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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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durch das unbarmhertzige eiserne Gatter nehmen
durffte.

Demnach nahm meinen Weg, nebst einem zu
meiner Bedienung angenommenen Reit-Knechte,
der meine Reise-Sachen hinter sich auf dem Pferde
in zwey, starck angefüllten, Mantel-Säcken führete,
erstlich noch einmahl auf Halle zu, allwo mein an-
noch daselbst befindliches Geräthe und Bücher, ei-
nem redlichen Freunde in Verwahrung, selbigen
auch zu Unterhaltung meiner Correspondenz mit
Charlotten, hinlängliche Instruction gab, nach-
hero meine Reise so hurtig als es meine zwey ziem-
lich dauerhafften Reit-Kläpper ausstehen konten,
über Leipzig und Prag nach Wien fortsetzte. Sel-
bige Weltberühmte Stadt erreichte ich endlich,
gleich am Sonntage Judica, also 14. Tage vor dem
Oster-Feste, hieselbst kostete es nun nicht wenig Mü-
he, das Geschlecht meiner Mutter auszuforschen,
jedoch nach vielen vergeblich angewandten Kosten,
traff ich endlich meine Groß-Mutter mütterlicher
Seite, bey einer ihrer Töchter an, die an einen Zeug-
wärter bey der Kayserl Artollerie verheyrathet
war, und mit selbigem 5. lebendige Kinder erzeuget
hatte. So bald ich mich kund gegeben und alle
ausgestandene Fatalitäten ausführlich erzehlethatte,
umarmete mich meine Großmutter aufs allerlieb-
reichste, und erkandte mich aus allen Umständen,
sonderlich aber an den Gesichts-Zügen, und dem
Muttermahle, welches ich am Halse unter dem
Halstuche aufzuweisen habe, vor den leiblichen
Sohn ihrer ältesten Tochter. Hergegen wurde
ihr, und mein eigenes Betrübniß gantz sonderbar er

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durch das unbarmhertzige eiſerne Gatter nehmen
durffte.

Demnach nahm meinen Weg, nebſt einem zu
meiner Bedienung angenommenen Reit-Knechte,
der meine Reiſe-Sachen hinter ſich auf dem Pferde
in zwey, ſtarck angefuͤllten, Mantel-Saͤcken fuͤhrete,
erſtlich noch einmahl auf Halle zu, allwo mein an-
noch daſelbſt befindliches Geraͤthe und Buͤcher, ei-
nem redlichen Freunde in Verwahrung, ſelbigen
auch zu Unterhaltung meiner Correſpondenz mit
Charlotten, hinlaͤngliche Inſtruction gab, nach-
hero meine Reiſe ſo hurtig als es meine zwey ziem-
lich dauerhafften Reit-Klaͤpper ausſtehen konten,
uͤber Leipzig und Prag nach Wien fortſetzte. Sel-
bige Weltberuͤhmte Stadt erreichte ich endlich,
gleich am Sonntage Judica, alſo 14. Tage vor dem
Oſter-Feſte, hieſelbſt koſtete es nun nicht wenig Muͤ-
he, das Geſchlecht meiner Mutter auszuforſchen,
jedoch nach vielen vergeblich angewandten Koſten,
traff ich endlich meine Groß-Mutter muͤtterlicher
Seite, bey einer ihrer Toͤchter an, die an einen Zeug-
waͤrter bey der Kayſerl Artollerie verheyrathet
war, und mit ſelbigem 5. lebendige Kinder erzeuget
hatte. So bald ich mich kund gegeben und alle
ausgeſtandene Fatalitaͤten ausfuͤhrlich erzehlethatte,
umarmete mich meine Großmutter aufs allerlieb-
reichſte, und erkandte mich aus allen Umſtaͤnden,
ſonderlich aber an den Geſichts-Zuͤgen, und dem
Muttermahle, welches ich am Halſe unter dem
Halstuche aufzuweiſen habe, vor den leiblichen
Sohn ihrer aͤlteſten Tochter. Hergegen wurde
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[117/0131] durch das unbarmhertzige eiſerne Gatter nehmen durffte. Demnach nahm meinen Weg, nebſt einem zu meiner Bedienung angenommenen Reit-Knechte, der meine Reiſe-Sachen hinter ſich auf dem Pferde in zwey, ſtarck angefuͤllten, Mantel-Saͤcken fuͤhrete, erſtlich noch einmahl auf Halle zu, allwo mein an- noch daſelbſt befindliches Geraͤthe und Buͤcher, ei- nem redlichen Freunde in Verwahrung, ſelbigen auch zu Unterhaltung meiner Correſpondenz mit Charlotten, hinlaͤngliche Inſtruction gab, nach- hero meine Reiſe ſo hurtig als es meine zwey ziem- lich dauerhafften Reit-Klaͤpper ausſtehen konten, uͤber Leipzig und Prag nach Wien fortſetzte. Sel- bige Weltberuͤhmte Stadt erreichte ich endlich, gleich am Sonntage Judica, alſo 14. Tage vor dem Oſter-Feſte, hieſelbſt koſtete es nun nicht wenig Muͤ- he, das Geſchlecht meiner Mutter auszuforſchen, jedoch nach vielen vergeblich angewandten Koſten, traff ich endlich meine Groß-Mutter muͤtterlicher Seite, bey einer ihrer Toͤchter an, die an einen Zeug- waͤrter bey der Kayſerl Artollerie verheyrathet war, und mit ſelbigem 5. lebendige Kinder erzeuget hatte. So bald ich mich kund gegeben und alle ausgeſtandene Fatalitaͤten ausfuͤhrlich erzehlethatte, umarmete mich meine Großmutter aufs allerlieb- reichſte, und erkandte mich aus allen Umſtaͤnden, ſonderlich aber an den Geſichts-Zuͤgen, und dem Muttermahle, welches ich am Halſe unter dem Halstuche aufzuweiſen habe, vor den leiblichen Sohn ihrer aͤlteſten Tochter. Hergegen wurde ihr, und mein eigenes Betruͤbniß gantz ſonderbar er neuert h 3

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/131>, abgerufen am 24.11.2024.