Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
in welchen die Tuche verkauft wurden." Ebenso oft als
die Zunft übernahm die Stadt selbst solche Institute.
Der Name und das Siegel der Stadt garantirte in
weiter Ferne die Güte der Waare. In jeder Weise
bemühten sich die städtischen Behörden für das Gedeihen
solcher Gewerbe, auf welchen der Wohlstand der ganzen
Stadt ruhte.

Die territoriale Fürstenmacht trat im 17. und
18. Jahrhundert, als der Zunft- und Gemeindegeist
tief gesunken, einer selbständigen gesunden Aktion nicht
mehr fähig war, nur das Erbe des früheren städtischen
Regiments an, wenn sie nun diese Funktionen übernahm,
wenn sie durch ihre Gewerbereglements, durch Legge-
stellen und Schauämter für die nothwendige gleichmäßige
Produktion der einzelnen kleinen Meister, wenn sie mit
staatlichen Mitteln für mancherlei gemeinsame Einrich-
tungen und Anstalten sorgte. Nach dem Stande der
Technik, nach der Bildung des damaligen deutschen
Handwerkerstandes, nach den vorhandenen Kapitalmitteln
war in vielen Zweigen eine blühende Industrie nur so
oder gar nicht möglich. Ohne diese Vermittlung, ohne
diese einheitliche Organisation war es nicht möglich,
damals in Deutschland Tausende von kleinen Unter-
nehmern zur Wohlhabenheit und zur Thätigkeit für den
Welthandel zu erziehen.1 Die Prohibitivmaßregeln,
die Aus- und Einfuhrverbote, welche in merkantilisti-
schem Sinne in Preußen und anderwärts erlassen

1 Vergl. oben S. 23 -- 46; über die Hausindustrie
hauptsächlich S. 44 -- 45.

Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
in welchen die Tuche verkauft wurden.“ Ebenſo oft als
die Zunft übernahm die Stadt ſelbſt ſolche Inſtitute.
Der Name und das Siegel der Stadt garantirte in
weiter Ferne die Güte der Waare. In jeder Weiſe
bemühten ſich die ſtädtiſchen Behörden für das Gedeihen
ſolcher Gewerbe, auf welchen der Wohlſtand der ganzen
Stadt ruhte.

Die territoriale Fürſtenmacht trat im 17. und
18. Jahrhundert, als der Zunft- und Gemeindegeiſt
tief geſunken, einer ſelbſtändigen geſunden Aktion nicht
mehr fähig war, nur das Erbe des früheren ſtädtiſchen
Regiments an, wenn ſie nun dieſe Funktionen übernahm,
wenn ſie durch ihre Gewerbereglements, durch Legge-
ſtellen und Schauämter für die nothwendige gleichmäßige
Produktion der einzelnen kleinen Meiſter, wenn ſie mit
ſtaatlichen Mitteln für mancherlei gemeinſame Einrich-
tungen und Anſtalten ſorgte. Nach dem Stande der
Technik, nach der Bildung des damaligen deutſchen
Handwerkerſtandes, nach den vorhandenen Kapitalmitteln
war in vielen Zweigen eine blühende Induſtrie nur ſo
oder gar nicht möglich. Ohne dieſe Vermittlung, ohne
dieſe einheitliche Organiſation war es nicht möglich,
damals in Deutſchland Tauſende von kleinen Unter-
nehmern zur Wohlhabenheit und zur Thätigkeit für den
Welthandel zu erziehen.1 Die Prohibitivmaßregeln,
die Aus- und Einfuhrverbote, welche in merkantiliſti-
ſchem Sinne in Preußen und anderwärts erlaſſen

1 Vergl. oben S. 23 — 46; über die Hausinduſtrie
hauptſächlich S. 44 — 45.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0560" n="538"/><fw place="top" type="header">Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.</fw><lb/>
in welchen die Tuche verkauft wurden.&#x201C; Eben&#x017F;o oft als<lb/>
die Zunft übernahm die Stadt &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;olche In&#x017F;titute.<lb/>
Der Name und das Siegel der Stadt garantirte in<lb/>
weiter Ferne die Güte der Waare. In jeder Wei&#x017F;e<lb/>
bemühten &#x017F;ich die &#x017F;tädti&#x017F;chen Behörden für das Gedeihen<lb/>
&#x017F;olcher Gewerbe, auf welchen der Wohl&#x017F;tand der ganzen<lb/>
Stadt ruhte.</p><lb/>
          <p>Die territoriale Für&#x017F;tenmacht trat im 17. und<lb/>
18. Jahrhundert, als der Zunft- und Gemeindegei&#x017F;t<lb/>
tief ge&#x017F;unken, einer &#x017F;elb&#x017F;tändigen ge&#x017F;unden Aktion nicht<lb/>
mehr fähig war, nur das Erbe des früheren &#x017F;tädti&#x017F;chen<lb/>
Regiments an, wenn &#x017F;ie nun die&#x017F;e Funktionen übernahm,<lb/>
wenn &#x017F;ie durch ihre Gewerbereglements, durch Legge-<lb/>
&#x017F;tellen und Schauämter für die nothwendige gleichmäßige<lb/>
Produktion der einzelnen kleinen Mei&#x017F;ter, wenn &#x017F;ie mit<lb/>
&#x017F;taatlichen Mitteln für mancherlei gemein&#x017F;ame Einrich-<lb/>
tungen und An&#x017F;talten &#x017F;orgte. Nach dem Stande der<lb/>
Technik, nach der Bildung des damaligen deut&#x017F;chen<lb/>
Handwerker&#x017F;tandes, nach den vorhandenen Kapitalmitteln<lb/>
war in vielen Zweigen eine blühende Indu&#x017F;trie nur &#x017F;o<lb/>
oder gar nicht möglich. Ohne die&#x017F;e Vermittlung, ohne<lb/>
die&#x017F;e einheitliche Organi&#x017F;ation war es nicht möglich,<lb/>
damals in Deut&#x017F;chland Tau&#x017F;ende von kleinen Unter-<lb/>
nehmern zur Wohlhabenheit und zur Thätigkeit für den<lb/>
Welthandel zu erziehen.<note place="foot" n="1">Vergl. oben S. 23 &#x2014; 46; über die Hausindu&#x017F;trie<lb/>
haupt&#x017F;ächlich S. 44 &#x2014; 45.</note> Die Prohibitivmaßregeln,<lb/>
die Aus- und Einfuhrverbote, welche in merkantili&#x017F;ti-<lb/>
&#x017F;chem Sinne in Preußen und anderwärts erla&#x017F;&#x017F;en<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[538/0560] Die Umbildung einzelner Gewerbszweige. in welchen die Tuche verkauft wurden.“ Ebenſo oft als die Zunft übernahm die Stadt ſelbſt ſolche Inſtitute. Der Name und das Siegel der Stadt garantirte in weiter Ferne die Güte der Waare. In jeder Weiſe bemühten ſich die ſtädtiſchen Behörden für das Gedeihen ſolcher Gewerbe, auf welchen der Wohlſtand der ganzen Stadt ruhte. Die territoriale Fürſtenmacht trat im 17. und 18. Jahrhundert, als der Zunft- und Gemeindegeiſt tief geſunken, einer ſelbſtändigen geſunden Aktion nicht mehr fähig war, nur das Erbe des früheren ſtädtiſchen Regiments an, wenn ſie nun dieſe Funktionen übernahm, wenn ſie durch ihre Gewerbereglements, durch Legge- ſtellen und Schauämter für die nothwendige gleichmäßige Produktion der einzelnen kleinen Meiſter, wenn ſie mit ſtaatlichen Mitteln für mancherlei gemeinſame Einrich- tungen und Anſtalten ſorgte. Nach dem Stande der Technik, nach der Bildung des damaligen deutſchen Handwerkerſtandes, nach den vorhandenen Kapitalmitteln war in vielen Zweigen eine blühende Induſtrie nur ſo oder gar nicht möglich. Ohne dieſe Vermittlung, ohne dieſe einheitliche Organiſation war es nicht möglich, damals in Deutſchland Tauſende von kleinen Unter- nehmern zur Wohlhabenheit und zur Thätigkeit für den Welthandel zu erziehen. 1 Die Prohibitivmaßregeln, die Aus- und Einfuhrverbote, welche in merkantiliſti- ſchem Sinne in Preußen und anderwärts erlaſſen 1 Vergl. oben S. 23 — 46; über die Hausinduſtrie hauptſächlich S. 44 — 45.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/560
Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 538. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/560>, abgerufen am 18.05.2024.