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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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te mich dergestalt fröhlich und hurtig, daß ich in we-
nig Minuten völlig fertig war. Demnach wurde
in der Finsterniß hinunter geführet und in einen Wa-
gen gebracht, worinnen allbereit 2. alte Patres und 2.
mir an Jahren ziemlich gleiche so genannte Studen-
ten sassen, zwischen deren Füssen ich als ein Hund lie-
gen, auch nicht selten von den jungen Bösewichtern
empfindliche Tritte und Stösse erdulten mußte. Der
Wagen ware rings herum dichte zugemacht und
verwahrt, derowegen konte und dorffte mich gar
nicht umsehen, ohngeacht des Tages-Licht völlig an-
gebrochen war, wiewohl es in den ersten zweyen Ta-
gen entsetzlich starck regnete. So offt ein natürli-
cher Antrieb, mich oder die andern aus dem Wagen
zu steigen nöthigte, kam mir nichts in die Augen als
mehrentheils wüstes Feld, Wälder, und etwa sehr
weit entlegene Dörffer oder kleine Städte. Nie-
mahls sind wir vor dunckeler Nacht in ein Quartier
gekommen, und mehrentheils früh vor Anbruch des
Tages wieder fort gereiset, ich bemerckte aber, daß
meine Führer lauter Clöster zu ihrem Abtritt er-
wehlet, und vermuthlich allezeit einen reitenden Bo-
then, der das Logis bestellen müssen, voraus geschickt
hatten. Mittlerweile bekam ich so wohl des Abends
im Quartiere, als bey Tage im Wagen sehr gute
Speisen, hatte aber sehr wenige Gelegenheit meinen
Mund zum Reden aufzuthun, welches mir denn un-
gemein lieb war, meine Führer aber redeten eine selbst
erdichtete, aus vielen andern vermischte Sprache,
und zwar dermassen geläuffig mit einander, daß mir
unmöglich war nur ein eintziges Wort davon zu
verstehen.

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te mich dergeſtalt froͤhlich und hurtig, daß ich in we-
nig Minuten voͤllig fertig war. Demnach wurde
in der Finſterniß hinunter gefuͤhret und in einen Wa-
gen gebracht, worinnen allbereit 2. alte Patres und 2.
mir an Jahren ziemlich gleiche ſo genannte Studen-
ten ſaſſen, zwiſchen deren Fuͤſſen ich als ein Hund lie-
gen, auch nicht ſelten von den jungen Boͤſewichtern
empfindliche Tritte und Stoͤſſe erdulten mußte. Der
Wagen ware rings herum dichte zugemacht und
verwahrt, derowegen konte und dorffte mich gar
nicht umſehen, ohngeacht des Tages-Licht voͤllig an-
gebrochen war, wiewohl es in den erſten zweyen Ta-
gen entſetzlich ſtarck regnete. So offt ein natuͤrli-
cher Antrieb, mich oder die andern aus dem Wagen
zu ſteigen noͤthigte, kam mir nichts in die Augen als
mehrentheils wuͤſtes Feld, Waͤlder, und etwa ſehr
weit entlegene Doͤrffer oder kleine Staͤdte. Nie-
mahls ſind wir vor dunckeler Nacht in ein Quartier
gekommen, und mehrentheils fruͤh vor Anbruch des
Tages wieder fort gereiſet, ich bemerckte aber, daß
meine Fuͤhrer lauter Cloͤſter zu ihrem Abtritt er-
wehlet, und vermuthlich allezeit einen reitenden Bo-
then, der das Logis beſtellen muͤſſen, voraus geſchickt
hatten. Mittlerweile bekam ich ſo wohl des Abends
im Quartiere, als bey Tage im Wagen ſehr gute
Speiſen, hatte aber ſehr wenige Gelegenheit meinen
Mund zum Reden aufzuthun, welches mir denn un-
gemein lieb war, meine Fuͤhrer aber redeten eine ſelbſt
erdichtete, aus vielen andern vermiſchte Sprache,
und zwar dermaſſen gelaͤuffig mit einander, daß mir
unmoͤglich war nur ein eintziges Wort davon zu
verſtehen.

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[25/0039] te mich dergeſtalt froͤhlich und hurtig, daß ich in we- nig Minuten voͤllig fertig war. Demnach wurde in der Finſterniß hinunter gefuͤhret und in einen Wa- gen gebracht, worinnen allbereit 2. alte Patres und 2. mir an Jahren ziemlich gleiche ſo genannte Studen- ten ſaſſen, zwiſchen deren Fuͤſſen ich als ein Hund lie- gen, auch nicht ſelten von den jungen Boͤſewichtern empfindliche Tritte und Stoͤſſe erdulten mußte. Der Wagen ware rings herum dichte zugemacht und verwahrt, derowegen konte und dorffte mich gar nicht umſehen, ohngeacht des Tages-Licht voͤllig an- gebrochen war, wiewohl es in den erſten zweyen Ta- gen entſetzlich ſtarck regnete. So offt ein natuͤrli- cher Antrieb, mich oder die andern aus dem Wagen zu ſteigen noͤthigte, kam mir nichts in die Augen als mehrentheils wuͤſtes Feld, Waͤlder, und etwa ſehr weit entlegene Doͤrffer oder kleine Staͤdte. Nie- mahls ſind wir vor dunckeler Nacht in ein Quartier gekommen, und mehrentheils fruͤh vor Anbruch des Tages wieder fort gereiſet, ich bemerckte aber, daß meine Fuͤhrer lauter Cloͤſter zu ihrem Abtritt er- wehlet, und vermuthlich allezeit einen reitenden Bo- then, der das Logis beſtellen muͤſſen, voraus geſchickt hatten. Mittlerweile bekam ich ſo wohl des Abends im Quartiere, als bey Tage im Wagen ſehr gute Speiſen, hatte aber ſehr wenige Gelegenheit meinen Mund zum Reden aufzuthun, welches mir denn un- gemein lieb war, meine Fuͤhrer aber redeten eine ſelbſt erdichtete, aus vielen andern vermiſchte Sprache, und zwar dermaſſen gelaͤuffig mit einander, daß mir unmoͤglich war nur ein eintziges Wort davon zu verſtehen. Nach- b 5

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/39>, abgerufen am 16.04.2024.