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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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mußte eine Reise antreten, um ein und andere Ma-
teriali
en herbey zu schaffen, hierzu nahm er mein
Geld mit, warum ich mir aber nicht die geringste
Sorge machte. Mittlerzeit war der vortreffliche
Lehrmeister so gnädig, mir dann und wann ein
Stücke von seinem Lebens-Lauffe zu erzehlen, und
gab vor, er sey ein Nord-Holländer, im Jahr 1622.
gebohren, hätte von Jugend auf bey einem seiner
Verwandten dem laboriren beygewohnet, und
zum Scheine das Roth-Giessen gelernet, nach der
Zeit wäre er durch die Zubereitung verschiedener
trefflicher chymischer Artzeneyen in starcken Ruf
kommen, so daß ihn viele berühmte Künstler be-
sucht, und ihres Vorhabens wegen seinen Rath
verlanget hätten. Endlich aber sey, bey sehr schlim-
men Wetter, einsmahls ein unbekandter Mann zu
ihm gekommen, den er wegen seiner Erfahrenheit
im laboriren etliche Tage beherberget, wohl ge-
pfleget und von ihm letzlich die Praeparation des
Schatzes aller Schätze, nemlich des Lapidis phi-
losophici
erhalten hätte, iedoch mit dem Bedinge,
selbigen keinem Menschen völlig zu offenbaren, als
welcher gewisse Merckmahle, die mir aber Elias
nicht sagen wolte, in seinem Gesichte, Gebärden
und gantzen Wesen von sich blicken liesse.

Hierauf mußte ich recht erstaunliche Geschichte,
von seinen durch alle Europaeische Länder getha-
nen wundervollen Reisen anhören, die ich voritzo
beliebter Kürtze wegen übergehen will, sonsten aber
betheurete er hoch, daß von 6. Personen, denen er
seit etliche 60. Jahren her, dieses Geheimniß mit
guten Gewissen offenbaren dürffen, kein eintziger

mehr

mußte eine Reiſe antreten, um ein und andere Ma-
teriali
en herbey zu ſchaffen, hierzu nahm er mein
Geld mit, warum ich mir aber nicht die geringſte
Sorge machte. Mittlerzeit war der vortreffliche
Lehrmeiſter ſo gnaͤdig, mir dann und wann ein
Stuͤcke von ſeinem Lebens-Lauffe zu erzehlen, und
gab vor, er ſey ein Nord-Hollaͤnder, im Jahr 1622.
gebohren, haͤtte von Jugend auf bey einem ſeiner
Verwandten dem laboriren beygewohnet, und
zum Scheine das Roth-Gieſſen gelernet, nach der
Zeit waͤre er durch die Zubereitung verſchiedener
trefflicher chymiſcher Artzeneyen in ſtarcken Ruf
kommen, ſo daß ihn viele beruͤhmte Kuͤnſtler be-
ſucht, und ihres Vorhabens wegen ſeinen Rath
verlanget haͤtten. Endlich aber ſey, bey ſehr ſchlim-
men Wetter, einsmahls ein unbekandter Mann zu
ihm gekommen, den er wegen ſeiner Erfahrenheit
im laboriren etliche Tage beherberget, wohl ge-
pfleget und von ihm letzlich die Præparation des
Schatzes aller Schaͤtze, nemlich des Lapidis phi-
loſophici
erhalten haͤtte, iedoch mit dem Bedinge,
ſelbigen keinem Menſchen voͤllig zu offenbaren, als
welcher gewiſſe Merckmahle, die mir aber Elias
nicht ſagen wolte, in ſeinem Geſichte, Gebaͤrden
und gantzen Weſen von ſich blicken lieſſe.

Hierauf mußte ich recht erſtaunliche Geſchichte,
von ſeinen durch alle Europæiſche Laͤnder getha-
nen wundervollen Reiſen anhoͤren, die ich voritzo
beliebter Kuͤrtze wegen uͤbergehen will, ſonſten aber
betheurete er hoch, daß von 6. Perſonen, denen er
ſeit etliche 60. Jahren her, dieſes Geheimniß mit
guten Gewiſſen offenbaren duͤrffen, kein eintziger

mehr
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[270/0284] mußte eine Reiſe antreten, um ein und andere Ma- terialien herbey zu ſchaffen, hierzu nahm er mein Geld mit, warum ich mir aber nicht die geringſte Sorge machte. Mittlerzeit war der vortreffliche Lehrmeiſter ſo gnaͤdig, mir dann und wann ein Stuͤcke von ſeinem Lebens-Lauffe zu erzehlen, und gab vor, er ſey ein Nord-Hollaͤnder, im Jahr 1622. gebohren, haͤtte von Jugend auf bey einem ſeiner Verwandten dem laboriren beygewohnet, und zum Scheine das Roth-Gieſſen gelernet, nach der Zeit waͤre er durch die Zubereitung verſchiedener trefflicher chymiſcher Artzeneyen in ſtarcken Ruf kommen, ſo daß ihn viele beruͤhmte Kuͤnſtler be- ſucht, und ihres Vorhabens wegen ſeinen Rath verlanget haͤtten. Endlich aber ſey, bey ſehr ſchlim- men Wetter, einsmahls ein unbekandter Mann zu ihm gekommen, den er wegen ſeiner Erfahrenheit im laboriren etliche Tage beherberget, wohl ge- pfleget und von ihm letzlich die Præparation des Schatzes aller Schaͤtze, nemlich des Lapidis phi- loſophici erhalten haͤtte, iedoch mit dem Bedinge, ſelbigen keinem Menſchen voͤllig zu offenbaren, als welcher gewiſſe Merckmahle, die mir aber Elias nicht ſagen wolte, in ſeinem Geſichte, Gebaͤrden und gantzen Weſen von ſich blicken lieſſe. Hierauf mußte ich recht erſtaunliche Geſchichte, von ſeinen durch alle Europæiſche Laͤnder getha- nen wundervollen Reiſen anhoͤren, die ich voritzo beliebter Kuͤrtze wegen uͤbergehen will, ſonſten aber betheurete er hoch, daß von 6. Perſonen, denen er ſeit etliche 60. Jahren her, dieſes Geheimniß mit guten Gewiſſen offenbaren duͤrffen, kein eintziger mehr

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/284>, abgerufen am 22.11.2024.