaler an
Golde und Jubelen bey mir fuͤhrete, gefiel mir end-
lich, bald bey dieſem, bald jenem Kaͤyſerlichen Re-
gimente Curaſſirer, als Volontair, herum zu ſchwer-
men, worbey meine Profeſſion, nehmlich das ver-
fluchte Spielen zu exerciren, ſich taͤgliche Gelegen-
heit fand.

Endlich nachdem ich von dem vielen Gelde nicht
mehr als 200. ſpec. Ducaten an meinem Vetter
und Lehrmeiſter uͤbermacht, ſtieß mir ohnweit Lu-
xemburg die abermahlige Fatalitaͤt zu, einen Offi-
cier
,
des beym Spiele entſtandenen Streits we-
gen, zu erſtechen, alſo nahm ich die Flucht aufs neue
nach Franckreich, ſtreiffte erſtlich in vielen andern
Staͤdten herum, und kam endlich im Winter des
1720ten Jahres wieder nach Paris, allwo damah-
liger Zeiten, lauter Lermen, wegen der ſo frevelen
Spitzbuben war. Um nun nicht etwa in derglei-
chen Verdacht zu kommen, miethete ich mich bey ei-
nem deutſchen Zucker-Becker ein, und fuͤhrete
wieder meine Gewohnheit ein ziemlich ordentliches
Leben, ließ mich aufs neue in ein und andern, zur
Matheſi gehoͤrigen und mir beliebigen Kuͤnſten un-
terrichten, da aber das Spielen nicht unterlaſſen
konte, ſo ſpielete, jedennoch faſt gezwungen, ziem-
lich ehrlich, war auch darbey zuweilen ungemein
gluͤcklich. Mein Wirth war ohngeacht deſſen,
daß er die Proteſtantiſche mit der Catholiſchen Re-
ligion verwechſelt hatte, in allen ſeinen aͤuſerlichen
Weſen ein grund-redlicher Mann, und erzeigte mir
gegen billige Bezahlung alle Gefaͤlligkeit, ich be-
daurete ſelbſt zum oͤfftern, wenn ſich ein klein Fuͤnck-

lein
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0393" n="379"/>
&#x017F;eyn. Jedoch, weil ich u&#x0364;ber 3000. Thaler an<lb/>
Golde und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Jubelen</hi></hi> bey mir fu&#x0364;hrete, gefiel mir end-<lb/>
lich, bald bey die&#x017F;em, bald jenem Ka&#x0364;y&#x017F;erlichen Re-<lb/>
gimente <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Cura&#x017F;&#x017F;ir</hi></hi>er, als <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Volontair</hi>,</hi> herum zu &#x017F;chwer-<lb/>
men, worbey meine <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Profe&#x017F;&#x017F;ion</hi>,</hi> nehmlich das ver-<lb/>
fluchte Spielen zu <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">exercir</hi></hi>en, &#x017F;ich ta&#x0364;gliche Gelegen-<lb/>
heit fand.</p><lb/>
          <p>Endlich nachdem ich von dem vielen Gelde nicht<lb/>
mehr als 200. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">&#x017F;pec. Ducat</hi></hi>en an meinem Vetter<lb/>
und Lehrmei&#x017F;ter u&#x0364;bermacht, &#x017F;tieß mir ohnweit Lu-<lb/>
xemburg die abermahlige Fatalita&#x0364;t zu, einen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Offi-<lb/>
cier</hi>,</hi> des beym Spiele ent&#x017F;tandenen Streits we-<lb/>
gen, zu er&#x017F;techen, al&#x017F;o nahm ich die Flucht aufs neue<lb/>
nach Franckreich, &#x017F;treiffte er&#x017F;tlich in vielen andern<lb/>
Sta&#x0364;dten herum, und kam endlich im Winter des<lb/>
1720ten Jahres wieder nach Paris, allwo damah-<lb/>
liger Zeiten, lauter Lermen, wegen der &#x017F;o frevelen<lb/>
Spitzbuben war. Um nun nicht etwa in derglei-<lb/>
chen Verdacht zu kommen, miethete ich mich bey ei-<lb/>
nem deut&#x017F;chen Zucker-Becker ein, und fu&#x0364;hrete<lb/>
wieder meine Gewohnheit ein ziemlich ordentliches<lb/>
Leben, ließ mich aufs neue in ein und andern, zur<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Mathe&#x017F;i</hi></hi> geho&#x0364;rigen und mir beliebigen Ku&#x0364;n&#x017F;ten un-<lb/>
terrichten, da aber das Spielen nicht unterla&#x017F;&#x017F;en<lb/>
konte, &#x017F;o &#x017F;pielete, jedennoch fa&#x017F;t gezwungen, ziem-<lb/>
lich ehrlich, war auch darbey zuweilen ungemein<lb/>
glu&#x0364;cklich. Mein Wirth war ohngeacht de&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
daß er die Prote&#x017F;tanti&#x017F;che mit der Catholi&#x017F;chen Re-<lb/>
ligion verwech&#x017F;elt hatte, in allen &#x017F;einen a&#x0364;u&#x017F;erlichen<lb/>
We&#x017F;en ein grund-redlicher Mann, und erzeigte mir<lb/>
gegen billige Bezahlung alle Gefa&#x0364;lligkeit, ich be-<lb/>
daurete &#x017F;elb&#x017F;t zum o&#x0364;fftern, wenn &#x017F;ich ein klein Fu&#x0364;nck-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lein</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[379/0393] ſeyn. Jedoch, weil ich uͤber 3000. Thaler an Golde und Jubelen bey mir fuͤhrete, gefiel mir end- lich, bald bey dieſem, bald jenem Kaͤyſerlichen Re- gimente Curaſſirer, als Volontair, herum zu ſchwer- men, worbey meine Profeſſion, nehmlich das ver- fluchte Spielen zu exerciren, ſich taͤgliche Gelegen- heit fand. Endlich nachdem ich von dem vielen Gelde nicht mehr als 200. ſpec. Ducaten an meinem Vetter und Lehrmeiſter uͤbermacht, ſtieß mir ohnweit Lu- xemburg die abermahlige Fatalitaͤt zu, einen Offi- cier, des beym Spiele entſtandenen Streits we- gen, zu erſtechen, alſo nahm ich die Flucht aufs neue nach Franckreich, ſtreiffte erſtlich in vielen andern Staͤdten herum, und kam endlich im Winter des 1720ten Jahres wieder nach Paris, allwo damah- liger Zeiten, lauter Lermen, wegen der ſo frevelen Spitzbuben war. Um nun nicht etwa in derglei- chen Verdacht zu kommen, miethete ich mich bey ei- nem deutſchen Zucker-Becker ein, und fuͤhrete wieder meine Gewohnheit ein ziemlich ordentliches Leben, ließ mich aufs neue in ein und andern, zur Matheſi gehoͤrigen und mir beliebigen Kuͤnſten un- terrichten, da aber das Spielen nicht unterlaſſen konte, ſo ſpielete, jedennoch faſt gezwungen, ziem- lich ehrlich, war auch darbey zuweilen ungemein gluͤcklich. Mein Wirth war ohngeacht deſſen, daß er die Proteſtantiſche mit der Catholiſchen Re- ligion verwechſelt hatte, in allen ſeinen aͤuſerlichen Weſen ein grund-redlicher Mann, und erzeigte mir gegen billige Bezahlung alle Gefaͤlligkeit, ich be- daurete ſelbſt zum oͤfftern, wenn ſich ein klein Fuͤnck- lein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/393
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/393>, abgerufen am 17.05.2024.