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Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753.

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Gebett um aufrichtige Liebe.
Wort die Wahrheit sey; sonsten würden sie so
manche Vermahnung zur Liebe, und so mancher
Spruch wider die Lieblosen, zittern und beben ma-
chen, wie den Belsazar, da ihm die Hand an
der Wand sein Urtheil schrieb: Oder aber, das
elende Getümmel Fleisches und Blutes muß sie so
gar verwirren und ausser sich bringen, daß sie die
inwendige Sprache des Gewissens nicht hören;
Oder aber ihre zusammen gesuchte Schein-Gründe
müssen sie so gar bezaubern und verblenden, daß
sie ihre geschmückte Laster für lauter Tugenden an-
sehen. Ob aber die Feigen-Blätter ihrer Entschul-
digung ihre Sünden - Blösse werden zudecken
können, vor deinem strengen Gericht, das weißt
du, o Hertzen - Kündiger! am allerbesten. Er-
barme dich doch über solche arme Seelen, die sich
über sich selbst nicht erbarmen. Meine Seele
komme nicht in solchen Rath, und meine Ehre
sey nicht in ihrer Versammlung: Gieb, daß ich
mich hüte, daß mich Fleisch und Blut nicht ver-
leite. Die Fehler meines Nächsten will ich mit
dem Mantel der Liebe zudecken. Hasse ich billich
die Laster meines Nächsten, so will ich doch die
Person lieben: Beleydigen mich Menschen, so
will ich dencken, wie offt ich dich den heiligen
GOTT beleydiget, und wie du dennoch mir mei-
ne Sünden vergeben habest: Warum sollt ich
dann nicht auch meinem Nächsten vergeben?
Verbanne alle Hoffart und Eigen - Liebe aus
meinem Hertzen, so wird aller Zorn-Greuel aus

meiner

Gebett um aufrichtige Liebe.
Wort die Wahrheit ſey; ſonſten würden ſie ſo
manche Vermahnung zur Liebe, und ſo mancher
Spruch wider die Liebloſen, zittern und beben ma-
chen, wie den Belſazar, da ihm die Hand an
der Wand ſein Urtheil ſchrieb: Oder aber, das
elende Getümmel Fleiſches und Blutes muß ſie ſo
gar verwirren und auſſer ſich bringen, daß ſie die
inwendige Sprache des Gewiſſens nicht hören;
Oder aber ihre zuſammen geſuchte Schein-Gründe
müſſen ſie ſo gar bezaubern und verblenden, daß
ſie ihre geſchmückte Laſter für lauter Tugenden an-
ſehen. Ob aber die Feigen-Blätter ihrer Entſchul-
digung ihre Sünden - Blöſſe werden zudecken
können, vor deinem ſtrengen Gericht, das weißt
du, o Hertzen - Kündiger! am allerbeſten. Er-
barme dich doch über ſolche arme Seelen, die ſich
über ſich ſelbſt nicht erbarmen. Meine Seele
komme nicht in ſolchen Rath, und meine Ehre
ſey nicht in ihrer Verſammlung: Gieb, daß ich
mich hüte, daß mich Fleiſch und Blut nicht ver-
leite. Die Fehler meines Nächſten will ich mit
dem Mantel der Liebe zudecken. Haſſe ich billich
die Laſter meines Nächſten, ſo will ich doch die
Perſon lieben: Beleydigen mich Menſchen, ſo
will ich dencken, wie offt ich dich den heiligen
GOTT beleydiget, und wie du dennoch mir mei-
ne Sünden vergeben habeſt: Warum ſollt ich
dann nicht auch meinem Nächſten vergeben?
Verbanne alle Hoffart und Eigen - Liebe aus
meinem Hertzen, ſo wird aller Zorn-Greuel aus

meiner
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[292/0314] Gebett um aufrichtige Liebe. Wort die Wahrheit ſey; ſonſten würden ſie ſo manche Vermahnung zur Liebe, und ſo mancher Spruch wider die Liebloſen, zittern und beben ma- chen, wie den Belſazar, da ihm die Hand an der Wand ſein Urtheil ſchrieb: Oder aber, das elende Getümmel Fleiſches und Blutes muß ſie ſo gar verwirren und auſſer ſich bringen, daß ſie die inwendige Sprache des Gewiſſens nicht hören; Oder aber ihre zuſammen geſuchte Schein-Gründe müſſen ſie ſo gar bezaubern und verblenden, daß ſie ihre geſchmückte Laſter für lauter Tugenden an- ſehen. Ob aber die Feigen-Blätter ihrer Entſchul- digung ihre Sünden - Blöſſe werden zudecken können, vor deinem ſtrengen Gericht, das weißt du, o Hertzen - Kündiger! am allerbeſten. Er- barme dich doch über ſolche arme Seelen, die ſich über ſich ſelbſt nicht erbarmen. Meine Seele komme nicht in ſolchen Rath, und meine Ehre ſey nicht in ihrer Verſammlung: Gieb, daß ich mich hüte, daß mich Fleiſch und Blut nicht ver- leite. Die Fehler meines Nächſten will ich mit dem Mantel der Liebe zudecken. Haſſe ich billich die Laſter meines Nächſten, ſo will ich doch die Perſon lieben: Beleydigen mich Menſchen, ſo will ich dencken, wie offt ich dich den heiligen GOTT beleydiget, und wie du dennoch mir mei- ne Sünden vergeben habeſt: Warum ſollt ich dann nicht auch meinem Nächſten vergeben? Verbanne alle Hoffart und Eigen - Liebe aus meinem Hertzen, ſo wird aller Zorn-Greuel aus meiner

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Zitationshilfe: Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/314>, abgerufen am 25.11.2024.