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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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Jndem er nun gantz allein im Stande war, dem
Hofmeister und seinen beyden jungen Herrn,
Angst und Schrecken einzujagen, musten sich diese
auf gute Worte befleißigen, um mit der Helffte
davon zu kommen, allein er war nicht zu erweichen,
biß ich mich ins Mittel schlug, und so viel auswürck-
te, daß er endlich mit 100. Louis d' Or zufrieden
war, welche der Hofmeister alsofort aus dem Lo-
gis
langen und ihm bezahlen muste. Die guten
Herrn stelleten sich zwar nach der Zeit noch ziemlich
gefällig, allein ich weiß nicht, ob der Hofmeister
einigen Verdacht auf mich legen mochte, weil er
sich sehr kaltsinnig stellete, auch bey meiner Ankunfft,
seine Untergebenen entweder verleugnete, oder ih-
nen doch im geringsten nicht erlauben wolte, ferner
mit mir aus zu spaziren.

Demnach that es mir von Hertzen leyd, daß ich
sie nicht noch besser berupfft, sondern so gnädig
durchgelassen hatte, jedoch es paßirten in nachfol-
genden 3. Jahren, so lange nehmlich mein Stax
und ich uns noch in den vornehmsten Französischen
Städten umsahen, unzählige dergleichen Streiche,
welche alle haarklein zu erzehlen, ich wenigstens
eine gantze Woche Zeit haben müste. Endlich zer-
fiel ich mit diesem meinen bißherigen Hertzens-
Freunde, um einer sehr geringen Sache willen,
worinnen er sich, in Beyseyn vieler andern Leute,
einer |sonderbaren Autorität über mich anmassen
wolte, allein weil ich etwas zu viel Wein getrun-
cken hatte, blieb ich ihm an allerhand empfindli-
chen Redens-Arten nichts schuldig, dahero er end-
lich auf die Thorheit gerieth, mit Kreide eine

Mühl-

Jndem er nun gantz allein im Stande war, dem
Hofmeiſter und ſeinen beyden jungen Herrn,
Angſt und Schrecken einzujagen, muſten ſich dieſe
auf gute Worte befleißigen, um mit der Helffte
davon zu kommen, allein er war nicht zu erweichen,
biß ich mich ins Mittel ſchlug, und ſo viel auswuͤrck-
te, daß er endlich mit 100. Louis d’ Or zufrieden
war, welche der Hofmeiſter alſofort aus dem Lo-
gis
langen und ihm bezahlen muſte. Die guten
Herrn ſtelleten ſich zwar nach der Zeit noch ziemlich
gefaͤllig, allein ich weiß nicht, ob der Hofmeiſter
einigen Verdacht auf mich legen mochte, weil er
ſich ſehr kaltſinnig ſtellete, auch bey meiner Ankunfft,
ſeine Untergebenen entweder verleugnete, oder ih-
nen doch im geringſten nicht erlauben wolte, ferner
mit mir aus zu ſpaziren.

Demnach that es mir von Hertzen leyd, daß ich
ſie nicht noch beſſer berupfft, ſondern ſo gnaͤdig
durchgelaſſen hatte, jedoch es paßirten in nachfol-
genden 3. Jahren, ſo lange nehmlich mein Stax
und ich uns noch in den vornehmſten Franzoͤſiſchen
Staͤdten umſahen, unzaͤhlige dergleichen Streiche,
welche alle haarklein zu erzehlen, ich wenigſtens
eine gantze Woche Zeit haben muͤſte. Endlich zer-
fiel ich mit dieſem meinen bißherigen Hertzens-
Freunde, um einer ſehr geringen Sache willen,
worinnen er ſich, in Beyſeyn vieler andern Leute,
einer |ſonderbaren Autoritaͤt uͤber mich anmaſſen
wolte, allein weil ich etwas zu viel Wein getrun-
cken hatte, blieb ich ihm an allerhand empfindli-
chen Redens-Arten nichts ſchuldig, dahero er end-
lich auf die Thorheit gerieth, mit Kreide eine

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[376/0390] Jndem er nun gantz allein im Stande war, dem Hofmeiſter und ſeinen beyden jungen Herrn, Angſt und Schrecken einzujagen, muſten ſich dieſe auf gute Worte befleißigen, um mit der Helffte davon zu kommen, allein er war nicht zu erweichen, biß ich mich ins Mittel ſchlug, und ſo viel auswuͤrck- te, daß er endlich mit 100. Louis d’ Or zufrieden war, welche der Hofmeiſter alſofort aus dem Lo- gis langen und ihm bezahlen muſte. Die guten Herrn ſtelleten ſich zwar nach der Zeit noch ziemlich gefaͤllig, allein ich weiß nicht, ob der Hofmeiſter einigen Verdacht auf mich legen mochte, weil er ſich ſehr kaltſinnig ſtellete, auch bey meiner Ankunfft, ſeine Untergebenen entweder verleugnete, oder ih- nen doch im geringſten nicht erlauben wolte, ferner mit mir aus zu ſpaziren. Demnach that es mir von Hertzen leyd, daß ich ſie nicht noch beſſer berupfft, ſondern ſo gnaͤdig durchgelaſſen hatte, jedoch es paßirten in nachfol- genden 3. Jahren, ſo lange nehmlich mein Stax und ich uns noch in den vornehmſten Franzoͤſiſchen Staͤdten umſahen, unzaͤhlige dergleichen Streiche, welche alle haarklein zu erzehlen, ich wenigſtens eine gantze Woche Zeit haben muͤſte. Endlich zer- fiel ich mit dieſem meinen bißherigen Hertzens- Freunde, um einer ſehr geringen Sache willen, worinnen er ſich, in Beyſeyn vieler andern Leute, einer |ſonderbaren Autoritaͤt uͤber mich anmaſſen wolte, allein weil ich etwas zu viel Wein getrun- cken hatte, blieb ich ihm an allerhand empfindli- chen Redens-Arten nichts ſchuldig, dahero er end- lich auf die Thorheit gerieth, mit Kreide eine Muͤhl-

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/390>, abgerufen am 26.11.2024.