schaftlich gebraucht und gruppirt, andere sichere Nach- richten heranzieht, um die Schlüsse und Konjekturen zu stützen.
Gehen wir nun aber zur Sache selbst über und zunächst zur Frage, in wie weit sich die häusliche Weberei als Nebenbeschäftigung bis jetzt erhalten hat.
Die häusliche Weberei steht eigentlich bis in die neueste Zeit nicht in direkter Konkurrenz mit der gewerbs- mäßigen. Wo der Bauer, der ländliche Handwerker und Tagelöhner die paar Thaler für einen Stuhl erschwingen kann, wo die Beschäftigung traditionell seit Jahrhunderten besteht, sich naturgemäß anschließt an die eigene Produktion von Wolle und Flachs, da macht man keine Ansprüche an eine technisch vollendete Waare. Da wird das Bedürfniß der Kleidung am billigsten und passendsten auf diese Weise befriedigt, so lange die Zeit und die Arbeitskräfte dazu vorhanden sind, im Winter unbenutzt blieben ohne diese Nebenbeschäftigung. Der mangelnde Verkehr und Handel in früherer Zeit machte die Thätigkeit nothwendiger; aber sie dauert auch noch fort, lange nachdem der Bauer in den Läden der näch- sten Stadt, auf Wochen- und Jahrmärkten einkaufen könnte.
In Preußen, Posen, Pommern werden auch heute noch die Wollgewebe, welche das Landvolk trägt, theil- weise so gefertigt. 1 Wollstühle als Nebenbeschäftigung gehend gab es im ganzen Staate 1831 - 2693, 1840
1 Vergl. oben S. 177 und J. G. Hoffmann, Bevölkerung des preuß. Staates S. 159.
Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
ſchaftlich gebraucht und gruppirt, andere ſichere Nach- richten heranzieht, um die Schlüſſe und Konjekturen zu ſtützen.
Gehen wir nun aber zur Sache ſelbſt über und zunächſt zur Frage, in wie weit ſich die häusliche Weberei als Nebenbeſchäftigung bis jetzt erhalten hat.
Die häusliche Weberei ſteht eigentlich bis in die neueſte Zeit nicht in direkter Konkurrenz mit der gewerbs- mäßigen. Wo der Bauer, der ländliche Handwerker und Tagelöhner die paar Thaler für einen Stuhl erſchwingen kann, wo die Beſchäftigung traditionell ſeit Jahrhunderten beſteht, ſich naturgemäß anſchließt an die eigene Produktion von Wolle und Flachs, da macht man keine Anſprüche an eine techniſch vollendete Waare. Da wird das Bedürfniß der Kleidung am billigſten und paſſendſten auf dieſe Weiſe befriedigt, ſo lange die Zeit und die Arbeitskräfte dazu vorhanden ſind, im Winter unbenutzt blieben ohne dieſe Nebenbeſchäftigung. Der mangelnde Verkehr und Handel in früherer Zeit machte die Thätigkeit nothwendiger; aber ſie dauert auch noch fort, lange nachdem der Bauer in den Läden der näch- ſten Stadt, auf Wochen- und Jahrmärkten einkaufen könnte.
In Preußen, Poſen, Pommern werden auch heute noch die Wollgewebe, welche das Landvolk trägt, theil- weiſe ſo gefertigt. 1 Wollſtühle als Nebenbeſchäftigung gehend gab es im ganzen Staate 1831 ‒ 2693, 1840
1 Vergl. oben S. 177 und J. G. Hoffmann, Bevölkerung des preuß. Staates S. 159.
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[504/0526]
Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
ſchaftlich gebraucht und gruppirt, andere ſichere Nach-
richten heranzieht, um die Schlüſſe und Konjekturen
zu ſtützen.
Gehen wir nun aber zur Sache ſelbſt über und
zunächſt zur Frage, in wie weit ſich die häusliche
Weberei als Nebenbeſchäftigung bis jetzt erhalten hat.
Die häusliche Weberei ſteht eigentlich bis in die
neueſte Zeit nicht in direkter Konkurrenz mit der gewerbs-
mäßigen. Wo der Bauer, der ländliche Handwerker
und Tagelöhner die paar Thaler für einen Stuhl
erſchwingen kann, wo die Beſchäftigung traditionell ſeit
Jahrhunderten beſteht, ſich naturgemäß anſchließt an
die eigene Produktion von Wolle und Flachs, da macht
man keine Anſprüche an eine techniſch vollendete Waare.
Da wird das Bedürfniß der Kleidung am billigſten und
paſſendſten auf dieſe Weiſe befriedigt, ſo lange die Zeit
und die Arbeitskräfte dazu vorhanden ſind, im Winter
unbenutzt blieben ohne dieſe Nebenbeſchäftigung. Der
mangelnde Verkehr und Handel in früherer Zeit machte
die Thätigkeit nothwendiger; aber ſie dauert auch noch
fort, lange nachdem der Bauer in den Läden der näch-
ſten Stadt, auf Wochen- und Jahrmärkten einkaufen
könnte.
In Preußen, Poſen, Pommern werden auch heute
noch die Wollgewebe, welche das Landvolk trägt, theil-
weiſe ſo gefertigt. 1 Wollſtühle als Nebenbeſchäftigung
gehend gab es im ganzen Staate 1831 ‒ 2693, 1840
1 Vergl. oben S. 177 und J. G. Hoffmann, Bevölkerung
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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/526>, abgerufen am 22.11.2024.
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