Gebett um Verwahrung vor der üppigen Welt-Freude in Gesellschafften.
Pred. Sal. 2, 1. 2. Ich sprach in meinem Hertzen, wohlan ich will wohlleben und gute Tage haben: Aber siehe, das war auch eitel. Ich sprach zum Lachen, du bist toll, und zur Freude, was machest du?
OGOtt du höchstes Gut! du eintzige Brunn- quelle aller Freude und Guten, was uns zeit- lich und ewig vergnügen kan. Ach wie geneigt ist doch das arme Hertz, seine Lust, Freude und Ver- gnügung zu suchen in solchen Dingen, die so ge- nau mit der Sünde vereiniget seyn: Und o wie schwer fällt es, von grossen Gesellschafften und Gast- malen ein reines Gewissen mit zurück zu bringen: Wie bald macht man sich, selbst auch durch Still- schweigen, fremder Sünden theilhafftig, sonderlich wann rohe Welt-Menschen sich über sündliche Re- den kein Gewissen machen, und dadurch gewissen- haffte Seelen, die dich, o GOtt, fürchten, empfind- lich ärgern und betrüben, als über solche, die noch nicht glauben, daß sie von einem jeden unnützen Wort werden Rechenschafft geben müssen. Wann ich mich dann nicht, als ein Sonderling, aller frö- lichen Gesellschafft entziehen, auch dieselbe an und vor sich selbst nicht sündlich nennen kan, oder wann mich der Wohlstand nöthiget, bey solchen Gesellschaff- ten zu erscheinen, so gieb, daß ich Wächter vor mei- ne Lippen stelle, und meine Worte abwiege mit der Waage des Heiligthums, nichts zu reden, zu den- cken oder zu thun, womit ich dich, meinen GOtt! möchte erzürnen, mein Gewissen verletzen, oder
mei-
Gebett um Verwahrung
Gebett um Verwahrung vor der üppigen Welt-Freude in Geſellſchafften.
Pred. Sal. 2, 1. 2. Ich ſprach in meinem Hertzen, wohlan ich will wohlleben und gute Tage haben: Aber ſiehe, das war auch eitel. Ich ſprach zum Lachen, du biſt toll, und zur Freude, was macheſt du?
OGOtt du höchſtes Gut! du eintzige Brunn- quelle aller Freude und Guten, was uns zeit- lich und ewig vergnügen kan. Ach wie geneigt iſt doch das arme Hertz, ſeine Luſt, Freude und Ver- gnügung zu ſuchen in ſolchen Dingen, die ſo ge- nau mit der Sünde vereiniget ſeyn: Und o wie ſchwer fällt es, von groſſen Geſellſchafften und Gaſt- malen ein reines Gewiſſen mit zurück zu bringen: Wie bald macht man ſich, ſelbſt auch durch Still- ſchweigen, fremder Sünden theilhafftig, ſonderlich wann rohe Welt-Menſchen ſich über ſündliche Re- den kein Gewiſſen machen, und dadurch gewiſſen- haffte Seelen, die dich, o GOtt, fürchten, empfind- lich ärgern und betrüben, als über ſolche, die noch nicht glauben, daß ſie von einem jeden unnützen Wort werden Rechenſchafft geben müſſen. Wann ich mich dann nicht, als ein Sonderling, aller frö- lichen Geſellſchafft entziehen, auch dieſelbe an und vor ſich ſelbſt nicht ſündlich nennen kan, oder wann mich der Wohlſtand nöthiget, bey ſolchen Geſellſchaff- ten zu erſcheinen, ſo gieb, daß ich Wächter vor mei- ne Lippen ſtelle, und meine Worte abwiege mit der Waage des Heiligthums, nichts zu reden, zu den- cken oder zu thun, womit ich dich, meinen GOtt! möchte erzürnen, mein Gewiſſen verletzen, oder
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Gebett um Verwahrung
Gebett um Verwahrung vor der üppigen
Welt-Freude in Geſellſchafften.
Pred. Sal. 2, 1. 2. Ich ſprach in meinem Hertzen, wohlan ich will wohlleben und
gute Tage haben: Aber ſiehe, das war auch eitel. Ich ſprach zum Lachen, du biſt
toll, und zur Freude, was macheſt du?
OGOtt du höchſtes Gut! du eintzige Brunn-
quelle aller Freude und Guten, was uns zeit-
lich und ewig vergnügen kan. Ach wie geneigt iſt
doch das arme Hertz, ſeine Luſt, Freude und Ver-
gnügung zu ſuchen in ſolchen Dingen, die ſo ge-
nau mit der Sünde vereiniget ſeyn: Und o wie
ſchwer fällt es, von groſſen Geſellſchafften und Gaſt-
malen ein reines Gewiſſen mit zurück zu bringen:
Wie bald macht man ſich, ſelbſt auch durch Still-
ſchweigen, fremder Sünden theilhafftig, ſonderlich
wann rohe Welt-Menſchen ſich über ſündliche Re-
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haffte Seelen, die dich, o GOtt, fürchten, empfind-
lich ärgern und betrüben, als über ſolche, die noch
nicht glauben, daß ſie von einem jeden unnützen
Wort werden Rechenſchafft geben müſſen. Wann
ich mich dann nicht, als ein Sonderling, aller frö-
lichen Geſellſchafft entziehen, auch dieſelbe an und
vor ſich ſelbſt nicht ſündlich nennen kan, oder wann
mich der Wohlſtand nöthiget, bey ſolchen Geſellſchaff-
ten zu erſcheinen, ſo gieb, daß ich Wächter vor mei-
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Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/448>, abgerufen am 22.11.2024.
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