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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
Zustand nie, da er gegen die Natur der Dinge
streitet. Ueber kurz oder lang macht die Maschine
ihr Uebergewicht geltend und reißt ihr natürliches
Recht an sich."

Und so war es natürlich; der Rückschlag begann
schon etwas 1858, vollends 1862 mit der Baumwoll-
krisis und dem gestörten Export nach Amerika. Die
Anfang der sechsziger Jahre in den amtlichen Kreis-
beschreibungen erhobenen Löhne,1 waren täglich 4--5 Gr.
in Hirschberg, 3--4 Gr. in Glatz (Regierungsbezirk
Breslau), 51/2--6 Gr. in Kösfeld (Westfalen). Zahl-
reich gingen nun auch die Kattun- und Nesselweber
zu andern Gewerben, zur gemeinen Tagelohnarbeit
über.2 Die Konkurrenz der Maschinenarbeit zeigte
sich jetzt natürlich mehr als je, sowohl in andern Län-
dern, als im Zollverein selbst. Berechnete Mährlen
doch schon 1858, daß durchschnittlich der Maschinenstuhl
von den in Württemberg fabrizirten Geweben die Elle
zu 9 Kr., der Handstuhl aber die Elle zu 14 Kr.
liefert.3

In Großbritannien hatte man schon 1835-109626
Powerlooms für Baumwollartikel gezählt, 1856 betrug
ihre Zahl gegen 300000. Die Weberei hat sich kon-
zentrirt wie die Spinnerei; meist ist dort Spinnerei und
Weberei nicht ohne Vortheil in denselben Etablissements

1 Zeitschrift des preuß. stat. Bür. IV, 128.
2 Jahrb. für die amtl. Stat. II, 346. Viebahn III, 926.
3 Mährlen, Darstellung und Verarbeitung der Gespinuste
S. 87.

Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
Zuſtand nie, da er gegen die Natur der Dinge
ſtreitet. Ueber kurz oder lang macht die Maſchine
ihr Uebergewicht geltend und reißt ihr natürliches
Recht an ſich.“

Und ſo war es natürlich; der Rückſchlag begann
ſchon etwas 1858, vollends 1862 mit der Baumwoll-
kriſis und dem geſtörten Export nach Amerika. Die
Anfang der ſechsziger Jahre in den amtlichen Kreis-
beſchreibungen erhobenen Löhne,1 waren täglich 4—5 Gr.
in Hirſchberg, 3—4 Gr. in Glatz (Regierungsbezirk
Breslau), 5½—6 Gr. in Kösfeld (Weſtfalen). Zahl-
reich gingen nun auch die Kattun- und Neſſelweber
zu andern Gewerben, zur gemeinen Tagelohnarbeit
über.2 Die Konkurrenz der Maſchinenarbeit zeigte
ſich jetzt natürlich mehr als je, ſowohl in andern Län-
dern, als im Zollverein ſelbſt. Berechnete Mährlen
doch ſchon 1858, daß durchſchnittlich der Maſchinenſtuhl
von den in Württemberg fabrizirten Geweben die Elle
zu 9 Kr., der Handſtuhl aber die Elle zu 14 Kr.
liefert.3

In Großbritannien hatte man ſchon 1835‒109626
Powerlooms für Baumwollartikel gezählt, 1856 betrug
ihre Zahl gegen 300000. Die Weberei hat ſich kon-
zentrirt wie die Spinnerei; meiſt iſt dort Spinnerei und
Weberei nicht ohne Vortheil in denſelben Etabliſſements

1 Zeitſchrift des preuß. ſtat. Bür. IV, 128.
2 Jahrb. für die amtl. Stat. II, 346. Viebahn III, 926.
3 Mährlen, Darſtellung und Verarbeitung der Geſpinuſte
S. 87.
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[568/0590] Die Umbildung einzelner Gewerbszweige. Zuſtand nie, da er gegen die Natur der Dinge ſtreitet. Ueber kurz oder lang macht die Maſchine ihr Uebergewicht geltend und reißt ihr natürliches Recht an ſich.“ Und ſo war es natürlich; der Rückſchlag begann ſchon etwas 1858, vollends 1862 mit der Baumwoll- kriſis und dem geſtörten Export nach Amerika. Die Anfang der ſechsziger Jahre in den amtlichen Kreis- beſchreibungen erhobenen Löhne, 1 waren täglich 4—5 Gr. in Hirſchberg, 3—4 Gr. in Glatz (Regierungsbezirk Breslau), 5½—6 Gr. in Kösfeld (Weſtfalen). Zahl- reich gingen nun auch die Kattun- und Neſſelweber zu andern Gewerben, zur gemeinen Tagelohnarbeit über. 2 Die Konkurrenz der Maſchinenarbeit zeigte ſich jetzt natürlich mehr als je, ſowohl in andern Län- dern, als im Zollverein ſelbſt. Berechnete Mährlen doch ſchon 1858, daß durchſchnittlich der Maſchinenſtuhl von den in Württemberg fabrizirten Geweben die Elle zu 9 Kr., der Handſtuhl aber die Elle zu 14 Kr. liefert. 3 In Großbritannien hatte man ſchon 1835‒109626 Powerlooms für Baumwollartikel gezählt, 1856 betrug ihre Zahl gegen 300000. Die Weberei hat ſich kon- zentrirt wie die Spinnerei; meiſt iſt dort Spinnerei und Weberei nicht ohne Vortheil in denſelben Etabliſſements 1 Zeitſchrift des preuß. ſtat. Bür. IV, 128. 2 Jahrb. für die amtl. Stat. II, 346. Viebahn III, 926. 3 Mährlen, Darſtellung und Verarbeitung der Geſpinuſte S. 87.

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 568. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/590>, abgerufen am 18.05.2024.