jener Klasse, oft gar einzelner Personen verfolgen, doch immer sich den Anschein geben, als sei ihre egoistische Interessentenpolemik ein Ergebniß der Wissen- schaft oder wenigstens durchaus im Einklang mit der allgemeinen Wohlfahrt, mit dem Staatsinteresse.
Eine unbefangene Forschung, welche sich bemüht, frei von allen Schultheorien und Interessen, nur von den Dingen selbst auszugehen, wird das Meiste unter anderem Gesichtswinkel sehen, als der Parteimann und als der Klasseninteressent; sie wird Irrthümer einer- seits, berechtigte Momente andererseits auf beiden Seiten sehen und muß dieß, will sie anders ehrlich verfahren, offen aussprechen. Die politischen Parteien und die wirthschaftlichen Klassen als solche werden da- durch nicht befriedigt werden; ja man läuft Gefahr, alle vor den Kopf zu stoßen, ohne eine zu befriedigen. Die Wissenschaft kann sich darüber nicht grämen. Sie hat nicht den Parteien zu dienen, sondern über ihnen zu stehen, sie hat nur einen Zweck, den -- ehrlich und mit Anstrengung aller ihrer Mittel nach Wahr- heit zu streben.
Auch nur auf einem solchen Standpunkt wird es gelingen, was man so oft verlangt hat, so oft an- strebt, über die Theorien Adam Smith's wahrhaft hinauszukommen -- hinauszukommen nicht durch all- gemeine Deklamationen, durch unwahre Anpreisungen vergangener Zeiten und überlebter Institutionen, son- dern durch die exakte Forschung, welche, die einzelnen Gebiete nach einander durch emsige Arbeit klarlegend, den großen Gedanken des Zusammenhangs aller
Vorrede.
jener Klaſſe, oft gar einzelner Perſonen verfolgen, doch immer ſich den Anſchein geben, als ſei ihre egoiſtiſche Intereſſentenpolemik ein Ergebniß der Wiſſen- ſchaft oder wenigſtens durchaus im Einklang mit der allgemeinen Wohlfahrt, mit dem Staatsintereſſe.
Eine unbefangene Forſchung, welche ſich bemüht, frei von allen Schultheorien und Intereſſen, nur von den Dingen ſelbſt auszugehen, wird das Meiſte unter anderem Geſichtswinkel ſehen, als der Parteimann und als der Klaſſenintereſſent; ſie wird Irrthümer einer- ſeits, berechtigte Momente andererſeits auf beiden Seiten ſehen und muß dieß, will ſie anders ehrlich verfahren, offen ausſprechen. Die politiſchen Parteien und die wirthſchaftlichen Klaſſen als ſolche werden da- durch nicht befriedigt werden; ja man läuft Gefahr, alle vor den Kopf zu ſtoßen, ohne eine zu befriedigen. Die Wiſſenſchaft kann ſich darüber nicht grämen. Sie hat nicht den Parteien zu dienen, ſondern über ihnen zu ſtehen, ſie hat nur einen Zweck, den — ehrlich und mit Anſtrengung aller ihrer Mittel nach Wahr- heit zu ſtreben.
Auch nur auf einem ſolchen Standpunkt wird es gelingen, was man ſo oft verlangt hat, ſo oft an- ſtrebt, über die Theorien Adam Smith’s wahrhaft hinauszukommen — hinauszukommen nicht durch all- gemeine Deklamationen, durch unwahre Anpreiſungen vergangener Zeiten und überlebter Inſtitutionen, ſon- dern durch die exakte Forſchung, welche, die einzelnen Gebiete nach einander durch emſige Arbeit klarlegend, den großen Gedanken des Zuſammenhangs aller
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[XII/0018]
Vorrede.
jener Klaſſe, oft gar einzelner Perſonen verfolgen,
doch immer ſich den Anſchein geben, als ſei ihre
egoiſtiſche Intereſſentenpolemik ein Ergebniß der Wiſſen-
ſchaft oder wenigſtens durchaus im Einklang mit der
allgemeinen Wohlfahrt, mit dem Staatsintereſſe.
Eine unbefangene Forſchung, welche ſich bemüht,
frei von allen Schultheorien und Intereſſen, nur von
den Dingen ſelbſt auszugehen, wird das Meiſte unter
anderem Geſichtswinkel ſehen, als der Parteimann und
als der Klaſſenintereſſent; ſie wird Irrthümer einer-
ſeits, berechtigte Momente andererſeits auf beiden
Seiten ſehen und muß dieß, will ſie anders ehrlich
verfahren, offen ausſprechen. Die politiſchen Parteien
und die wirthſchaftlichen Klaſſen als ſolche werden da-
durch nicht befriedigt werden; ja man läuft Gefahr,
alle vor den Kopf zu ſtoßen, ohne eine zu befriedigen.
Die Wiſſenſchaft kann ſich darüber nicht grämen.
Sie hat nicht den Parteien zu dienen, ſondern über
ihnen zu ſtehen, ſie hat nur einen Zweck, den — ehrlich
und mit Anſtrengung aller ihrer Mittel nach Wahr-
heit zu ſtreben.
Auch nur auf einem ſolchen Standpunkt wird es
gelingen, was man ſo oft verlangt hat, ſo oft an-
ſtrebt, über die Theorien Adam Smith’s wahrhaft
hinauszukommen — hinauszukommen nicht durch all-
gemeine Deklamationen, durch unwahre Anpreiſungen
vergangener Zeiten und überlebter Inſtitutionen, ſon-
dern durch die exakte Forſchung, welche, die einzelnen
Gebiete nach einander durch emſige Arbeit klarlegend,
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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. XII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/18>, abgerufen am 23.11.2024.
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