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Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753.

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Der gläubige Christ bittet
da wird Demuth herrlich prangen, und die Ehren-Cron erlangen,
was man hie gering geacht, leuchtet dort in Himmels-Pracht.

Der gläubige Christ bittet um Sanfftmuth.
Aufmunterung.
1 Petr. 11, 21. 22. 23. Christus hat uns ein Fürbild gelassen, daß wir sol-
len nachfolgen seinen Fußstapfen: Welcher keine Sünde gethan hat, ist auch kein
Betrug in seinem Munde erfunden worden; welcher nicht wieder schalt, da er ge-
scholten war, nicht drohete, da er lidte, er stellete es aber dem heim, der da recht
richtet.

WEnn ein Mensch in seinem Christenthum und in seiner
Bekehrung hat einen guten Anfang gemacht, daß er
sich von äusserlichen groben Sünden gereiniget, als da sind
Fluchen, Entheiligung des Sabbats, Uppigkeit, Leicht-
fertigkeit, Ungerechtigkeit, Spielen, Welt-Gesellschafften,
so muß er bedacht seyn, auch das Inwendige zu reinigen, son-
derlich von Stoltz, Neid, Zorn, Haß und Rachgier, und
sich mit Gebett der Sanfftmuth befleißigen. Diese bestehet
darinn, 1) daß man nichts Böses mit Bösem vergelte, nicht
wieder schelte, wenn man gescholten wird, nicht aus Haß,
Zorn, Rachgier dem Nächsten drohe. 2) Ob wir sanfft-
müthig seyn, und diese edle Tugend besitzen, können wir
nicht ehe wissen, bis uns ein Feind angreifft, der uns nach
Ehre, Gut und Namen trachtet: Denn wer da gleich im Zorn
entbrennet, fluchet, schilt, drohet, bey dem wohnet der
sanfftmüthige Geist Christi nicht. 3) Jedoch ist es nicht wi-
der die Sanfftmuth, Schutz gegen seine Feinde bey der Obrig-
keit zu suchen, wie sich auch Paulus auf den Kayser be-
rieff, und sich in des Kaysers Schutz begab, als man ihn in
Lebens-Gefahr bringen wollte, Apost. Gesch. 25, 11. 4) Es
stehet wahren Kindern GOttes nicht an, wie Hunde zu beis-
sen, wie Löwen sich zu zerreissen, wie wilde Thier in Grimm
und Bitterkeit zu verfolgen. 5) Bey solcher Verfolgung,
wenn uns ein Feind drücket, will GOtt eine Probe unsers
Glaubens sehen, und uns zur Erkänntniß der vorhergegan-
genen Sünden führen, ob wir vielleicht mit unserm ungerech-
ten Verfahren andern Leuten Seuffzer ausgedrücket haben.
6) Die Kennzeichen der Sanfftmuth sind: Im Hertzen ver-
zeihen, vor die Feinde beten, Matth. 5, 44. ihnen Gutes
wünschen, alles Gutes thun, alles Gutes gönnen, nicht alle

Schelt-

Der gläubige Chriſt bittet
da wird Demuth herrlich prangen, und die Ehren-Cron erlangen,
was man hie gering geacht, leuchtet dort in Himmels-Pracht.

Der gläubige Chriſt bittet um Sanfftmuth.
Aufmunterung.
1 Petr. 11, 21. 22. 23. Chriſtus hat uns ein Fürbild gelaſſen, daß wir ſol-
len nachfolgen ſeinen Fußſtapfen: Welcher keine Sünde gethan hat, iſt auch kein
Betrug in ſeinem Munde erfunden worden; welcher nicht wieder ſchalt, da er ge-
ſcholten war, nicht drohete, da er lidte, er ſtellete es aber dem heim, der da recht
richtet.

WEnn ein Menſch in ſeinem Chriſtenthum und in ſeiner
Bekehrung hat einen guten Anfang gemacht, daß er
ſich von äuſſerlichen groben Sünden gereiniget, als da ſind
Fluchen, Entheiligung des Sabbats, Uppigkeit, Leicht-
fertigkeit, Ungerechtigkeit, Spielen, Welt-Geſellſchafften,
ſo muß er bedacht ſeyn, auch das Inwendige zu reinigen, ſon-
derlich von Stoltz, Neid, Zorn, Haß und Rachgier, und
ſich mit Gebett der Sanfftmuth befleißigen. Dieſe beſtehet
darinn, 1) daß man nichts Böſes mit Böſem vergelte, nicht
wieder ſchelte, wenn man geſcholten wird, nicht aus Haß,
Zorn, Rachgier dem Nächſten drohe. 2) Ob wir ſanfft-
müthig ſeyn, und dieſe edle Tugend beſitzen, können wir
nicht ehe wiſſen, bis uns ein Feind angreifft, der uns nach
Ehre, Gut und Namen trachtet: Denn wer da gleich im Zorn
entbrennet, fluchet, ſchilt, drohet, bey dem wohnet der
ſanfftmüthige Geiſt Chriſti nicht. 3) Jedoch iſt es nicht wi-
der die Sanfftmuth, Schutz gegen ſeine Feinde bey der Obrig-
keit zu ſuchen, wie ſich auch Paulus auf den Kayſer be-
rieff, und ſich in des Kayſers Schutz begab, als man ihn in
Lebens-Gefahr bringen wollte, Apoſt. Geſch. 25, 11. 4) Es
ſtehet wahren Kindern GOttes nicht an, wie Hunde zu beiſ-
ſen, wie Löwen ſich zu zerreiſſen, wie wilde Thier in Grimm
und Bitterkeit zu verfolgen. 5) Bey ſolcher Verfolgung,
wenn uns ein Feind drücket, will GOtt eine Probe unſers
Glaubens ſehen, und uns zur Erkänntniß der vorhergegan-
genen Sünden führen, ob wir vielleicht mit unſerm ungerech-
ten Verfahren andern Leuten Seuffzer ausgedrücket haben.
6) Die Kennzeichen der Sanfftmuth ſind: Im Hertzen ver-
zeihen, vor die Feinde beten, Matth. 5, 44. ihnen Gutes
wünſchen, alles Gutes thun, alles Gutes gönnen, nicht alle

Schelt-
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[158/0180] Der gläubige Chriſt bittet da wird Demuth herrlich prangen, und die Ehren-Cron erlangen, was man hie gering geacht, leuchtet dort in Himmels-Pracht. Der gläubige Chriſt bittet um Sanfftmuth. Aufmunterung. 1 Petr. 11, 21. 22. 23. Chriſtus hat uns ein Fürbild gelaſſen, daß wir ſol- len nachfolgen ſeinen Fußſtapfen: Welcher keine Sünde gethan hat, iſt auch kein Betrug in ſeinem Munde erfunden worden; welcher nicht wieder ſchalt, da er ge- ſcholten war, nicht drohete, da er lidte, er ſtellete es aber dem heim, der da recht richtet. WEnn ein Menſch in ſeinem Chriſtenthum und in ſeiner Bekehrung hat einen guten Anfang gemacht, daß er ſich von äuſſerlichen groben Sünden gereiniget, als da ſind Fluchen, Entheiligung des Sabbats, Uppigkeit, Leicht- fertigkeit, Ungerechtigkeit, Spielen, Welt-Geſellſchafften, ſo muß er bedacht ſeyn, auch das Inwendige zu reinigen, ſon- derlich von Stoltz, Neid, Zorn, Haß und Rachgier, und ſich mit Gebett der Sanfftmuth befleißigen. Dieſe beſtehet darinn, 1) daß man nichts Böſes mit Böſem vergelte, nicht wieder ſchelte, wenn man geſcholten wird, nicht aus Haß, Zorn, Rachgier dem Nächſten drohe. 2) Ob wir ſanfft- müthig ſeyn, und dieſe edle Tugend beſitzen, können wir nicht ehe wiſſen, bis uns ein Feind angreifft, der uns nach Ehre, Gut und Namen trachtet: Denn wer da gleich im Zorn entbrennet, fluchet, ſchilt, drohet, bey dem wohnet der ſanfftmüthige Geiſt Chriſti nicht. 3) Jedoch iſt es nicht wi- der die Sanfftmuth, Schutz gegen ſeine Feinde bey der Obrig- keit zu ſuchen, wie ſich auch Paulus auf den Kayſer be- rieff, und ſich in des Kayſers Schutz begab, als man ihn in Lebens-Gefahr bringen wollte, Apoſt. Geſch. 25, 11. 4) Es ſtehet wahren Kindern GOttes nicht an, wie Hunde zu beiſ- ſen, wie Löwen ſich zu zerreiſſen, wie wilde Thier in Grimm und Bitterkeit zu verfolgen. 5) Bey ſolcher Verfolgung, wenn uns ein Feind drücket, will GOtt eine Probe unſers Glaubens ſehen, und uns zur Erkänntniß der vorhergegan- genen Sünden führen, ob wir vielleicht mit unſerm ungerech- ten Verfahren andern Leuten Seuffzer ausgedrücket haben. 6) Die Kennzeichen der Sanfftmuth ſind: Im Hertzen ver- zeihen, vor die Feinde beten, Matth. 5, 44. ihnen Gutes wünſchen, alles Gutes thun, alles Gutes gönnen, nicht alle Schelt-

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Zitationshilfe: Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/180>, abgerufen am 02.07.2024.