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Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753.

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Gebett eines Kauffmanns.
lige Armuth stürtzen, ehe dann einmal Diebe dar-
nach graben: So gieb, daß ich mich davor hüte,
und durch wollüstige oder üppige Verschwendung
solchen Dieben meines Talents, nicht selbst Thüre
und Thore öffne.

Willt du mir, mein GOtt! Reichthum geben, so
gieb mir auch dabey ein gottsfürchtiges Hertz, und
einen frommen Wandel: denn was sind volle Kä-
sten bey einem leidigen Hertzen? Und was frommet
grosser Handel bey ungewissenhafftem Wandel?
Hier reich und dort arm zu seyn? Hier viel und dort
wenig zu haben?

O schnöde Welt! wie offt hast du mich bethöret,
ehe ich dich recht kennete; aber nun werde ich durch
die Erfahrung klug, ich traue deinem Liebkosen nicht
mehr, sondern halte dich für einen Betrüger, denn
deine freundliche Blicke sind gefährliche Stricke;
dein Locken ist ein Gesang der Sirenen: Du zeigest
den Himmel auf Erden, und hegest doch Glut;
deine Verheissungen sind lauter Sodoms - Aepfel,
von aussen schön, und inwendig Asche: Es sind Irr-
Lichter, die mitten in der finstern Nacht dieser Welt
in den Morast des Verderbens führen. Es mag
sich an dir ergötzen wer da will, es mag alle seine
Gedancken auf dich richten, wer es immer wagen
will, auf die Gefahr seiner Seele: Ich aber und
mein Haus wollen dem HErrn dienen. Das Wort
meines GOttes soll seyn meines Fusses Leuchte,
und ein Licht auf meinem Wege. Kein Gewinn soll
mir so lieb und kein Verlust so leyd seyn, der mich

sollte

Gebett eines Kauffmanns.
lige Armuth ſtürtzen, ehe dann einmal Diebe dar-
nach graben: So gieb, daß ich mich davor hüte,
und durch wollüſtige oder üppige Verſchwendung
ſolchen Dieben meines Talents, nicht ſelbſt Thüre
und Thore öffne.

Willt du mir, mein GOtt! Reichthum geben, ſo
gieb mir auch dabey ein gottsfürchtiges Hertz, und
einen frommen Wandel: denn was ſind volle Kä-
ſten bey einem leidigen Hertzen? Und was frommet
groſſer Handel bey ungewiſſenhafftem Wandel?
Hier reich und dort arm zu ſeyn? Hier viel und dort
wenig zu haben?

O ſchnöde Welt! wie offt haſt du mich bethöret,
ehe ich dich recht kennete; aber nun werde ich durch
die Erfahrung klug, ich traue deinem Liebkoſen nicht
mehr, ſondern halte dich für einen Betrüger, denn
deine freundliche Blicke ſind gefährliche Stricke;
dein Locken iſt ein Geſang der Sirenen: Du zeigeſt
den Himmel auf Erden, und hegeſt doch Glut;
deine Verheiſſungen ſind lauter Sodoms - Aepfel,
von auſſen ſchön, und inwendig Aſche: Es ſind Irr-
Lichter, die mitten in der finſtern Nacht dieſer Welt
in den Moraſt des Verderbens führen. Es mag
ſich an dir ergötzen wer da will, es mag alle ſeine
Gedancken auf dich richten, wer es immer wagen
will, auf die Gefahr ſeiner Seele: Ich aber und
mein Haus wollen dem HErrn dienen. Das Wort
meines GOttes ſoll ſeyn meines Fuſſes Leuchte,
und ein Licht auf meinem Wege. Kein Gewinn ſoll
mir ſo lieb und kein Verluſt ſo leyd ſeyn, der mich

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[525/0547] Gebett eines Kauffmanns. lige Armuth ſtürtzen, ehe dann einmal Diebe dar- nach graben: So gieb, daß ich mich davor hüte, und durch wollüſtige oder üppige Verſchwendung ſolchen Dieben meines Talents, nicht ſelbſt Thüre und Thore öffne. Willt du mir, mein GOtt! Reichthum geben, ſo gieb mir auch dabey ein gottsfürchtiges Hertz, und einen frommen Wandel: denn was ſind volle Kä- ſten bey einem leidigen Hertzen? Und was frommet groſſer Handel bey ungewiſſenhafftem Wandel? Hier reich und dort arm zu ſeyn? Hier viel und dort wenig zu haben? O ſchnöde Welt! wie offt haſt du mich bethöret, ehe ich dich recht kennete; aber nun werde ich durch die Erfahrung klug, ich traue deinem Liebkoſen nicht mehr, ſondern halte dich für einen Betrüger, denn deine freundliche Blicke ſind gefährliche Stricke; dein Locken iſt ein Geſang der Sirenen: Du zeigeſt den Himmel auf Erden, und hegeſt doch Glut; deine Verheiſſungen ſind lauter Sodoms - Aepfel, von auſſen ſchön, und inwendig Aſche: Es ſind Irr- Lichter, die mitten in der finſtern Nacht dieſer Welt in den Moraſt des Verderbens führen. Es mag ſich an dir ergötzen wer da will, es mag alle ſeine Gedancken auf dich richten, wer es immer wagen will, auf die Gefahr ſeiner Seele: Ich aber und mein Haus wollen dem HErrn dienen. Das Wort meines GOttes ſoll ſeyn meines Fuſſes Leuchte, und ein Licht auf meinem Wege. Kein Gewinn ſoll mir ſo lieb und kein Verluſt ſo leyd ſeyn, der mich ſollte

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Zitationshilfe: Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 525. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/547>, abgerufen am 22.11.2024.