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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die schlechte Lage des Handwebers.
konnte der Lohn nicht höher sein, als in der Leine-
weberei; auch alle die übrigen traurigen Folgen, die
betrügerischen Geschäftsgewohnheiten, das niedrige geistige
Niveau, der Volkscharakter dieser Bevölkerung, wenn
ich so sagen darf, übertrug sich von der Leine- auf die
Baumwollweberei.

Von Anfang der dreißiger Jahre bis 1836 und 37
erfolgte die große Zunahme der Baumwollindustrie, die
Löhne besserten sich etwas. Dann folgte der Rückschlag
von 1837--41; in Manchester standen damals ja 1000
Häuser leer, über 10000 Familien waren brotlos, in
ganz Lancashire etwa 400000 Menschen ohne Beschäf-
tigung.1 Der sächsische und schlesische Kattunweber war
1840 zufrieden, wenn sich sein Wochenverdienst einem
Thaler näherte, und Wiek, der dies mittheilt, meint
damals, die Maschinenweberei werde wohl nie in
Deutschland sich ausbreiten, denn die Dinge lägen in
England, wo die Maschinen jetzt zunähmen, total
anders, der einfache Handweber erhalte dort min-
destens wöchentlich 4 Thaler.2

In Chemnitz,3 einem der Hauptsitze der deutschen
Baumwollweberei, hatte man bisher fast nur einfache
Kattune gefertigt. Als der Lohn hierfür immer spär-
licher wurde, ging man zu den Ginghams, den Bunt-
waaren über. Die Ginghams -- sagt der Bericht-

1 Grothe a. a. O. D. V. T. Sch. 1864. Heft 2. S. 111.
2 Wiek, industrielle Zustände Sachsens S. 29.
3 Siehe die eingehende Geschichte der Chemnitzer Gewebe-
industrie im Handelskammerbericht für 1863, S. 91 ff.

Die ſchlechte Lage des Handwebers.
konnte der Lohn nicht höher ſein, als in der Leine-
weberei; auch alle die übrigen traurigen Folgen, die
betrügeriſchen Geſchäftsgewohnheiten, das niedrige geiſtige
Niveau, der Volkscharakter dieſer Bevölkerung, wenn
ich ſo ſagen darf, übertrug ſich von der Leine- auf die
Baumwollweberei.

Von Anfang der dreißiger Jahre bis 1836 und 37
erfolgte die große Zunahme der Baumwollinduſtrie, die
Löhne beſſerten ſich etwas. Dann folgte der Rückſchlag
von 1837—41; in Mancheſter ſtanden damals ja 1000
Häuſer leer, über 10000 Familien waren brotlos, in
ganz Lancaſhire etwa 400000 Menſchen ohne Beſchäf-
tigung.1 Der ſächſiſche und ſchleſiſche Kattunweber war
1840 zufrieden, wenn ſich ſein Wochenverdienſt einem
Thaler näherte, und Wiek, der dies mittheilt, meint
damals, die Maſchinenweberei werde wohl nie in
Deutſchland ſich ausbreiten, denn die Dinge lägen in
England, wo die Maſchinen jetzt zunähmen, total
anders, der einfache Handweber erhalte dort min-
deſtens wöchentlich 4 Thaler.2

In Chemnitz,3 einem der Hauptſitze der deutſchen
Baumwollweberei, hatte man bisher faſt nur einfache
Kattune gefertigt. Als der Lohn hierfür immer ſpär-
licher wurde, ging man zu den Ginghams, den Bunt-
waaren über. Die Ginghams — ſagt der Bericht-

1 Grothe a. a. O. D. V. T. Sch. 1864. Heft 2. S. 111.
2 Wiek, induſtrielle Zuſtände Sachſens S. 29.
3 Siehe die eingehende Geſchichte der Chemnitzer Gewebe-
induſtrie im Handelskammerbericht für 1863, S. 91 ff.
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[565/0587] Die ſchlechte Lage des Handwebers. konnte der Lohn nicht höher ſein, als in der Leine- weberei; auch alle die übrigen traurigen Folgen, die betrügeriſchen Geſchäftsgewohnheiten, das niedrige geiſtige Niveau, der Volkscharakter dieſer Bevölkerung, wenn ich ſo ſagen darf, übertrug ſich von der Leine- auf die Baumwollweberei. Von Anfang der dreißiger Jahre bis 1836 und 37 erfolgte die große Zunahme der Baumwollinduſtrie, die Löhne beſſerten ſich etwas. Dann folgte der Rückſchlag von 1837—41; in Mancheſter ſtanden damals ja 1000 Häuſer leer, über 10000 Familien waren brotlos, in ganz Lancaſhire etwa 400000 Menſchen ohne Beſchäf- tigung. 1 Der ſächſiſche und ſchleſiſche Kattunweber war 1840 zufrieden, wenn ſich ſein Wochenverdienſt einem Thaler näherte, und Wiek, der dies mittheilt, meint damals, die Maſchinenweberei werde wohl nie in Deutſchland ſich ausbreiten, denn die Dinge lägen in England, wo die Maſchinen jetzt zunähmen, total anders, der einfache Handweber erhalte dort min- deſtens wöchentlich 4 Thaler. 2 In Chemnitz, 3 einem der Hauptſitze der deutſchen Baumwollweberei, hatte man bisher faſt nur einfache Kattune gefertigt. Als der Lohn hierfür immer ſpär- licher wurde, ging man zu den Ginghams, den Bunt- waaren über. Die Ginghams — ſagt der Bericht- 1 Grothe a. a. O. D. V. T. Sch. 1864. Heft 2. S. 111. 2 Wiek, induſtrielle Zuſtände Sachſens S. 29. 3 Siehe die eingehende Geſchichte der Chemnitzer Gewebe- induſtrie im Handelskammerbericht für 1863, S. 91 ff.

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 565. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/587>, abgerufen am 23.11.2024.