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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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ein ansehnliches Stücke Geld auf solche subtile
Diebes-Art, nehmlich durch lauter betrügliches
Spielen zusammen gescharret hatte, ließ ich mir ein
paar Edelmanns-Kleider machen, kauffte Peruqven,
Tressen-Hüte, einen silbernen Degen, ja alles ein,
was zur Ausstafierung eines jungen Edelmanns
gehörete, packte die Sachen in einen Coffre, reise-
te etliche 30. Meilen weiter in die Welt, blieb end-
lich in einer Stadt bekleben, wo sich viel derglei-
chen Leute zeigten, als ich vor mir zu haben
wünschte.

Jch gab mich daselbst vor einen Menschen von
Sächsischen guten Geschlechte aus, der sich unter
verdeckten Nahmen, so lange an frembden Orten
aufzuhalten gezwungen sähe, bis er eine gewisse
verdrüßliche Affaire, die er mit einem Cavalier
gehabt, durch seine Anverwandten und gute Freun-
de ausmachen lassen. Jn der That aber war ich,
mit Wahrheit und ohne Ruhm zu melden, damahls
ein subtiler Spitz-Bube. Und gewißlich, es solte
wenig gefehlet haben, mich in die völlige Diebs- und
Spitz-Buben-Zunfft zu ziehen, als worzu sich sehr
sonderbare Gelegenheit-Macher anmeldeten, wenn
ich nicht in meiner Jugend eine besondere Aversion
vor dergleichen Leuten bekommen hätte, und zwar
bey der Gelegenheit, da ich etliche solche Galgen-
Vögel erstlich erbärmlich martern, und hernach-
mahls theils rädern, theils aufhencken sahe. Wie-
wohl ich will selbst nicht Bürge davor seyn,
daß dergleichen Eckel, durch das fernere Zure-
den solcher saubern Gesellen endlich nicht hätte
können vertrieben werden, wenn zumahlen die

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ein anſehnliches Stuͤcke Geld auf ſolche ſubtile
Diebes-Art, nehmlich durch lauter betruͤgliches
Spielen zuſammen geſcharret hatte, ließ ich mir ein
paar Edelmanns-Kleider machen, kauffte Peruqven,
Treſſen-Huͤte, einen ſilbernen Degen, ja alles ein,
was zur Ausſtafierung eines jungen Edelmanns
gehoͤrete, packte die Sachen in einen Coffre, reiſe-
te etliche 30. Meilen weiter in die Welt, blieb end-
lich in einer Stadt bekleben, wo ſich viel derglei-
chen Leute zeigten, als ich vor mir zu haben
wuͤnſchte.

Jch gab mich daſelbſt vor einen Menſchen von
Saͤchſiſchen guten Geſchlechte aus, der ſich unter
verdeckten Nahmen, ſo lange an frembden Orten
aufzuhalten gezwungen ſaͤhe, bis er eine gewiſſe
verdruͤßliche Affaire, die er mit einem Cavalier
gehabt, durch ſeine Anverwandten und gute Freun-
de ausmachen laſſen. Jn der That aber war ich,
mit Wahrheit und ohne Ruhm zu melden, damahls
ein ſubtiler Spitz-Bube. Und gewißlich, es ſolte
wenig gefehlet haben, mich in die voͤllige Diebs- und
Spitz-Buben-Zunfft zu ziehen, als worzu ſich ſehr
ſonderbare Gelegenheit-Macher anmeldeten, wenn
ich nicht in meiner Jugend eine beſondere Averſion
vor dergleichen Leuten bekommen haͤtte, und zwar
bey der Gelegenheit, da ich etliche ſolche Galgen-
Voͤgel erſtlich erbaͤrmlich martern, und hernach-
mahls theils raͤdern, theils aufhencken ſahe. Wie-
wohl ich will ſelbſt nicht Buͤrge davor ſeyn,
daß dergleichen Eckel, durch das fernere Zure-
den ſolcher ſaubern Geſellen endlich nicht haͤtte
koͤnnen vertrieben werden, wenn zumahlen die

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[371/0385] ein anſehnliches Stuͤcke Geld auf ſolche ſubtile Diebes-Art, nehmlich durch lauter betruͤgliches Spielen zuſammen geſcharret hatte, ließ ich mir ein paar Edelmanns-Kleider machen, kauffte Peruqven, Treſſen-Huͤte, einen ſilbernen Degen, ja alles ein, was zur Ausſtafierung eines jungen Edelmanns gehoͤrete, packte die Sachen in einen Coffre, reiſe- te etliche 30. Meilen weiter in die Welt, blieb end- lich in einer Stadt bekleben, wo ſich viel derglei- chen Leute zeigten, als ich vor mir zu haben wuͤnſchte. Jch gab mich daſelbſt vor einen Menſchen von Saͤchſiſchen guten Geſchlechte aus, der ſich unter verdeckten Nahmen, ſo lange an frembden Orten aufzuhalten gezwungen ſaͤhe, bis er eine gewiſſe verdruͤßliche Affaire, die er mit einem Cavalier gehabt, durch ſeine Anverwandten und gute Freun- de ausmachen laſſen. Jn der That aber war ich, mit Wahrheit und ohne Ruhm zu melden, damahls ein ſubtiler Spitz-Bube. Und gewißlich, es ſolte wenig gefehlet haben, mich in die voͤllige Diebs- und Spitz-Buben-Zunfft zu ziehen, als worzu ſich ſehr ſonderbare Gelegenheit-Macher anmeldeten, wenn ich nicht in meiner Jugend eine beſondere Averſion vor dergleichen Leuten bekommen haͤtte, und zwar bey der Gelegenheit, da ich etliche ſolche Galgen- Voͤgel erſtlich erbaͤrmlich martern, und hernach- mahls theils raͤdern, theils aufhencken ſahe. Wie- wohl ich will ſelbſt nicht Buͤrge davor ſeyn, daß dergleichen Eckel, durch das fernere Zure- den ſolcher ſaubern Geſellen endlich nicht haͤtte koͤnnen vertrieben werden, wenn zumahlen die ſubti- a a 2

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/385>, abgerufen am 18.05.2024.