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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Stadt und Land in alter und neuer Zeit.
Kleinstädte, die allerdings den gewerblichen und Ver-
waltungsmittelpunkt für eine Anzahl Dörfer und Herr-
schaften bilden, die aber keinen durchaus gewerblichen
Charakter haben, manchen Bauern in ihren Mauern
bergen, wenn sie nicht gar fast ausschließliche Ackerstädte
sind. Manche früher stolze Stadt war ganz zum Dorfe
herabgesunken, führte aber die stolzen städtischen Titel
gleichmäßig fort.

Diese Verhältnisse erstrecken ihre Wirkung bis auf
den heutigen Tag. Der Begriff einer Stadt in Preußen
ist auch heute noch, wie ich oben schon erwähnte, keiner,
der eine gewisse Größe, einen ausschließlich gewerblichen
Charakter bezeichnete; es läßt sich nur soviel sagen, daß
von den 1000 gegenwärtig in Altpreußen existirenden
Städten 3/4 etwa über 1500, nur wenige unter 600
Einwohner haben, daß es dagegen nicht sehr viele Dörfer
geben wird, die über 600--800 Einwohner haben.

Ich mußte diese theilweise schon oben gemachten
Bemerkungen wiederholen, um zu zeigen, daß eine Auf-
nahme des Handwerks nach Stadt und Land die wirth-
schaftlichen Gegensätze, an die man dabei denkt, nur
ungefähr trifft. Unter den Städten sind manche
Orte rein landwirthschaftlichen Charakters, unter den
Dörfern manche gewerbetreibende Orte. Und bis auf
einen gewissen Grad war das schon im vorigen Jahr-
hundert so, besonders wo Bergbau, Weberei, Spinnerei
und andere Industrien sich übers platte Land ausdehnten.
Privilegien, Konzessionen aller Art hatten den Städte-
zwang durchlöchert. Da und dort hatte sich schon da-
mals das platte Land als vorzugsweise geeignet zu

Stadt und Land in alter und neuer Zeit.
Kleinſtädte, die allerdings den gewerblichen und Ver-
waltungsmittelpunkt für eine Anzahl Dörfer und Herr-
ſchaften bilden, die aber keinen durchaus gewerblichen
Charakter haben, manchen Bauern in ihren Mauern
bergen, wenn ſie nicht gar faſt ausſchließliche Ackerſtädte
ſind. Manche früher ſtolze Stadt war ganz zum Dorfe
herabgeſunken, führte aber die ſtolzen ſtädtiſchen Titel
gleichmäßig fort.

Dieſe Verhältniſſe erſtrecken ihre Wirkung bis auf
den heutigen Tag. Der Begriff einer Stadt in Preußen
iſt auch heute noch, wie ich oben ſchon erwähnte, keiner,
der eine gewiſſe Größe, einen ausſchließlich gewerblichen
Charakter bezeichnete; es läßt ſich nur ſoviel ſagen, daß
von den 1000 gegenwärtig in Altpreußen exiſtirenden
Städten ¾ etwa über 1500, nur wenige unter 600
Einwohner haben, daß es dagegen nicht ſehr viele Dörfer
geben wird, die über 600—800 Einwohner haben.

Ich mußte dieſe theilweiſe ſchon oben gemachten
Bemerkungen wiederholen, um zu zeigen, daß eine Auf-
nahme des Handwerks nach Stadt und Land die wirth-
ſchaftlichen Gegenſätze, an die man dabei denkt, nur
ungefähr trifft. Unter den Städten ſind manche
Orte rein landwirthſchaftlichen Charakters, unter den
Dörfern manche gewerbetreibende Orte. Und bis auf
einen gewiſſen Grad war das ſchon im vorigen Jahr-
hundert ſo, beſonders wo Bergbau, Weberei, Spinnerei
und andere Induſtrien ſich übers platte Land ausdehnten.
Privilegien, Konzeſſionen aller Art hatten den Städte-
zwang durchlöchert. Da und dort hatte ſich ſchon da-
mals das platte Land als vorzugsweiſe geeignet zu

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[261/0283] Stadt und Land in alter und neuer Zeit. Kleinſtädte, die allerdings den gewerblichen und Ver- waltungsmittelpunkt für eine Anzahl Dörfer und Herr- ſchaften bilden, die aber keinen durchaus gewerblichen Charakter haben, manchen Bauern in ihren Mauern bergen, wenn ſie nicht gar faſt ausſchließliche Ackerſtädte ſind. Manche früher ſtolze Stadt war ganz zum Dorfe herabgeſunken, führte aber die ſtolzen ſtädtiſchen Titel gleichmäßig fort. Dieſe Verhältniſſe erſtrecken ihre Wirkung bis auf den heutigen Tag. Der Begriff einer Stadt in Preußen iſt auch heute noch, wie ich oben ſchon erwähnte, keiner, der eine gewiſſe Größe, einen ausſchließlich gewerblichen Charakter bezeichnete; es läßt ſich nur ſoviel ſagen, daß von den 1000 gegenwärtig in Altpreußen exiſtirenden Städten ¾ etwa über 1500, nur wenige unter 600 Einwohner haben, daß es dagegen nicht ſehr viele Dörfer geben wird, die über 600—800 Einwohner haben. Ich mußte dieſe theilweiſe ſchon oben gemachten Bemerkungen wiederholen, um zu zeigen, daß eine Auf- nahme des Handwerks nach Stadt und Land die wirth- ſchaftlichen Gegenſätze, an die man dabei denkt, nur ungefähr trifft. Unter den Städten ſind manche Orte rein landwirthſchaftlichen Charakters, unter den Dörfern manche gewerbetreibende Orte. Und bis auf einen gewiſſen Grad war das ſchon im vorigen Jahr- hundert ſo, beſonders wo Bergbau, Weberei, Spinnerei und andere Induſtrien ſich übers platte Land ausdehnten. Privilegien, Konzeſſionen aller Art hatten den Städte- zwang durchlöchert. Da und dort hatte ſich ſchon da- mals das platte Land als vorzugsweiſe geeignet zu

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/283>, abgerufen am 24.11.2024.