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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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Weil nun die Liebe durchaus, an Eleonoren
Revange zu nehmen, verlangte, um selbiger unge-
treuen Person zu zeigen, daß ihr Verlust sehr leicht,
und zwar weit vortheilhaffter zu ersetzen sey, ließ
ich mir, durch die Reitzungen einer artigen Rosine,
abermahls das Hertze rauben, und weil dieselbe
von guten Geschlechte, ziemlichen Vermögen, dar-
bey auch recht artiger Bildung, und sonderlich ei-
nes aufgeweckten und klugen Geistes war, schlossen
wir, mit Genehmhaltung ihrer Eltern, ein festes
Liebes-Verbindniß, worbey mir iedoch erlaubet
wurde, vor Vollziehung desselben ein oder etliche
Campagnen unter der Soldatesque zu thun, indem
mein Schatz nur erstlich 17. Jahr alt, also wohl
noch einige Jahre warten konte. Nach glücklicher
Zurückkunfft, solte mir von meines Schwieger-
Vaters Bruder, der keine Erben hatte, die Stadt-
Apothecke zugeschlagen werden, damit ich nach Be-
lieben alle drey Species der Medicin, nemlich Me-
dicinam
selbst, anbey auch Chirurgiam und Phar-
macopoeam practici
ren könte.

Solchergestalt ging ich im darauf folgenden
Früh-Jahre mit Vergnügen zu Felde, in Meinung
folgenden Winter, oder doch aufs längste binnen
zwey oder drey Jahren wieder bey meiner Braut zu
seyn. Allein es wurden vollkommene 5. Jahre dar-
aus, binnen welcher Zeit ich zwar etliche Briefe an
dieselbe und ihre Eltern schrieb, auch auf alle die an-
genehmsten Antworten erhielt, iedoch da vor gäntz-
licher Beylegung des Kriegs, keine Hoffnung zum
Abschiede vorhanden, mußten wir uns auf allen Sei-
ten mit Gedult schmieren. Nun solte ich Jhnen, meine

Herren,
II. Theil. p

Weil nun die Liebe durchaus, an Eleonoren
Revange zu nehmen, verlangte, um ſelbiger unge-
treuen Perſon zu zeigen, daß ihr Verluſt ſehr leicht,
und zwar weit vortheilhaffter zu erſetzen ſey, ließ
ich mir, durch die Reitzungen einer artigen Roſine,
abermahls das Hertze rauben, und weil dieſelbe
von guten Geſchlechte, ziemlichen Vermoͤgen, dar-
bey auch recht artiger Bildung, und ſonderlich ei-
nes aufgeweckten und klugen Geiſtes war, ſchloſſen
wir, mit Genehmhaltung ihrer Eltern, ein feſtes
Liebes-Verbindniß, worbey mir iedoch erlaubet
wurde, vor Vollziehung deſſelben ein oder etliche
Campagnen unter der Soldatesque zu thun, indem
mein Schatz nur erſtlich 17. Jahr alt, alſo wohl
noch einige Jahre warten konte. Nach gluͤcklicher
Zuruͤckkunfft, ſolte mir von meines Schwieger-
Vaters Bruder, der keine Erben hatte, die Stadt-
Apothecke zugeſchlagen werden, damit ich nach Be-
lieben alle drey Species der Medicin, nemlich Me-
dicinam
ſelbſt, anbey auch Chirurgiam und Phar-
macopœam practici
ren koͤnte.

Solchergeſtalt ging ich im darauf folgenden
Fruͤh-Jahre mit Vergnuͤgen zu Felde, in Meinung
folgenden Winter, oder doch aufs laͤngſte binnen
zwey oder drey Jahren wieder bey meiner Braut zu
ſeyn. Allein es wurden vollkommene 5. Jahre dar-
aus, binnen welcher Zeit ich zwar etliche Briefe an
dieſelbe und ihre Eltern ſchrieb, auch auf alle die an-
genehmſten Antworten erhielt, iedoch da vor gaͤntz-
licher Beylegung des Kriegs, keine Hoffnung zum
Abſchiede vorhanden, mußten wir uns auf allen Sei-
ten mit Gedult ſchmieren. Nun ſolte ich Jhnen, meine

Herren,
II. Theil. p
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[225/0239] Weil nun die Liebe durchaus, an Eleonoren Revange zu nehmen, verlangte, um ſelbiger unge- treuen Perſon zu zeigen, daß ihr Verluſt ſehr leicht, und zwar weit vortheilhaffter zu erſetzen ſey, ließ ich mir, durch die Reitzungen einer artigen Roſine, abermahls das Hertze rauben, und weil dieſelbe von guten Geſchlechte, ziemlichen Vermoͤgen, dar- bey auch recht artiger Bildung, und ſonderlich ei- nes aufgeweckten und klugen Geiſtes war, ſchloſſen wir, mit Genehmhaltung ihrer Eltern, ein feſtes Liebes-Verbindniß, worbey mir iedoch erlaubet wurde, vor Vollziehung deſſelben ein oder etliche Campagnen unter der Soldatesque zu thun, indem mein Schatz nur erſtlich 17. Jahr alt, alſo wohl noch einige Jahre warten konte. Nach gluͤcklicher Zuruͤckkunfft, ſolte mir von meines Schwieger- Vaters Bruder, der keine Erben hatte, die Stadt- Apothecke zugeſchlagen werden, damit ich nach Be- lieben alle drey Species der Medicin, nemlich Me- dicinam ſelbſt, anbey auch Chirurgiam und Phar- macopœam practiciren koͤnte. Solchergeſtalt ging ich im darauf folgenden Fruͤh-Jahre mit Vergnuͤgen zu Felde, in Meinung folgenden Winter, oder doch aufs laͤngſte binnen zwey oder drey Jahren wieder bey meiner Braut zu ſeyn. Allein es wurden vollkommene 5. Jahre dar- aus, binnen welcher Zeit ich zwar etliche Briefe an dieſelbe und ihre Eltern ſchrieb, auch auf alle die an- genehmſten Antworten erhielt, iedoch da vor gaͤntz- licher Beylegung des Kriegs, keine Hoffnung zum Abſchiede vorhanden, mußten wir uns auf allen Sei- ten mit Gedult ſchmieren. Nun ſolte ich Jhnen, meine Herren, II. Theil. p

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/239>, abgerufen am 04.05.2024.