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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
eine weitere Ursache. Es findet ein großer Zudrang
zu diesem Gewerbe statt. Die Mehrzahl der Geschäfte
ist in weiblichen Händen, wie die Mehrzahl der Ge-
hülfinnen junge Mädchen sind, welche theilweise nur
das Gewerbe erlernen wollen, jedenfalls sich ihm gerne
zuwenden, da es immer noch etwas bessern Verdienst
giebt, als die bloße Nätherei. Von den preußischen
6424 Geschäften haben 6177 weibliche Vorsteher, von
den 5989 Gehülfen gehören 5819 dem schönern Ge-
schlechte an. Die Geschäftsinhaberinnen sind meist
Wittwen, ältere unverheirathete Fräuleins, vor Allem
Frauen von kleinen Geschäftsleuten, von Angestellten,
deren Einkommen nicht ausreicht. Die Frau versucht
durch ein Putzgeschäft das Fehlende zu ersetzen; sie ist
mit mäßigem Verdienst zufrieden, die Konkurrenz ist
groß; zahlreiche Bankerotte zeigen die Schwierigkeit und
den großen Andrang. Daneben gibt es in den größern
Städten freilich immer auch eine Anzahl sehr großer
wohlrenommirter Geschäfte, welche entsprechend theurer
arbeiten und das können, weil sie die wohlhabendsten
Klassen zu ihren Kunden haben.

Umfassender und bedeutender als alle diese kleinern
Gewerbe ist das Schneidergewerbe; es steht an Zahl
fast dem Schuhmachergewerbe nahe. Ich theile zuerst
die Uebersicht der preußischen Schneider von 1816 -- 61
mit. Daneben will ich gleich als Ausgangspunkt
unserer Betrachtung vorausschicken, daß 1861 von den
76823 Geschäftsinhabern 13741, von den 49291
Gehülfen 8677 weibliche Personen sind. Im ganzen

Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
eine weitere Urſache. Es findet ein großer Zudrang
zu dieſem Gewerbe ſtatt. Die Mehrzahl der Geſchäfte
iſt in weiblichen Händen, wie die Mehrzahl der Ge-
hülfinnen junge Mädchen ſind, welche theilweiſe nur
das Gewerbe erlernen wollen, jedenfalls ſich ihm gerne
zuwenden, da es immer noch etwas beſſern Verdienſt
giebt, als die bloße Nätherei. Von den preußiſchen
6424 Geſchäften haben 6177 weibliche Vorſteher, von
den 5989 Gehülfen gehören 5819 dem ſchönern Ge-
ſchlechte an. Die Geſchäftsinhaberinnen ſind meiſt
Wittwen, ältere unverheirathete Fräuleins, vor Allem
Frauen von kleinen Geſchäftsleuten, von Angeſtellten,
deren Einkommen nicht ausreicht. Die Frau verſucht
durch ein Putzgeſchäft das Fehlende zu erſetzen; ſie iſt
mit mäßigem Verdienſt zufrieden, die Konkurrenz iſt
groß; zahlreiche Bankerotte zeigen die Schwierigkeit und
den großen Andrang. Daneben gibt es in den größern
Städten freilich immer auch eine Anzahl ſehr großer
wohlrenommirter Geſchäfte, welche entſprechend theurer
arbeiten und das können, weil ſie die wohlhabendſten
Klaſſen zu ihren Kunden haben.

Umfaſſender und bedeutender als alle dieſe kleinern
Gewerbe iſt das Schneidergewerbe; es ſteht an Zahl
faſt dem Schuhmachergewerbe nahe. Ich theile zuerſt
die Ueberſicht der preußiſchen Schneider von 1816 — 61
mit. Daneben will ich gleich als Ausgangspunkt
unſerer Betrachtung vorausſchicken, daß 1861 von den
76823 Geſchäftsinhabern 13741, von den 49291
Gehülfen 8677 weibliche Perſonen ſind. Im ganzen

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[642/0664] Die Umbildung einzelner Gewerbszweige. eine weitere Urſache. Es findet ein großer Zudrang zu dieſem Gewerbe ſtatt. Die Mehrzahl der Geſchäfte iſt in weiblichen Händen, wie die Mehrzahl der Ge- hülfinnen junge Mädchen ſind, welche theilweiſe nur das Gewerbe erlernen wollen, jedenfalls ſich ihm gerne zuwenden, da es immer noch etwas beſſern Verdienſt giebt, als die bloße Nätherei. Von den preußiſchen 6424 Geſchäften haben 6177 weibliche Vorſteher, von den 5989 Gehülfen gehören 5819 dem ſchönern Ge- ſchlechte an. Die Geſchäftsinhaberinnen ſind meiſt Wittwen, ältere unverheirathete Fräuleins, vor Allem Frauen von kleinen Geſchäftsleuten, von Angeſtellten, deren Einkommen nicht ausreicht. Die Frau verſucht durch ein Putzgeſchäft das Fehlende zu erſetzen; ſie iſt mit mäßigem Verdienſt zufrieden, die Konkurrenz iſt groß; zahlreiche Bankerotte zeigen die Schwierigkeit und den großen Andrang. Daneben gibt es in den größern Städten freilich immer auch eine Anzahl ſehr großer wohlrenommirter Geſchäfte, welche entſprechend theurer arbeiten und das können, weil ſie die wohlhabendſten Klaſſen zu ihren Kunden haben. Umfaſſender und bedeutender als alle dieſe kleinern Gewerbe iſt das Schneidergewerbe; es ſteht an Zahl faſt dem Schuhmachergewerbe nahe. Ich theile zuerſt die Ueberſicht der preußiſchen Schneider von 1816 — 61 mit. Daneben will ich gleich als Ausgangspunkt unſerer Betrachtung vorausſchicken, daß 1861 von den 76823 Geſchäftsinhabern 13741, von den 49291 Gehülfen 8677 weibliche Perſonen ſind. Im ganzen

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 642. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/664>, abgerufen am 23.11.2024.