wete Turtel-Daube, welche sich auf keinen grünen Zweig setzet, sondern auf einem dürren Ast jämmer- lich girret: Mein ausgezehrter Leib ist der dürre Ast, und der Fels, in dessen Höhle meine traurige Seele wenig Trost findet, und keine freudige Stunde hat. Ich ruffe aus der Tieffe meiner Noth zu dir, dem Al- lerhöchsten: Ein Abgrund rufft dem andern, und al- le deine Wellen und Wasserwogen gehen über mich. Ach mein Vatter, siehe doch an meine verfallene Ge- stalt; siehe an meine eingefallene Augen, welche mir brechen wollen, und verschmachten mir fast vor Hun- ger nach deiner Hülffe. Siehe an meine erblaßte Wangen, welche bleich worden, wie eine Lilie, worü- ber ein scharffer Wind wehet. Siehe an meine Zun- ge, welche mir fast an meinem Gaumen klebet, und kaum mehr reden kan. Siehe an meine ausgezehr- te Glieder, welche gantz abgemattet, und meinen krancken Leib nicht mehr tragen wollen. Ach GOtt! ich muß girren wie eine Schwalbe in ihrem Nest, wenn ein starcker Sturm-Wind wehet, oder ein schwerer Platz-Regen fällt; ich muß girren wie eine Schwalbe im Herbst, wann der Winter heran na- het, und sich in ein hohles Ufer verbergen soll, bis der Frühling komme: So muß ich auch meinen Schwal- ben-Gesang singen, weil der kalte Winter des Todes herbey kommt, und mich erinnert, daß ich nun auch bald in mein Grab soll gehen, und mich eine Zeitlang verbergen, bis der Frühling meiner Auferstehung herbey kommt. HErr! ich leide Noth und werde unterdrückt, bald durch grosse Schmertzen des Lei-
bes,
Gebett in Kranckheit.
wete Turtel-Daube, welche ſich auf keinen grünen Zweig ſetzet, ſondern auf einem dürren Aſt jämmer- lich girret: Mein ausgezehrter Leib iſt der dürre Aſt, und der Fels, in deſſen Höhle meine traurige Seele wenig Troſt findet, und keine freudige Stunde hat. Ich ruffe aus der Tieffe meiner Noth zu dir, dem Al- lerhöchſten: Ein Abgrund rufft dem andern, und al- le deine Wellen und Waſſerwogen gehen über mich. Ach mein Vatter, ſiehe doch an meine verfallene Ge- ſtalt; ſiehe an meine eingefallene Augen, welche mir brechen wollen, und verſchmachten mir faſt vor Hun- ger nach deiner Hülffe. Siehe an meine erblaßte Wangen, welche bleich worden, wie eine Lilie, worü- ber ein ſcharffer Wind wehet. Siehe an meine Zun- ge, welche mir faſt an meinem Gaumen klebet, und kaum mehr reden kan. Siehe an meine ausgezehr- te Glieder, welche gantz abgemattet, und meinen krancken Leib nicht mehr tragen wollen. Ach GOtt! ich muß girren wie eine Schwalbe in ihrem Neſt, wenn ein ſtarcker Sturm-Wind wehet, oder ein ſchwerer Platz-Regen fällt; ich muß girren wie eine Schwalbe im Herbſt, wann der Winter heran na- het, und ſich in ein hohles Ufer verbergen ſoll, bis der Frühling komme: So muß ich auch meinen Schwal- ben-Geſang ſingen, weil der kalte Winter des Todes herbey kommt, und mich erinnert, daß ich nun auch bald in mein Grab ſoll gehen, und mich eine Zeitlang verbergen, bis der Frühling meiner Auferſtehung herbey kommt. HErr! ich leide Noth und werde unterdrückt, bald durch groſſe Schmertzen des Lei-
bes,
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Gebett in Kranckheit.
wete Turtel-Daube, welche ſich auf keinen grünen
Zweig ſetzet, ſondern auf einem dürren Aſt jämmer-
lich girret: Mein ausgezehrter Leib iſt der dürre Aſt,
und der Fels, in deſſen Höhle meine traurige Seele
wenig Troſt findet, und keine freudige Stunde hat.
Ich ruffe aus der Tieffe meiner Noth zu dir, dem Al-
lerhöchſten: Ein Abgrund rufft dem andern, und al-
le deine Wellen und Waſſerwogen gehen über mich.
Ach mein Vatter, ſiehe doch an meine verfallene Ge-
ſtalt; ſiehe an meine eingefallene Augen, welche mir
brechen wollen, und verſchmachten mir faſt vor Hun-
ger nach deiner Hülffe. Siehe an meine erblaßte
Wangen, welche bleich worden, wie eine Lilie, worü-
ber ein ſcharffer Wind wehet. Siehe an meine Zun-
ge, welche mir faſt an meinem Gaumen klebet, und
kaum mehr reden kan. Siehe an meine ausgezehr-
te Glieder, welche gantz abgemattet, und meinen
krancken Leib nicht mehr tragen wollen. Ach GOtt!
ich muß girren wie eine Schwalbe in ihrem Neſt,
wenn ein ſtarcker Sturm-Wind wehet, oder ein
ſchwerer Platz-Regen fällt; ich muß girren wie eine
Schwalbe im Herbſt, wann der Winter heran na-
het, und ſich in ein hohles Ufer verbergen ſoll, bis der
Frühling komme: So muß ich auch meinen Schwal-
ben-Geſang ſingen, weil der kalte Winter des Todes
herbey kommt, und mich erinnert, daß ich nun auch
bald in mein Grab ſoll gehen, und mich eine Zeitlang
verbergen, bis der Frühling meiner Auferſtehung
herbey kommt. HErr! ich leide Noth und werde
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Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 639. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/661>, abgerufen am 08.07.2024.
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