Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

Bild:
<< vorherige Seite

Untersuchung/ derer von super-klugen
so mag versündiget haben/ daß er/ als wie zur
Straffe/ die Krauthäupter in so grosser Menge
in einem Tage in so vielen Ländern muß oder soll
einstreuen/ kan ich weder begreiffen noch glau-
ben; welcher Narr es aber will glauben/ dem
will ichs nicht wehren. Und scheinet/ daß Bar-
thel müsse ein furchtsamer Kerl seyn/ weil er sich
stracks fürchtet/ so eine Magd zu ihm ins Kraut
kömmt/ und sich von seiner Verrichtung lässet
abschrecken; alleine/ ich glaube daß einst eine
Magd an Bartholomäi-Tage mag im Kraute
gewesen seyn/ und hat einen Haasen sehen her-
aus lauffen/ der zuweilen/ nach der Haasen
Gebrauch sich auffgerichtet und ein Männgen
gestanden hat/ diesen mag sie vor Bartheln haben
angesehen/ und hat gedacht/ wenn dieser lang-öh-
rige Kerl oben die kleinen Hertz-Blätgen im
Kraut-Stauden gekostet hat/ er sey der Bar-
thel/ und werffe Krauthäupter ein. Aber zum
wenigsten weiß ich und iedermann/ daß um Bar-
tholomäi schon viel Krauthäupter verkaufft wer-
den. Derowegen solche ja nicht erst am Bar-
tholomäi können eingeworffen werden.

Weil ohne Zweiffel eine steiffe Magd/
Den Haasen hat aus dem Kraute gejagd/
Eben an Bartholomäus-Tage/
So ist davon entstanden die Sage
Als sey es Barthel selbst gewesen/
Drum

Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen
ſo mag verſuͤndiget haben/ daß er/ als wie zur
Straffe/ die Krauthaͤupter in ſo groſſer Menge
in einem Tage in ſo vielen Laͤndern muß oder ſoll
einſtreuen/ kan ich weder begreiffen noch glau-
ben; welcher Narr es aber will glauben/ dem
will ichs nicht wehren. Und ſcheinet/ daß Bar-
thel muͤſſe ein furchtſamer Kerl ſeyn/ weil er ſich
ſtracks fuͤrchtet/ ſo eine Magd zu ihm ins Kraut
koͤmmt/ und ſich von ſeiner Verrichtung laͤſſet
abſchrecken; alleine/ ich glaube daß einſt eine
Magd an Bartholomaͤi-Tage mag im Kraute
geweſen ſeyn/ und hat einen Haaſen ſehen her-
aus lauffen/ der zuweilen/ nach der Haaſen
Gebrauch ſich auffgerichtet und ein Maͤnngen
geſtanden hat/ dieſen mag ſie vor Bartheln haben
angeſehen/ und hat gedacht/ wenn dieſer lang-oͤh-
rige Kerl oben die kleinen Hertz-Blaͤtgen im
Kraut-Stauden gekoſtet hat/ er ſey der Bar-
thel/ und werffe Krauthaͤupter ein. Aber zum
wenigſten weiß ich und iedermann/ daß um Bar-
tholomaͤi ſchon viel Krauthaͤupter verkaufft wer-
den. Derowegen ſolche ja nicht erſt am Bar-
tholomaͤi koͤnnen eingeworffen werden.

Weil ohne Zweiffel eine ſteiffe Magd/
Den Haaſen hat aus dem Kraute gejagd/
Eben an Bartholomaͤus-Tage/
So iſt davon entſtanden die Sage
Als ſey es Barthel ſelbſt geweſen/
Drum
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0062" n="238"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Unter&#x017F;uchung/ derer von</hi><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">&#x017F;uper-</hi></hi><hi rendition="#fr">klugen</hi></fw><lb/>
&#x017F;o mag ver&#x017F;u&#x0364;ndiget haben/ daß er/ als wie zur<lb/>
Straffe/ die Krautha&#x0364;upter in &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;er Menge<lb/>
in einem Tage in &#x017F;o vielen La&#x0364;ndern muß oder &#x017F;oll<lb/>
ein&#x017F;treuen/ kan ich weder begreiffen noch glau-<lb/>
ben; welcher Narr es aber will glauben/ dem<lb/>
will ichs nicht wehren. Und &#x017F;cheinet/ daß Bar-<lb/>
thel mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e ein furcht&#x017F;amer Kerl &#x017F;eyn/ weil er &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;tracks fu&#x0364;rchtet/ &#x017F;o eine Magd zu ihm ins Kraut<lb/>
ko&#x0364;mmt/ und &#x017F;ich von &#x017F;einer Verrichtung la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et<lb/>
ab&#x017F;chrecken; alleine/ ich glaube daß ein&#x017F;t eine<lb/>
Magd an Bartholoma&#x0364;i-Tage mag im Kraute<lb/>
gewe&#x017F;en &#x017F;eyn/ und hat einen Haa&#x017F;en &#x017F;ehen her-<lb/>
aus lauffen/ der zuweilen/ nach der Haa&#x017F;en<lb/>
Gebrauch &#x017F;ich auffgerichtet und ein Ma&#x0364;nngen<lb/>
ge&#x017F;tanden hat/ die&#x017F;en mag &#x017F;ie vor Bartheln haben<lb/>
ange&#x017F;ehen/ und hat gedacht/ wenn die&#x017F;er lang-o&#x0364;h-<lb/>
rige Kerl oben die kleinen Hertz-Bla&#x0364;tgen im<lb/>
Kraut-Stauden geko&#x017F;tet hat/ er &#x017F;ey der Bar-<lb/>
thel/ und werffe Krautha&#x0364;upter ein. Aber zum<lb/>
wenig&#x017F;ten weiß ich und iedermann/ daß um Bar-<lb/>
tholoma&#x0364;i &#x017F;chon viel Krautha&#x0364;upter verkaufft wer-<lb/>
den. Derowegen &#x017F;olche ja nicht er&#x017F;t am Bar-<lb/>
tholoma&#x0364;i ko&#x0364;nnen eingeworffen werden.</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l>Weil ohne Zweiffel eine &#x017F;teiffe Magd/</l><lb/>
          <l>Den Haa&#x017F;en hat aus dem Kraute gejagd/</l><lb/>
          <l>Eben an Bartholoma&#x0364;us-Tage/</l><lb/>
          <l>So i&#x017F;t davon ent&#x017F;tanden die Sage</l><lb/>
          <l>Als &#x017F;ey es Barthel &#x017F;elb&#x017F;t gewe&#x017F;en/</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Drum</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[238/0062] Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen ſo mag verſuͤndiget haben/ daß er/ als wie zur Straffe/ die Krauthaͤupter in ſo groſſer Menge in einem Tage in ſo vielen Laͤndern muß oder ſoll einſtreuen/ kan ich weder begreiffen noch glau- ben; welcher Narr es aber will glauben/ dem will ichs nicht wehren. Und ſcheinet/ daß Bar- thel muͤſſe ein furchtſamer Kerl ſeyn/ weil er ſich ſtracks fuͤrchtet/ ſo eine Magd zu ihm ins Kraut koͤmmt/ und ſich von ſeiner Verrichtung laͤſſet abſchrecken; alleine/ ich glaube daß einſt eine Magd an Bartholomaͤi-Tage mag im Kraute geweſen ſeyn/ und hat einen Haaſen ſehen her- aus lauffen/ der zuweilen/ nach der Haaſen Gebrauch ſich auffgerichtet und ein Maͤnngen geſtanden hat/ dieſen mag ſie vor Bartheln haben angeſehen/ und hat gedacht/ wenn dieſer lang-oͤh- rige Kerl oben die kleinen Hertz-Blaͤtgen im Kraut-Stauden gekoſtet hat/ er ſey der Bar- thel/ und werffe Krauthaͤupter ein. Aber zum wenigſten weiß ich und iedermann/ daß um Bar- tholomaͤi ſchon viel Krauthaͤupter verkaufft wer- den. Derowegen ſolche ja nicht erſt am Bar- tholomaͤi koͤnnen eingeworffen werden. Weil ohne Zweiffel eine ſteiffe Magd/ Den Haaſen hat aus dem Kraute gejagd/ Eben an Bartholomaͤus-Tage/ So iſt davon entſtanden die Sage Als ſey es Barthel ſelbſt geweſen/ Drum

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/62
Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/62>, abgerufen am 21.11.2024.