Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmoller, Gustav: Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre. Bd. 1. Leipzig, 1900.

Bild:
<< vorherige Seite
Die heutige Bevölkerungsverteilung nach Wohnplätzen.

Kommen wir aber zur Sache und betrachten a) das Verhältnis der verschiedenen
Wohnplätze zur Fläche und Bevölkerungsdichtigkeit und die Größe der Dörfer, b) die
absolute und relative Verteilung der Bevölkerung nach Stadt und Land, sowie ihre
verschiedene Zunahme.

a) Die Länder mit dichter Bevölkerung sind im ganzen auch die städtereichen. In
Pommern kommt nach Franz auf 8, in Preußisch Sachsen auf 3, im Königreiche Sachsen
auf 2 Geviertmeilen eine Stadt, eine solche von über 10000 Seelen kommt nach Viebahn
im östlichen Preußen auf 75, im westlichen auf 36, in Sachsen auf 27 Geviertmeilen.
Nach der Reichsstatistik von 1875 kommt ein Ort von über 2000 Seelen in Ostpreußen
auf 534, in Pommern, Brandenburg, Posen auf 330, in Hannover auf 311, in Schlesien
auf 194, im Königreich Sachsen auf 97, am Rhein auf 78, in Bayern auf 466, in
Württemberg, Elsaß etc. auf 146 Geviertkilometer. Die Rheinprovinz ist dreimal so dicht
bevölkert wie Ostpreußen; dort wohnen von 100 Einwohnern 60, hier 23 in Orten
von über 2000 Seelen. Aber diese Regel hat doch viele Ausnahmen, weil natürliche
und historische Ursachen eine erhebliche Bevölkerungsdichtigkeit auch ohne intensive
Städteentwickelung erzeugen können. Horn berechnet für 1850, daß Preußen mit 28,
Belgien mit 25 % Städtebevölkerung 2213 und 8090 Seelen pro Geviertmeile hätten;
Schlesien und Sachsen haben etwa gleiche Bevölkerungsdichtigkeit, aber Sachsen erheblich
mehr Städte. Die wenig bevölkerten Gegenden haben vielfach das Hofsystem; die reich-
bevölkerten sind die der großen Dörfer. Im Jahre 1849--50 hatte eine Landgemeinde
in Holland 1744, im preußischen Staate 302 Seelen; im Regierungsbezirk Gumbinnen
151, in Düsseldorf 404 Seelen. Im Jahre 1875 zählte durchschnittlich Seelen:

[Tabelle]
Von den 37026 Landgemeinden des preußischen Staates haben 1875 fast 15000 unter
200 Seelen (darunter 3448 in Ostpreußen), etwa 14000 haben 2--500, 6000 500 bis
1000, der kleine Rest über 1000 Seelen gehabt.

b) Die wichtigste Bewegung der neueren Zeit ist die stärkere Zunahme der Städte,
wie sie uns in den absoluten und relativen Zahlen der Stadt- und Landbevölkerung
entgegentritt. Ich führe zunächst einige wichtige Zahlen an; die Bevölkerung ist in
Millionen ausgedrückt; als Städte sind für Deutschland und Frankreich die Orte über
2000, für die Vereinigten Staaten die über 8000 gezählt.

[Spaltenumbruch]
[Tabelle]
[Spaltenumbruch]
[Tabelle]
[Spaltenumbruch]
[Tabelle]
[Spaltenumbruch]
[Tabelle]

Wir sehen, daß die absolute ländliche Bevölkerung nur in Frankreich erheblich abnahm,
in den Vereinigten Staaten sogar stark zunahm, wie auch die schottischen Dörfer wuchsen,

Die heutige Bevölkerungsverteilung nach Wohnplätzen.

Kommen wir aber zur Sache und betrachten a) das Verhältnis der verſchiedenen
Wohnplätze zur Fläche und Bevölkerungsdichtigkeit und die Größe der Dörfer, b) die
abſolute und relative Verteilung der Bevölkerung nach Stadt und Land, ſowie ihre
verſchiedene Zunahme.

a) Die Länder mit dichter Bevölkerung ſind im ganzen auch die ſtädtereichen. In
Pommern kommt nach Franz auf 8, in Preußiſch Sachſen auf 3, im Königreiche Sachſen
auf 2 Geviertmeilen eine Stadt, eine ſolche von über 10000 Seelen kommt nach Viebahn
im öſtlichen Preußen auf 75, im weſtlichen auf 36, in Sachſen auf 27 Geviertmeilen.
Nach der Reichsſtatiſtik von 1875 kommt ein Ort von über 2000 Seelen in Oſtpreußen
auf 534, in Pommern, Brandenburg, Poſen auf 330, in Hannover auf 311, in Schleſien
auf 194, im Königreich Sachſen auf 97, am Rhein auf 78, in Bayern auf 466, in
Württemberg, Elſaß ꝛc. auf 146 Geviertkilometer. Die Rheinprovinz iſt dreimal ſo dicht
bevölkert wie Oſtpreußen; dort wohnen von 100 Einwohnern 60, hier 23 in Orten
von über 2000 Seelen. Aber dieſe Regel hat doch viele Ausnahmen, weil natürliche
und hiſtoriſche Urſachen eine erhebliche Bevölkerungsdichtigkeit auch ohne intenſive
Städteentwickelung erzeugen können. Horn berechnet für 1850, daß Preußen mit 28,
Belgien mit 25 % Städtebevölkerung 2213 und 8090 Seelen pro Geviertmeile hätten;
Schleſien und Sachſen haben etwa gleiche Bevölkerungsdichtigkeit, aber Sachſen erheblich
mehr Städte. Die wenig bevölkerten Gegenden haben vielfach das Hofſyſtem; die reich-
bevölkerten ſind die der großen Dörfer. Im Jahre 1849—50 hatte eine Landgemeinde
in Holland 1744, im preußiſchen Staate 302 Seelen; im Regierungsbezirk Gumbinnen
151, in Düſſeldorf 404 Seelen. Im Jahre 1875 zählte durchſchnittlich Seelen:

[Tabelle]
Von den 37026 Landgemeinden des preußiſchen Staates haben 1875 faſt 15000 unter
200 Seelen (darunter 3448 in Oſtpreußen), etwa 14000 haben 2—500, 6000 500 bis
1000, der kleine Reſt über 1000 Seelen gehabt.

b) Die wichtigſte Bewegung der neueren Zeit iſt die ſtärkere Zunahme der Städte,
wie ſie uns in den abſoluten und relativen Zahlen der Stadt- und Landbevölkerung
entgegentritt. Ich führe zunächſt einige wichtige Zahlen an; die Bevölkerung iſt in
Millionen ausgedrückt; als Städte ſind für Deutſchland und Frankreich die Orte über
2000, für die Vereinigten Staaten die über 8000 gezählt.

[Spaltenumbruch]
[Tabelle]
[Spaltenumbruch]
[Tabelle]
[Spaltenumbruch]
[Tabelle]
[Spaltenumbruch]
[Tabelle]

Wir ſehen, daß die abſolute ländliche Bevölkerung nur in Frankreich erheblich abnahm,
in den Vereinigten Staaten ſogar ſtark zunahm, wie auch die ſchottiſchen Dörfer wuchſen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0285" n="269"/>
          <fw place="top" type="header">Die heutige Bevölkerungsverteilung nach Wohnplätzen.</fw><lb/>
          <p>Kommen wir aber zur Sache und betrachten <hi rendition="#aq">a</hi>) das Verhältnis der ver&#x017F;chiedenen<lb/>
Wohnplätze zur Fläche und Bevölkerungsdichtigkeit und die Größe der Dörfer, <hi rendition="#aq">b</hi>) die<lb/>
ab&#x017F;olute und relative Verteilung der Bevölkerung nach Stadt und Land, &#x017F;owie ihre<lb/>
ver&#x017F;chiedene Zunahme.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">a</hi>) Die Länder mit dichter Bevölkerung &#x017F;ind im ganzen auch die &#x017F;tädtereichen. In<lb/>
Pommern kommt nach Franz auf 8, in Preußi&#x017F;ch Sach&#x017F;en auf 3, im Königreiche Sach&#x017F;en<lb/>
auf 2 Geviertmeilen eine Stadt, eine &#x017F;olche von über 10000 Seelen kommt nach Viebahn<lb/>
im ö&#x017F;tlichen Preußen auf 75, im we&#x017F;tlichen auf 36, in Sach&#x017F;en auf 27 Geviertmeilen.<lb/>
Nach der Reichs&#x017F;tati&#x017F;tik von 1875 kommt ein Ort von über 2000 Seelen in O&#x017F;tpreußen<lb/>
auf 534, in Pommern, Brandenburg, Po&#x017F;en auf 330, in Hannover auf 311, in Schle&#x017F;ien<lb/>
auf 194, im Königreich Sach&#x017F;en auf 97, am Rhein auf 78, in Bayern auf 466, in<lb/>
Württemberg, El&#x017F;&#xA75B;c. auf 146 Geviertkilometer. Die Rheinprovinz i&#x017F;t dreimal &#x017F;o dicht<lb/>
bevölkert wie O&#x017F;tpreußen; dort wohnen von 100 Einwohnern 60, hier 23 in Orten<lb/>
von über 2000 Seelen. Aber die&#x017F;e Regel hat doch viele Ausnahmen, weil natürliche<lb/>
und hi&#x017F;tori&#x017F;che Ur&#x017F;achen eine erhebliche Bevölkerungsdichtigkeit auch ohne inten&#x017F;ive<lb/>
Städteentwickelung erzeugen können. Horn berechnet für 1850, daß Preußen mit 28,<lb/>
Belgien mit 25 % Städtebevölkerung 2213 und 8090 Seelen pro Geviertmeile hätten;<lb/>
Schle&#x017F;ien und Sach&#x017F;en haben etwa gleiche Bevölkerungsdichtigkeit, aber Sach&#x017F;en erheblich<lb/>
mehr Städte. Die wenig bevölkerten Gegenden haben vielfach das Hof&#x017F;y&#x017F;tem; die reich-<lb/>
bevölkerten &#x017F;ind die der großen Dörfer. Im Jahre 1849&#x2014;50 hatte eine Landgemeinde<lb/>
in Holland 1744, im preußi&#x017F;chen Staate 302 Seelen; im Regierungsbezirk Gumbinnen<lb/>
151, in Dü&#x017F;&#x017F;eldorf 404 Seelen. Im Jahre 1875 zählte durch&#x017F;chnittlich Seelen:<lb/><table><row><cell/></row></table> Von den 37026 Landgemeinden des preußi&#x017F;chen Staates haben 1875 fa&#x017F;t 15000 unter<lb/>
200 Seelen (darunter 3448 in O&#x017F;tpreußen), etwa 14000 haben 2&#x2014;500, 6000 500 bis<lb/>
1000, der kleine Re&#x017F;t über 1000 Seelen gehabt.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">b</hi>) Die wichtig&#x017F;te Bewegung der neueren Zeit i&#x017F;t die &#x017F;tärkere Zunahme der Städte,<lb/>
wie &#x017F;ie uns in den ab&#x017F;oluten und relativen Zahlen der Stadt- und Landbevölkerung<lb/>
entgegentritt. Ich führe zunäch&#x017F;t einige wichtige Zahlen an; die Bevölkerung i&#x017F;t in<lb/>
Millionen ausgedrückt; als Städte &#x017F;ind für Deut&#x017F;chland und Frankreich die Orte über<lb/>
2000, für die Vereinigten Staaten die über 8000 gezählt.</p><lb/>
          <cb/>
          <table>
            <row>
              <cell/>
            </row>
          </table>
          <cb/>
          <table>
            <row>
              <cell/>
            </row>
          </table>
          <cb/>
          <table>
            <row>
              <cell/>
            </row>
          </table>
          <cb/>
          <table>
            <row>
              <cell/>
            </row>
          </table>
          <p>Wir &#x017F;ehen, daß die ab&#x017F;olute ländliche Bevölkerung nur in Frankreich erheblich abnahm,<lb/>
in den Vereinigten Staaten &#x017F;ogar &#x017F;tark zunahm, wie auch die &#x017F;chotti&#x017F;chen Dörfer wuch&#x017F;en,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[269/0285] Die heutige Bevölkerungsverteilung nach Wohnplätzen. Kommen wir aber zur Sache und betrachten a) das Verhältnis der verſchiedenen Wohnplätze zur Fläche und Bevölkerungsdichtigkeit und die Größe der Dörfer, b) die abſolute und relative Verteilung der Bevölkerung nach Stadt und Land, ſowie ihre verſchiedene Zunahme. a) Die Länder mit dichter Bevölkerung ſind im ganzen auch die ſtädtereichen. In Pommern kommt nach Franz auf 8, in Preußiſch Sachſen auf 3, im Königreiche Sachſen auf 2 Geviertmeilen eine Stadt, eine ſolche von über 10000 Seelen kommt nach Viebahn im öſtlichen Preußen auf 75, im weſtlichen auf 36, in Sachſen auf 27 Geviertmeilen. Nach der Reichsſtatiſtik von 1875 kommt ein Ort von über 2000 Seelen in Oſtpreußen auf 534, in Pommern, Brandenburg, Poſen auf 330, in Hannover auf 311, in Schleſien auf 194, im Königreich Sachſen auf 97, am Rhein auf 78, in Bayern auf 466, in Württemberg, Elſaß ꝛc. auf 146 Geviertkilometer. Die Rheinprovinz iſt dreimal ſo dicht bevölkert wie Oſtpreußen; dort wohnen von 100 Einwohnern 60, hier 23 in Orten von über 2000 Seelen. Aber dieſe Regel hat doch viele Ausnahmen, weil natürliche und hiſtoriſche Urſachen eine erhebliche Bevölkerungsdichtigkeit auch ohne intenſive Städteentwickelung erzeugen können. Horn berechnet für 1850, daß Preußen mit 28, Belgien mit 25 % Städtebevölkerung 2213 und 8090 Seelen pro Geviertmeile hätten; Schleſien und Sachſen haben etwa gleiche Bevölkerungsdichtigkeit, aber Sachſen erheblich mehr Städte. Die wenig bevölkerten Gegenden haben vielfach das Hofſyſtem; die reich- bevölkerten ſind die der großen Dörfer. Im Jahre 1849—50 hatte eine Landgemeinde in Holland 1744, im preußiſchen Staate 302 Seelen; im Regierungsbezirk Gumbinnen 151, in Düſſeldorf 404 Seelen. Im Jahre 1875 zählte durchſchnittlich Seelen: Von den 37026 Landgemeinden des preußiſchen Staates haben 1875 faſt 15000 unter 200 Seelen (darunter 3448 in Oſtpreußen), etwa 14000 haben 2—500, 6000 500 bis 1000, der kleine Reſt über 1000 Seelen gehabt. b) Die wichtigſte Bewegung der neueren Zeit iſt die ſtärkere Zunahme der Städte, wie ſie uns in den abſoluten und relativen Zahlen der Stadt- und Landbevölkerung entgegentritt. Ich führe zunächſt einige wichtige Zahlen an; die Bevölkerung iſt in Millionen ausgedrückt; als Städte ſind für Deutſchland und Frankreich die Orte über 2000, für die Vereinigten Staaten die über 8000 gezählt. Wir ſehen, daß die abſolute ländliche Bevölkerung nur in Frankreich erheblich abnahm, in den Vereinigten Staaten ſogar ſtark zunahm, wie auch die ſchottiſchen Dörfer wuchſen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_grundriss01_1900
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_grundriss01_1900/285
Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre. Bd. 1. Leipzig, 1900, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_grundriss01_1900/285>, abgerufen am 25.11.2024.