Die Folgen des Ackerbaues, seine Stufen. Die Metallwerkzeuge.
anlagen sind. Später wächst dann das Ackerland auf Kosten des Waldes und der Weide, aber die Einteilung des Ackerlandes in zwei oder drei Felder neben der Weide erhält sich in alter Weise. Das waren und blieben die vorherrschenden süd- und mitteleuropäischen Betriebsformen der Landwirtschaft, die erst im 18. und 19. Jahrhundert den verbesserten, noch intensiveren wichen, auf die wir unten kommen.
Wir haben damit weit vorgegriffen. Aber es entsprach das auch der so wichtigen geschichtlichen Thatsache, daß der Ausbildung des Ackerbaues, wie sie nach der Vieh- zähmung und der Pfluganwendung Jahrtausende vor Christi in Vorderasien gelang, wohl bis in unser Jahrhundert viele kleine Verbesserungen, aber keine sie von Grund aus ändernde technische Neuerung folgte, keine, welche die ganze Ernährung der Mensch- heit wesentlich erleichtert, die Produktion sehr vermehrt hätte. Konnte doch Ed. Hahn deshalb noch neuerdings diese ältesten Fortschritte des Landbaues verherrlichend sagen: "Wenn wir das Jahr in vier Jahreszeiten und zwölf Monate teilen, wenn wir das Land pflügen und das Getreide hineinsäen, wenn wir Mehl mahlen und das Brot im Ofen backen, wenn wir Milch und Wein trinken (wahrscheinlich gehört auch das Bier dazu) und Butter und Öl essen, so thun wir genau, was wir unsere geistigen Vor- fahren im Unterlauf des Tigris und Euphrat thun sehen, wenn das erste blasse Dämmerlicht der Geschichte etwa 4000 v. Chr. auf sie fällt. Alles was wir hinzu- gefügt haben, betrifft doch nur das Ornament, die Grundlagen sind dieselben geblieben." Es mag dies übertrieben klingen, und ist es auch in gewissem Sinne; es ist nur für die Ernährung wahr. Es ist dabei von den Fortschritten, welche die Metalltechnik brachte, sowie von den großen Verbesserungen seither im Verkehr und in den Gewerben ganz abgesehen.
81. Die Waffen und Werkzeuge aus Metall sind jünger als Viehzucht und Ackerbau. Pflug und Wagen, Kahn und Gestell des Zeltes und der Hütte, Stiel und Schaft der Steinwerkzeuge war sehr lange nur von Holz. Und auch wo die Metallbearbeitung begann oder Metallwerkzeuge und -Schmuckstücke eindrangen, waren sie lange so selten und teuer, daß die Holz-, Stein- und Knochentechnik sich nicht viel änderte. Noch heute giebt es Gegenden in Europa, die fast nur Holzverwendung kennen: in der Herzegowina z. B. trafen die Österreicher 1878 Wagen ohne jeden Metallzusatz.
Immer wollen wir nicht verschweigen, daß der Ackerbau, wie er seit den Assyrern und Ägyptern bestand, und wie wir ihn eben betrachteten, von einer gewissen Metall- technik meist schon gefördert war. Wenn wir jetzt diese besprechen, schildern wir nicht etwa eine Epoche, welche dem Ackerbau folgte, sondern eine Entwickelung, die mit seinen Anfängen beginnt und ihn begleitet und gefördert hat.
Mit Holz, Knochen und Stein haben gewiß einzelne Völker nicht Unbedeutendes geleistet; aber die Metalltechnik bedeutet doch, wo sie zur vollen Geltung kommt, einen ungeheuren Fortschritt, ähnlich dem Fortschritt der Feuerverwendung; man hat sie nicht mit Unrecht dem heutigen Maschinenfortschritt gleichgestellt. Beck sagt: erst die Metall- werkzeuge sicherten die überlegene Herrschaft der Menschen auf Erden. Morgan meint: die Eisenproduktion ist der Wendepunkt aller Wendepunkte in der menschlichen Erfahrung; nichts kommt ihm gleich. Schon für die älteste Überlieferung der antiken Völker ist das Bekanntwerden der Metalle ein ungeheures, auf Götter oder Weltbrände zurück- geführtes Ereignis.
Von den Metallen wurde wahrscheinlich zuerst das Gold gefunden und gebraucht; es findet sich in gediegenem Zustand an der Oberfläche und lockt durch seine Farbe; aber es hat zuerst, wie später, wohl nur zum Schmucke gedient. Es war zu Werkzeugen zu weich und zu selten. Silber gehört einer viel späteren Zeit an; es wird nicht als reines Metall gefunden, ist nur aus seinen Erzen herzustellen. Kupfer kommt da und dort gediegen vor; es kann ohne Schmelzprozeß verarbeitet, gehämmert werden und hat so bei einzelnen Stämmen, z. B. bei amerikanischen, wahrscheinlich auch bei den ungetrennten Indogermanen, die Rolle des ersten Metalls gespielt. Viel wichtiger aber wurde das Eisen und die Legierung von Kupfer und Zinn, die echte oder antike Bronze.
Die Folgen des Ackerbaues, ſeine Stufen. Die Metallwerkzeuge.
anlagen ſind. Später wächſt dann das Ackerland auf Koſten des Waldes und der Weide, aber die Einteilung des Ackerlandes in zwei oder drei Felder neben der Weide erhält ſich in alter Weiſe. Das waren und blieben die vorherrſchenden ſüd- und mitteleuropäiſchen Betriebsformen der Landwirtſchaft, die erſt im 18. und 19. Jahrhundert den verbeſſerten, noch intenſiveren wichen, auf die wir unten kommen.
Wir haben damit weit vorgegriffen. Aber es entſprach das auch der ſo wichtigen geſchichtlichen Thatſache, daß der Ausbildung des Ackerbaues, wie ſie nach der Vieh- zähmung und der Pfluganwendung Jahrtauſende vor Chriſti in Vorderaſien gelang, wohl bis in unſer Jahrhundert viele kleine Verbeſſerungen, aber keine ſie von Grund aus ändernde techniſche Neuerung folgte, keine, welche die ganze Ernährung der Menſch- heit weſentlich erleichtert, die Produktion ſehr vermehrt hätte. Konnte doch Ed. Hahn deshalb noch neuerdings dieſe älteſten Fortſchritte des Landbaues verherrlichend ſagen: „Wenn wir das Jahr in vier Jahreszeiten und zwölf Monate teilen, wenn wir das Land pflügen und das Getreide hineinſäen, wenn wir Mehl mahlen und das Brot im Ofen backen, wenn wir Milch und Wein trinken (wahrſcheinlich gehört auch das Bier dazu) und Butter und Öl eſſen, ſo thun wir genau, was wir unſere geiſtigen Vor- fahren im Unterlauf des Tigris und Euphrat thun ſehen, wenn das erſte blaſſe Dämmerlicht der Geſchichte etwa 4000 v. Chr. auf ſie fällt. Alles was wir hinzu- gefügt haben, betrifft doch nur das Ornament, die Grundlagen ſind dieſelben geblieben.“ Es mag dies übertrieben klingen, und iſt es auch in gewiſſem Sinne; es iſt nur für die Ernährung wahr. Es iſt dabei von den Fortſchritten, welche die Metalltechnik brachte, ſowie von den großen Verbeſſerungen ſeither im Verkehr und in den Gewerben ganz abgeſehen.
81. Die Waffen und Werkzeuge aus Metall ſind jünger als Viehzucht und Ackerbau. Pflug und Wagen, Kahn und Geſtell des Zeltes und der Hütte, Stiel und Schaft der Steinwerkzeuge war ſehr lange nur von Holz. Und auch wo die Metallbearbeitung begann oder Metallwerkzeuge und -Schmuckſtücke eindrangen, waren ſie lange ſo ſelten und teuer, daß die Holz-, Stein- und Knochentechnik ſich nicht viel änderte. Noch heute giebt es Gegenden in Europa, die faſt nur Holzverwendung kennen: in der Herzegowina z. B. trafen die Öſterreicher 1878 Wagen ohne jeden Metallzuſatz.
Immer wollen wir nicht verſchweigen, daß der Ackerbau, wie er ſeit den Aſſyrern und Ägyptern beſtand, und wie wir ihn eben betrachteten, von einer gewiſſen Metall- technik meiſt ſchon gefördert war. Wenn wir jetzt dieſe beſprechen, ſchildern wir nicht etwa eine Epoche, welche dem Ackerbau folgte, ſondern eine Entwickelung, die mit ſeinen Anfängen beginnt und ihn begleitet und gefördert hat.
Mit Holz, Knochen und Stein haben gewiß einzelne Völker nicht Unbedeutendes geleiſtet; aber die Metalltechnik bedeutet doch, wo ſie zur vollen Geltung kommt, einen ungeheuren Fortſchritt, ähnlich dem Fortſchritt der Feuerverwendung; man hat ſie nicht mit Unrecht dem heutigen Maſchinenfortſchritt gleichgeſtellt. Beck ſagt: erſt die Metall- werkzeuge ſicherten die überlegene Herrſchaft der Menſchen auf Erden. Morgan meint: die Eiſenproduktion iſt der Wendepunkt aller Wendepunkte in der menſchlichen Erfahrung; nichts kommt ihm gleich. Schon für die älteſte Überlieferung der antiken Völker iſt das Bekanntwerden der Metalle ein ungeheures, auf Götter oder Weltbrände zurück- geführtes Ereignis.
Von den Metallen wurde wahrſcheinlich zuerſt das Gold gefunden und gebraucht; es findet ſich in gediegenem Zuſtand an der Oberfläche und lockt durch ſeine Farbe; aber es hat zuerſt, wie ſpäter, wohl nur zum Schmucke gedient. Es war zu Werkzeugen zu weich und zu ſelten. Silber gehört einer viel ſpäteren Zeit an; es wird nicht als reines Metall gefunden, iſt nur aus ſeinen Erzen herzuſtellen. Kupfer kommt da und dort gediegen vor; es kann ohne Schmelzprozeß verarbeitet, gehämmert werden und hat ſo bei einzelnen Stämmen, z. B. bei amerikaniſchen, wahrſcheinlich auch bei den ungetrennten Indogermanen, die Rolle des erſten Metalls geſpielt. Viel wichtiger aber wurde das Eiſen und die Legierung von Kupfer und Zinn, die echte oder antike Bronze.
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[201/0217]
Die Folgen des Ackerbaues, ſeine Stufen. Die Metallwerkzeuge.
anlagen ſind. Später wächſt dann das Ackerland auf Koſten des Waldes und der
Weide, aber die Einteilung des Ackerlandes in zwei oder drei Felder neben der Weide
erhält ſich in alter Weiſe. Das waren und blieben die vorherrſchenden ſüd- und
mitteleuropäiſchen Betriebsformen der Landwirtſchaft, die erſt im 18. und 19. Jahrhundert
den verbeſſerten, noch intenſiveren wichen, auf die wir unten kommen.
Wir haben damit weit vorgegriffen. Aber es entſprach das auch der ſo wichtigen
geſchichtlichen Thatſache, daß der Ausbildung des Ackerbaues, wie ſie nach der Vieh-
zähmung und der Pfluganwendung Jahrtauſende vor Chriſti in Vorderaſien gelang,
wohl bis in unſer Jahrhundert viele kleine Verbeſſerungen, aber keine ſie von Grund
aus ändernde techniſche Neuerung folgte, keine, welche die ganze Ernährung der Menſch-
heit weſentlich erleichtert, die Produktion ſehr vermehrt hätte. Konnte doch Ed. Hahn
deshalb noch neuerdings dieſe älteſten Fortſchritte des Landbaues verherrlichend ſagen:
„Wenn wir das Jahr in vier Jahreszeiten und zwölf Monate teilen, wenn wir das
Land pflügen und das Getreide hineinſäen, wenn wir Mehl mahlen und das Brot im
Ofen backen, wenn wir Milch und Wein trinken (wahrſcheinlich gehört auch das Bier
dazu) und Butter und Öl eſſen, ſo thun wir genau, was wir unſere geiſtigen Vor-
fahren im Unterlauf des Tigris und Euphrat thun ſehen, wenn das erſte blaſſe
Dämmerlicht der Geſchichte etwa 4000 v. Chr. auf ſie fällt. Alles was wir hinzu-
gefügt haben, betrifft doch nur das Ornament, die Grundlagen ſind dieſelben geblieben.“
Es mag dies übertrieben klingen, und iſt es auch in gewiſſem Sinne; es iſt nur für
die Ernährung wahr. Es iſt dabei von den Fortſchritten, welche die Metalltechnik
brachte, ſowie von den großen Verbeſſerungen ſeither im Verkehr und in den Gewerben
ganz abgeſehen.
81. Die Waffen und Werkzeuge aus Metall ſind jünger als Viehzucht
und Ackerbau. Pflug und Wagen, Kahn und Geſtell des Zeltes und der Hütte, Stiel
und Schaft der Steinwerkzeuge war ſehr lange nur von Holz. Und auch wo die
Metallbearbeitung begann oder Metallwerkzeuge und -Schmuckſtücke eindrangen, waren
ſie lange ſo ſelten und teuer, daß die Holz-, Stein- und Knochentechnik ſich nicht viel
änderte. Noch heute giebt es Gegenden in Europa, die faſt nur Holzverwendung kennen:
in der Herzegowina z. B. trafen die Öſterreicher 1878 Wagen ohne jeden Metallzuſatz.
Immer wollen wir nicht verſchweigen, daß der Ackerbau, wie er ſeit den Aſſyrern
und Ägyptern beſtand, und wie wir ihn eben betrachteten, von einer gewiſſen Metall-
technik meiſt ſchon gefördert war. Wenn wir jetzt dieſe beſprechen, ſchildern wir nicht etwa
eine Epoche, welche dem Ackerbau folgte, ſondern eine Entwickelung, die mit ſeinen
Anfängen beginnt und ihn begleitet und gefördert hat.
Mit Holz, Knochen und Stein haben gewiß einzelne Völker nicht Unbedeutendes
geleiſtet; aber die Metalltechnik bedeutet doch, wo ſie zur vollen Geltung kommt, einen
ungeheuren Fortſchritt, ähnlich dem Fortſchritt der Feuerverwendung; man hat ſie nicht
mit Unrecht dem heutigen Maſchinenfortſchritt gleichgeſtellt. Beck ſagt: erſt die Metall-
werkzeuge ſicherten die überlegene Herrſchaft der Menſchen auf Erden. Morgan meint:
die Eiſenproduktion iſt der Wendepunkt aller Wendepunkte in der menſchlichen Erfahrung;
nichts kommt ihm gleich. Schon für die älteſte Überlieferung der antiken Völker iſt
das Bekanntwerden der Metalle ein ungeheures, auf Götter oder Weltbrände zurück-
geführtes Ereignis.
Von den Metallen wurde wahrſcheinlich zuerſt das Gold gefunden und gebraucht;
es findet ſich in gediegenem Zuſtand an der Oberfläche und lockt durch ſeine Farbe;
aber es hat zuerſt, wie ſpäter, wohl nur zum Schmucke gedient. Es war zu Werkzeugen
zu weich und zu ſelten. Silber gehört einer viel ſpäteren Zeit an; es wird nicht als
reines Metall gefunden, iſt nur aus ſeinen Erzen herzuſtellen. Kupfer kommt da und
dort gediegen vor; es kann ohne Schmelzprozeß verarbeitet, gehämmert werden und hat
ſo bei einzelnen Stämmen, z. B. bei amerikaniſchen, wahrſcheinlich auch bei den
ungetrennten Indogermanen, die Rolle des erſten Metalls geſpielt. Viel wichtiger aber
wurde das Eiſen und die Legierung von Kupfer und Zinn, die echte oder antike Bronze.
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Schmoller, Gustav: Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre. Bd. 1. Leipzig, 1900, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_grundriss01_1900/217>, abgerufen am 19.07.2024.
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