Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

reden. Selbiger war in der That ein ungemein
wohl conduisirter Herr gegen seine Bedienten, ab-
sonderlich konte ich mit Recht, vor andern, mich gantz
sonderbarer Gnade von ihm flattiren, denn er tra-
cti
rte mich iederzeit mit solcher Gefälligkeit, die den
Character, unter welchen ich mich bey ihm engagirt
hatte, sehr weit überstieg. Binnen etlichen Jah-
ren hätte ich durch seine Unterstützung, mein Glück
zum öfftern durch Heyrathen und mittelmäßige
Aemter gar wohl machen können, allein er inspirir-
te mir selbsten immerfort die Hoffnung, auf etwas
noch besseres. Aber, aber! da ich solchergestalt dem
Glücke am allerbesten im Schoose zu sitzen ver-
meynte, wurde mein Herr des Nachts plötzlich von
etlichen Officiers und Soldaten überfallen, in einen
verdeckten Wagen gesetzt, und nach einem festen
Schlosse in Arrest gebracht. Meine Person muß-
te unvermutheter weise par Compagnie auch mit,
wurde gleichfalls in das wohl verwahrte Zimmer
eines Thurms gesetzt, und zwar ein Stockwerck hö-
her als mein Herr, mit dem ich in folgender Zeit kein
Wort zu sprechen Gelegenheit nehmen durffte. Jch
habe niemahls erfahren können, was ihm eigentlich
und hauptsächlich vor ein Verbrechen schuld gege-
ben worden, aus denenjenigen Articuln aber, wor-
über man mich vernahm, konte ich leichtlich schliessen,
daß es Sachen von grosser Wichtigkeit seyn müß-
ten. Nachdem ich nun ein halbes Jahr weniger 4.
Tage gefangen gesessen, unschuldig befunden, und
endlich frey gelassen worden, also nichts mehr abzu-
warten hatte, als die Auslieferung meiner Gelder
und Sachen, welche unter meines Herrn Meublen

mit

reden. Selbiger war in der That ein ungemein
wohl conduiſirter Herr gegen ſeine Bedienten, ab-
ſonderlich konte ich mit Recht, vor andern, mich gantz
ſonderbarer Gnade von ihm flattiren, denn er tra-
cti
rte mich iederzeit mit ſolcher Gefaͤlligkeit, die den
Character, unter welchen ich mich bey ihm engagirt
hatte, ſehr weit uͤberſtieg. Binnen etlichen Jah-
ren haͤtte ich durch ſeine Unterſtuͤtzung, mein Gluͤck
zum oͤfftern durch Heyrathen und mittelmaͤßige
Aemter gar wohl machen koͤnnen, allein er inſpirir-
te mir ſelbſten immerfort die Hoffnung, auf etwas
noch beſſeres. Aber, aber! da ich ſolchergeſtalt dem
Gluͤcke am allerbeſten im Schooſe zu ſitzen ver-
meynte, wurde mein Herr des Nachts ploͤtzlich von
etlichen Officiers und Soldaten uͤberfallen, in einen
verdeckten Wagen geſetzt, und nach einem feſten
Schloſſe in Arreſt gebracht. Meine Perſon muß-
te unvermutheter weiſe par Compagnie auch mit,
wurde gleichfalls in das wohl verwahrte Zimmer
eines Thurms geſetzt, und zwar ein Stockwerck hoͤ-
her als mein Herr, mit dem ich in folgender Zeit kein
Wort zu ſprechen Gelegenheit nehmen durffte. Jch
habe niemahls erfahren koͤnnen, was ihm eigentlich
und hauptſaͤchlich vor ein Verbrechen ſchuld gege-
ben worden, aus denenjenigen Articuln aber, wor-
uͤber man mich vernahm, konte ich leichtlich ſchlieſſen,
daß es Sachen von groſſer Wichtigkeit ſeyn muͤß-
ten. Nachdem ich nun ein halbes Jahr weniger 4.
Tage gefangen geſeſſen, unſchuldig befunden, und
endlich frey gelaſſen worden, alſo nichts mehr abzu-
warten hatte, als die Auslieferung meiner Gelder
und Sachen, welche unter meines Herrn Meublen

mit
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0242" n="228"/>
reden. Selbiger war in der That ein ungemein<lb/>
wohl <hi rendition="#aq">condui&#x017F;i</hi>rter Herr gegen &#x017F;eine Bedienten, ab-<lb/>
&#x017F;onderlich konte ich mit Recht, vor andern, mich gantz<lb/>
&#x017F;onderbarer Gnade von ihm <hi rendition="#aq">flatti</hi>ren, denn er <hi rendition="#aq">tra-<lb/>
cti</hi>rte mich iederzeit mit &#x017F;olcher Gefa&#x0364;lligkeit, die den<lb/><hi rendition="#aq">Character,</hi> unter welchen ich mich bey ihm <hi rendition="#aq">engagi</hi>rt<lb/>
hatte, &#x017F;ehr weit u&#x0364;ber&#x017F;tieg. Binnen etlichen Jah-<lb/>
ren ha&#x0364;tte ich durch &#x017F;eine Unter&#x017F;tu&#x0364;tzung, mein Glu&#x0364;ck<lb/>
zum o&#x0364;fftern durch Heyrathen und mittelma&#x0364;ßige<lb/>
Aemter gar wohl machen ko&#x0364;nnen, allein er <hi rendition="#aq">in&#x017F;pirir-</hi><lb/>
te mir &#x017F;elb&#x017F;ten immerfort die Hoffnung, auf etwas<lb/>
noch be&#x017F;&#x017F;eres. Aber, aber! da ich &#x017F;olcherge&#x017F;talt dem<lb/>
Glu&#x0364;cke am allerbe&#x017F;ten im Schoo&#x017F;e zu &#x017F;itzen ver-<lb/>
meynte, wurde mein Herr des Nachts plo&#x0364;tzlich von<lb/>
etlichen <hi rendition="#aq">Officiers</hi> und Soldaten u&#x0364;berfallen, in einen<lb/>
verdeckten Wagen ge&#x017F;etzt, und nach einem fe&#x017F;ten<lb/>
Schlo&#x017F;&#x017F;e in <hi rendition="#aq">Arre&#x017F;t</hi> gebracht. Meine Per&#x017F;on muß-<lb/>
te unvermutheter wei&#x017F;e <hi rendition="#aq">par Compagnie</hi> auch mit,<lb/>
wurde gleichfalls in das wohl verwahrte Zimmer<lb/>
eines Thurms ge&#x017F;etzt, und zwar ein Stockwerck ho&#x0364;-<lb/>
her als mein Herr, mit dem ich in folgender Zeit kein<lb/>
Wort zu &#x017F;prechen Gelegenheit nehmen durffte. Jch<lb/>
habe niemahls erfahren ko&#x0364;nnen, was ihm eigentlich<lb/>
und haupt&#x017F;a&#x0364;chlich vor ein Verbrechen &#x017F;chuld gege-<lb/>
ben worden, aus denenjenigen <hi rendition="#aq">Articuln</hi> aber, wor-<lb/>
u&#x0364;ber man mich vernahm, konte ich leichtlich &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
daß es Sachen von gro&#x017F;&#x017F;er Wichtigkeit &#x017F;eyn mu&#x0364;ß-<lb/>
ten. Nachdem ich nun ein halbes Jahr weniger 4.<lb/>
Tage gefangen ge&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en, un&#x017F;chuldig befunden, und<lb/>
endlich frey gela&#x017F;&#x017F;en worden, al&#x017F;o nichts mehr abzu-<lb/>
warten hatte, als die Auslieferung meiner Gelder<lb/>
und Sachen, welche unter meines Herrn <hi rendition="#aq">Meublen</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mit</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[228/0242] reden. Selbiger war in der That ein ungemein wohl conduiſirter Herr gegen ſeine Bedienten, ab- ſonderlich konte ich mit Recht, vor andern, mich gantz ſonderbarer Gnade von ihm flattiren, denn er tra- ctirte mich iederzeit mit ſolcher Gefaͤlligkeit, die den Character, unter welchen ich mich bey ihm engagirt hatte, ſehr weit uͤberſtieg. Binnen etlichen Jah- ren haͤtte ich durch ſeine Unterſtuͤtzung, mein Gluͤck zum oͤfftern durch Heyrathen und mittelmaͤßige Aemter gar wohl machen koͤnnen, allein er inſpirir- te mir ſelbſten immerfort die Hoffnung, auf etwas noch beſſeres. Aber, aber! da ich ſolchergeſtalt dem Gluͤcke am allerbeſten im Schooſe zu ſitzen ver- meynte, wurde mein Herr des Nachts ploͤtzlich von etlichen Officiers und Soldaten uͤberfallen, in einen verdeckten Wagen geſetzt, und nach einem feſten Schloſſe in Arreſt gebracht. Meine Perſon muß- te unvermutheter weiſe par Compagnie auch mit, wurde gleichfalls in das wohl verwahrte Zimmer eines Thurms geſetzt, und zwar ein Stockwerck hoͤ- her als mein Herr, mit dem ich in folgender Zeit kein Wort zu ſprechen Gelegenheit nehmen durffte. Jch habe niemahls erfahren koͤnnen, was ihm eigentlich und hauptſaͤchlich vor ein Verbrechen ſchuld gege- ben worden, aus denenjenigen Articuln aber, wor- uͤber man mich vernahm, konte ich leichtlich ſchlieſſen, daß es Sachen von groſſer Wichtigkeit ſeyn muͤß- ten. Nachdem ich nun ein halbes Jahr weniger 4. Tage gefangen geſeſſen, unſchuldig befunden, und endlich frey gelaſſen worden, alſo nichts mehr abzu- warten hatte, als die Auslieferung meiner Gelder und Sachen, welche unter meines Herrn Meublen mit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/242
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/242>, abgerufen am 24.11.2024.