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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die technischen Fortschritte in der Strumpfwirkerei.
Endlich existiren jetzt auch breite mechanische Stühle,
deren einer etwa 1000 Thaler kostet. Die anderen
Stühle können alle auch mit der Hand bewegt werden.

Die ersten englischen und französischen Rundstühle
wurden in Sachsen 1851 (nach einer anderen Angabe
1852) eingeführt. Die Fortschritte gingen aber langsam.
Im Jahre 1861 hatten erst 12 Etablissements solche
verbesserte Stühle durch mechanische Kraft betrieben,
34 hatten solche, aber von Arbeitern bewegt. Man
zählte damals in ganz Sachsen:

[Tabelle]

Das größte Etablissement hatte allein 1600 eng-
lische Köpfe und 60 französische Rundstühle. Die
kleinen Strumpfwirker waren fast alle bei ihren alten
Stühlen geblieben und hatten zu thun, bis 1862 der
Absatz nach Amerika in's Stocken kam. Der Lohn
wurde gedrückt; ein gewöhnlicher Strumpfwirker ver-
diente nicht mehr als 25--30 Sgr. in der Woche,
wobei die Hülfe von Frau und Kindern zum Nähen
und Spulen noch eingerechnet werden mußte. Selbst
auf breiten Stühlen und mit besser lohnenden Artikeln
konnte es ein fleißiger Wirker kaum auf 2 Thlr. die
Woche bringen, während beim Eisenbahnbau 15 Gr.
täglich bezahlt wurden. Die folgende Uebersicht der
Stühle des Kammerbezirks Chemnitz zeigt die Stockung,

39 *

Die techniſchen Fortſchritte in der Strumpfwirkerei.
Endlich exiſtiren jetzt auch breite mechaniſche Stühle,
deren einer etwa 1000 Thaler koſtet. Die anderen
Stühle können alle auch mit der Hand bewegt werden.

Die erſten engliſchen und franzöſiſchen Rundſtühle
wurden in Sachſen 1851 (nach einer anderen Angabe
1852) eingeführt. Die Fortſchritte gingen aber langſam.
Im Jahre 1861 hatten erſt 12 Etabliſſements ſolche
verbeſſerte Stühle durch mechaniſche Kraft betrieben,
34 hatten ſolche, aber von Arbeitern bewegt. Man
zählte damals in ganz Sachſen:

[Tabelle]

Das größte Etabliſſement hatte allein 1600 eng-
liſche Köpfe und 60 franzöſiſche Rundſtühle. Die
kleinen Strumpfwirker waren faſt alle bei ihren alten
Stühlen geblieben und hatten zu thun, bis 1862 der
Abſatz nach Amerika in’s Stocken kam. Der Lohn
wurde gedrückt; ein gewöhnlicher Strumpfwirker ver-
diente nicht mehr als 25—30 Sgr. in der Woche,
wobei die Hülfe von Frau und Kindern zum Nähen
und Spulen noch eingerechnet werden mußte. Selbſt
auf breiten Stühlen und mit beſſer lohnenden Artikeln
konnte es ein fleißiger Wirker kaum auf 2 Thlr. die
Woche bringen, während beim Eiſenbahnbau 15 Gr.
täglich bezahlt wurden. Die folgende Ueberſicht der
Stühle des Kammerbezirks Chemnitz zeigt die Stockung,

39 *
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[611/0633] Die techniſchen Fortſchritte in der Strumpfwirkerei. Endlich exiſtiren jetzt auch breite mechaniſche Stühle, deren einer etwa 1000 Thaler koſtet. Die anderen Stühle können alle auch mit der Hand bewegt werden. Die erſten engliſchen und franzöſiſchen Rundſtühle wurden in Sachſen 1851 (nach einer anderen Angabe 1852) eingeführt. Die Fortſchritte gingen aber langſam. Im Jahre 1861 hatten erſt 12 Etabliſſements ſolche verbeſſerte Stühle durch mechaniſche Kraft betrieben, 34 hatten ſolche, aber von Arbeitern bewegt. Man zählte damals in ganz Sachſen: Das größte Etabliſſement hatte allein 1600 eng- liſche Köpfe und 60 franzöſiſche Rundſtühle. Die kleinen Strumpfwirker waren faſt alle bei ihren alten Stühlen geblieben und hatten zu thun, bis 1862 der Abſatz nach Amerika in’s Stocken kam. Der Lohn wurde gedrückt; ein gewöhnlicher Strumpfwirker ver- diente nicht mehr als 25—30 Sgr. in der Woche, wobei die Hülfe von Frau und Kindern zum Nähen und Spulen noch eingerechnet werden mußte. Selbſt auf breiten Stühlen und mit beſſer lohnenden Artikeln konnte es ein fleißiger Wirker kaum auf 2 Thlr. die Woche bringen, während beim Eiſenbahnbau 15 Gr. täglich bezahlt wurden. Die folgende Ueberſicht der Stühle des Kammerbezirks Chemnitz zeigt die Stockung, 39 *

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 611. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/633>, abgerufen am 18.05.2024.