Schmoller, Gustav: Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre. Bd. 1. Leipzig, 1900.Zweites Buch. Die gesellschaftliche Verfassung der Volkswirtschaft. Einfluß des Berufs und der Arbeitsteilung zu betonen gesucht. Zu abschließendenResultaten kann heute die Wissenschaft noch nicht kommen. Suchen wir den Stand unserer Erkenntnis objektiv wiederzugeben. Wir haben oben (S. 139--158) von den Ursachen der Entstehung von Rassen und Wenn die Rassen- und älteren Völkertypen durch Spaltung entstanden sind unter Zweites Buch. Die geſellſchaftliche Verfaſſung der Volkswirtſchaft. Einfluß des Berufs und der Arbeitsteilung zu betonen geſucht. Zu abſchließendenReſultaten kann heute die Wiſſenſchaft noch nicht kommen. Suchen wir den Stand unſerer Erkenntnis objektiv wiederzugeben. Wir haben oben (S. 139—158) von den Urſachen der Entſtehung von Raſſen und Wenn die Raſſen- und älteren Völkertypen durch Spaltung entſtanden ſind unter <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0412" n="396"/><fw place="top" type="header">Zweites Buch. Die geſellſchaftliche Verfaſſung der Volkswirtſchaft.</fw><lb/> Einfluß des Berufs und der Arbeitsteilung zu betonen geſucht. Zu abſchließenden<lb/> Reſultaten kann heute die Wiſſenſchaft noch nicht kommen. Suchen wir den Stand<lb/> unſerer Erkenntnis objektiv wiederzugeben.</p><lb/> <p>Wir haben oben (S. 139—158) von den Urſachen der Entſtehung von Raſſen und<lb/> Völkern, von dem Problem der Vererbung der Eigenſchaften und deren Abwandlung durch<lb/> Variabilität geſprochen, haben geſehen, daß der Typus der Raſſen und Völker ſich erblich<lb/> durch Jahrhunderte hindurch erhalte. Wo Raſſen und Völker durcheinander wohnen und<lb/> ſich noch nicht durch ſehr lange Blutsmiſchungen ausgeglichen haben, da zeigt uns die<lb/> Geſchichte aller Zeiten, daß die höheren und die unteren Klaſſen dem höheren und dem<lb/> niedrigeren Raſſentypus entſprechen. Freilich meiſt ſo, daß die höhere Raſſe zugleich<lb/> zu beſtimmten Berufen (der Prieſter, Krieger, Händler) hinführte und Eigentums-<lb/> gegenſätze erzeugte. Es bleiben alſo auch hier immer Zweifel, was vom Brahmanen<lb/> auf ſeine Raſſe, was auf ſeinen Beruf, was vom weſteuropäiſchen Juden auf ſein<lb/> Semitentum, was auf ſeine Handelsthätigkeit, was auf ſeinen Beſitz zurückzuführen ſei.<lb/> Aber daß Raſſe und Volkstum für Jahrhunderte klaſſenbildend wirken, daß die ſchroffſten<lb/> Klaſſengegenſätze darauf zurückgehen, daß dieſe Einflüſſe gleichmäßig durch ungezählte<lb/> Generationen hindurch fortdauern, wird kein Unbefangener leugnen. Er wird aber weit<lb/> entfernt ſein, alle Klaſſengegenſätze allein hieraus erklären zu wollen, weil auch dem<lb/> Blute nach einheitliche Völker ſolche zeigen.</p><lb/> <p>Wenn die Raſſen- und älteren Völkertypen durch Spaltung entſtanden ſind unter<lb/> der Einwirkung verſchiedenen Klimas, verſchiedener Ernährung, verſchiedener Lebens- und<lb/> Arbeitsweiſe, wenn neue Völkertypen innerhalb der Raſſen teils durch die gleichen<lb/> Einflüſſe, teils durch fortgeſetzte Blutsmiſchung innerhalb beſtimmter abgeſonderter<lb/> Gruppen und durch eine nach beſtimmter Richtung ſich gleichmäßig fortſetzende Va-<lb/> riabilität (d. h. kleine Abweichungen je der folgenden von der älteren Generation)<lb/> entſtanden, ſo werden wir ſchließen können, daß die Berufs- und Arbeitsteilung<lb/> innerhalb der Völker zwar in abgeſchwächter, aber doch analoger Weiſe verſchiedene<lb/> erblich ſich fortſetzende Spielarten des Volkscharakters unter beſtimmten Bedingungen<lb/> ſchaffe. Man wird dabei betonen, daß die Einwirkung verſchiedenen Klimas nur<lb/> beſchränkt, durch den Gegenſatz von Gebirge und Ebene, durch verſchiedene Landesteile<lb/> in Betracht komme; auch daß dem Gegenſatz der Lebens- und Arbeitsweiſe andere<lb/> nivellierende Einflüſſe bis auf einen gewiſſen Grad entgegenwirken können: ſo die<lb/> Blutsmiſchung, wie ſie da und dort zwiſchen verſchiedenen Klaſſen ſtattfindet, ſo die<lb/> ſonſtigen Berührungen und Nachahmungen und die einheitlichen geiſtigen Einflüſſe,<lb/> ſoweit ſie vorhanden ſind. Aber dieſe Urſachen können fehlen oder ſehr ſchwach ſein;<lb/> ſie werden jedenfalls die Thatſache nicht aufheben, daß mit der zunehmenden Berufs-<lb/> und Arbeitsteilung zuerſt einzelne für beſtimmte Thätigkeiten und Berufe körperlich und<lb/> geiſtig Paſſende ſich ihnen zuwenden, daß in der Regel ihre Söhne dieſen Beruf fort-<lb/> ſetzen, daß dieſe überwiegend Weiber aus denſelben Kreiſen heiraten, daß die Lebens-<lb/> und Arbeitsweiſe ſo Körper und Geiſt der Individuen und Klaſſen beeinfluſſe, Nerven<lb/> und Muskeln, Gehirn und Knochen der ſpeciellen Thätigkeit anpaſſe. Es kommt dazu,<lb/> daß meiſt eine beſtimmte Art der Ernährung, der Erziehung, der Sitten und Gewohn-<lb/> heiten in dem betreffenden Kreiſe vorherrſcht und dazu beiträgt, den Typus zu<lb/> befeſtigen. Aus dieſen teils durch die Ausleſe der Perſonen, teils durch lange Anpaſſung<lb/> und Vererbung, teils durch Erziehung und Milieu geſchaffenen Zuſammenhängen ent-<lb/> ſpringen dann die übereinſtimmenden typiſchen Klaſſeneigenſchaften. Sie werden ſicherlich<lb/> da und dort ein ſehr verſchiedenes Maß von Feſtigkeit und Vererblichkeit haben, hier<lb/> einen klar fixierten, dort einen mehr ſchwankenden Typus von Perſonen erzeugen; das<lb/> muß je nach der Eigentümlichkeit des Berufes und der Arbeit, je nach Dauer der ver-<lb/> erblichen Einflüſſe, je nach den mitwirkenden ſonſtigen Bedingungen (der Ernährung,<lb/> der Erziehung, der Frauenzufuhr aus anderen Bezirken und Berufen ꝛc.) verſchieden<lb/> ſein. Aber nur Unkenntnis kann leugnen, daß der Hirtenſtab und der Pflug, das<lb/> Schwert und der Hammer, die Spindel und der Webſtuhl, die Nadel und der Hobel<lb/> nicht nur zeitlebens, ſondern durch Generationen in erblicher Weiſe geführt, beſtimmten<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [396/0412]
Zweites Buch. Die geſellſchaftliche Verfaſſung der Volkswirtſchaft.
Einfluß des Berufs und der Arbeitsteilung zu betonen geſucht. Zu abſchließenden
Reſultaten kann heute die Wiſſenſchaft noch nicht kommen. Suchen wir den Stand
unſerer Erkenntnis objektiv wiederzugeben.
Wir haben oben (S. 139—158) von den Urſachen der Entſtehung von Raſſen und
Völkern, von dem Problem der Vererbung der Eigenſchaften und deren Abwandlung durch
Variabilität geſprochen, haben geſehen, daß der Typus der Raſſen und Völker ſich erblich
durch Jahrhunderte hindurch erhalte. Wo Raſſen und Völker durcheinander wohnen und
ſich noch nicht durch ſehr lange Blutsmiſchungen ausgeglichen haben, da zeigt uns die
Geſchichte aller Zeiten, daß die höheren und die unteren Klaſſen dem höheren und dem
niedrigeren Raſſentypus entſprechen. Freilich meiſt ſo, daß die höhere Raſſe zugleich
zu beſtimmten Berufen (der Prieſter, Krieger, Händler) hinführte und Eigentums-
gegenſätze erzeugte. Es bleiben alſo auch hier immer Zweifel, was vom Brahmanen
auf ſeine Raſſe, was auf ſeinen Beruf, was vom weſteuropäiſchen Juden auf ſein
Semitentum, was auf ſeine Handelsthätigkeit, was auf ſeinen Beſitz zurückzuführen ſei.
Aber daß Raſſe und Volkstum für Jahrhunderte klaſſenbildend wirken, daß die ſchroffſten
Klaſſengegenſätze darauf zurückgehen, daß dieſe Einflüſſe gleichmäßig durch ungezählte
Generationen hindurch fortdauern, wird kein Unbefangener leugnen. Er wird aber weit
entfernt ſein, alle Klaſſengegenſätze allein hieraus erklären zu wollen, weil auch dem
Blute nach einheitliche Völker ſolche zeigen.
Wenn die Raſſen- und älteren Völkertypen durch Spaltung entſtanden ſind unter
der Einwirkung verſchiedenen Klimas, verſchiedener Ernährung, verſchiedener Lebens- und
Arbeitsweiſe, wenn neue Völkertypen innerhalb der Raſſen teils durch die gleichen
Einflüſſe, teils durch fortgeſetzte Blutsmiſchung innerhalb beſtimmter abgeſonderter
Gruppen und durch eine nach beſtimmter Richtung ſich gleichmäßig fortſetzende Va-
riabilität (d. h. kleine Abweichungen je der folgenden von der älteren Generation)
entſtanden, ſo werden wir ſchließen können, daß die Berufs- und Arbeitsteilung
innerhalb der Völker zwar in abgeſchwächter, aber doch analoger Weiſe verſchiedene
erblich ſich fortſetzende Spielarten des Volkscharakters unter beſtimmten Bedingungen
ſchaffe. Man wird dabei betonen, daß die Einwirkung verſchiedenen Klimas nur
beſchränkt, durch den Gegenſatz von Gebirge und Ebene, durch verſchiedene Landesteile
in Betracht komme; auch daß dem Gegenſatz der Lebens- und Arbeitsweiſe andere
nivellierende Einflüſſe bis auf einen gewiſſen Grad entgegenwirken können: ſo die
Blutsmiſchung, wie ſie da und dort zwiſchen verſchiedenen Klaſſen ſtattfindet, ſo die
ſonſtigen Berührungen und Nachahmungen und die einheitlichen geiſtigen Einflüſſe,
ſoweit ſie vorhanden ſind. Aber dieſe Urſachen können fehlen oder ſehr ſchwach ſein;
ſie werden jedenfalls die Thatſache nicht aufheben, daß mit der zunehmenden Berufs-
und Arbeitsteilung zuerſt einzelne für beſtimmte Thätigkeiten und Berufe körperlich und
geiſtig Paſſende ſich ihnen zuwenden, daß in der Regel ihre Söhne dieſen Beruf fort-
ſetzen, daß dieſe überwiegend Weiber aus denſelben Kreiſen heiraten, daß die Lebens-
und Arbeitsweiſe ſo Körper und Geiſt der Individuen und Klaſſen beeinfluſſe, Nerven
und Muskeln, Gehirn und Knochen der ſpeciellen Thätigkeit anpaſſe. Es kommt dazu,
daß meiſt eine beſtimmte Art der Ernährung, der Erziehung, der Sitten und Gewohn-
heiten in dem betreffenden Kreiſe vorherrſcht und dazu beiträgt, den Typus zu
befeſtigen. Aus dieſen teils durch die Ausleſe der Perſonen, teils durch lange Anpaſſung
und Vererbung, teils durch Erziehung und Milieu geſchaffenen Zuſammenhängen ent-
ſpringen dann die übereinſtimmenden typiſchen Klaſſeneigenſchaften. Sie werden ſicherlich
da und dort ein ſehr verſchiedenes Maß von Feſtigkeit und Vererblichkeit haben, hier
einen klar fixierten, dort einen mehr ſchwankenden Typus von Perſonen erzeugen; das
muß je nach der Eigentümlichkeit des Berufes und der Arbeit, je nach Dauer der ver-
erblichen Einflüſſe, je nach den mitwirkenden ſonſtigen Bedingungen (der Ernährung,
der Erziehung, der Frauenzufuhr aus anderen Bezirken und Berufen ꝛc.) verſchieden
ſein. Aber nur Unkenntnis kann leugnen, daß der Hirtenſtab und der Pflug, das
Schwert und der Hammer, die Spindel und der Webſtuhl, die Nadel und der Hobel
nicht nur zeitlebens, ſondern durch Generationen in erblicher Weiſe geführt, beſtimmten
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