Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

Bild:
<< vorherige Seite

Untersuchung/ derer von super-klugen
nen werden bekommen oder nicht. Sie probiren
es mit einem unbesehenen Scheite Holtz/ und
wollen gleichsam sich hiermit zu dem bey ihnen
gewöhnlichen Spruche bekennen: So muß ich
einem Mann haben/ und solte ich mir einem von
Stroh oder Holtze machen. Ja/ wenn sie einen
solchen haben wollen/ so können sie auff diese Art
freylich gar bald zu einem krummen oder gera-
den gelangen. Und wäre zu wündschen/ daß alle
solche Mann-tolle Vetteln/ die so vorwitzig sind/
um die Beschaffenheit ihrer zukünfftigen Män-
ner sich vor der Zeit zu bekümmern/ ihr Lebtage
sich mit solchen aus dem Holtze gezogenen Män-
nern/ zur Straffe ihrer Thorheit/ behelffen mü-
sten! Solte dieses Beginnen nicht die Abgötte-
rey derer Heyden übertreffen? welche doch
gleichwohl Götzen ehren/ die gewisse Gestalten
und Bildnisse an sich haben; hier aber sollen un-
gestalte Stücke Holtz Oracula abgeben/ und
anzeigen/ wie der künfftige Liebste soll propor-
tioni
rt seyn. Die thörichten Leute möchten aber
doch nur bedencken/ daß zwar alle diejenige/ wel-
che solche Probe vornehmen/ Scheite Holtz
kriegten/ aber alle bekommen nicht Männer.
Dahero/ welche keinen Mann bekömmt/ und
hat doch ein Scheit Holtz ausgezogen/ die siehet
ja solcher gestalt/ daß diese abgöttische Probe
falsch und erlogen sey. Es wird mir zwar ohne

Zweiffel

Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen
nen werden bekommen oder nicht. Sie probiren
es mit einem unbeſehenen Scheite Holtz/ und
wollen gleichſam ſich hiermit zu dem bey ihnen
gewoͤhnlichen Spruche bekennen: So muß ich
einem Mann haben/ und ſolte ich mir einem von
Stroh oder Holtze machen. Ja/ wenn ſie einen
ſolchen haben wollen/ ſo koͤnnen ſie auff dieſe Art
freylich gar bald zu einem krummen oder gera-
den gelangen. Und waͤre zu wuͤndſchen/ daß alle
ſolche Mann-tolle Vetteln/ die ſo vorwitzig ſind/
um die Beſchaffenheit ihrer zukuͤnfftigen Maͤn-
ner ſich vor der Zeit zu bekuͤmmern/ ihr Lebtage
ſich mit ſolchen aus dem Holtze gezogenen Maͤn-
nern/ zur Straffe ihrer Thorheit/ behelffen muͤ-
ſten! Solte dieſes Beginnen nicht die Abgoͤtte-
rey derer Heyden uͤbertreffen? welche doch
gleichwohl Goͤtzen ehren/ die gewiſſe Geſtalten
und Bildniſſe an ſich haben; hier aber ſollen un-
geſtalte Stuͤcke Holtz Oracula abgeben/ und
anzeigen/ wie der kuͤnfftige Liebſte ſoll propor-
tioni
rt ſeyn. Die thoͤrichten Leute moͤchten aber
doch nur bedencken/ daß zwar alle diejenige/ wel-
che ſolche Probe vornehmen/ Scheite Holtz
kriegten/ aber alle bekommen nicht Maͤnner.
Dahero/ welche keinen Mann bekoͤmmt/ und
hat doch ein Scheit Holtz ausgezogen/ die ſiehet
ja ſolcher geſtalt/ daß dieſe abgoͤttiſche Probe
falſch und erlogen ſey. Es wird mir zwar ohne

Zweiffel
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0040" n="216"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Unter&#x017F;uchung/ derer von</hi><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">&#x017F;uper-</hi></hi><hi rendition="#fr">klugen</hi></fw><lb/>
nen werden bekommen oder nicht. Sie probiren<lb/>
es mit einem unbe&#x017F;ehenen Scheite Holtz/ und<lb/>
wollen gleich&#x017F;am &#x017F;ich hiermit zu dem bey ihnen<lb/>
gewo&#x0364;hnlichen Spruche bekennen: So muß ich<lb/>
einem Mann haben/ und &#x017F;olte ich mir einem von<lb/>
Stroh oder Holtze machen. Ja/ wenn &#x017F;ie einen<lb/>
&#x017F;olchen haben wollen/ &#x017F;o ko&#x0364;nnen &#x017F;ie auff die&#x017F;e Art<lb/>
freylich gar bald zu einem krummen oder gera-<lb/>
den gelangen. Und wa&#x0364;re zu wu&#x0364;nd&#x017F;chen/ daß alle<lb/>
&#x017F;olche Mann-tolle Vetteln/ die &#x017F;o vorwitzig &#x017F;ind/<lb/>
um die Be&#x017F;chaffenheit ihrer zuku&#x0364;nfftigen Ma&#x0364;n-<lb/>
ner &#x017F;ich vor der Zeit zu beku&#x0364;mmern/ ihr Lebtage<lb/>
&#x017F;ich mit &#x017F;olchen aus dem Holtze gezogenen Ma&#x0364;n-<lb/>
nern/ zur Straffe ihrer Thorheit/ behelffen mu&#x0364;-<lb/>
&#x017F;ten! Solte die&#x017F;es Beginnen nicht die Abgo&#x0364;tte-<lb/>
rey derer Heyden u&#x0364;bertreffen? welche doch<lb/>
gleichwohl Go&#x0364;tzen ehren/ die gewi&#x017F;&#x017F;e Ge&#x017F;talten<lb/>
und Bildni&#x017F;&#x017F;e an &#x017F;ich haben; hier aber &#x017F;ollen un-<lb/>
ge&#x017F;talte Stu&#x0364;cke Holtz <hi rendition="#aq">Oracula</hi> abgeben/ und<lb/>
anzeigen/ wie der ku&#x0364;nfftige Lieb&#x017F;te &#x017F;oll <hi rendition="#aq">propor-<lb/>
tioni</hi>rt &#x017F;eyn. Die tho&#x0364;richten Leute mo&#x0364;chten aber<lb/>
doch nur bedencken/ daß zwar alle diejenige/ wel-<lb/>
che &#x017F;olche Probe vornehmen/ Scheite Holtz<lb/>
kriegten/ aber alle bekommen nicht Ma&#x0364;nner.<lb/>
Dahero/ welche keinen Mann beko&#x0364;mmt/ und<lb/>
hat doch ein Scheit Holtz ausgezogen/ die &#x017F;iehet<lb/>
ja &#x017F;olcher ge&#x017F;talt/ daß die&#x017F;e abgo&#x0364;tti&#x017F;che Probe<lb/>
fal&#x017F;ch und erlogen &#x017F;ey. Es wird mir zwar ohne<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Zweiffel</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[216/0040] Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen nen werden bekommen oder nicht. Sie probiren es mit einem unbeſehenen Scheite Holtz/ und wollen gleichſam ſich hiermit zu dem bey ihnen gewoͤhnlichen Spruche bekennen: So muß ich einem Mann haben/ und ſolte ich mir einem von Stroh oder Holtze machen. Ja/ wenn ſie einen ſolchen haben wollen/ ſo koͤnnen ſie auff dieſe Art freylich gar bald zu einem krummen oder gera- den gelangen. Und waͤre zu wuͤndſchen/ daß alle ſolche Mann-tolle Vetteln/ die ſo vorwitzig ſind/ um die Beſchaffenheit ihrer zukuͤnfftigen Maͤn- ner ſich vor der Zeit zu bekuͤmmern/ ihr Lebtage ſich mit ſolchen aus dem Holtze gezogenen Maͤn- nern/ zur Straffe ihrer Thorheit/ behelffen muͤ- ſten! Solte dieſes Beginnen nicht die Abgoͤtte- rey derer Heyden uͤbertreffen? welche doch gleichwohl Goͤtzen ehren/ die gewiſſe Geſtalten und Bildniſſe an ſich haben; hier aber ſollen un- geſtalte Stuͤcke Holtz Oracula abgeben/ und anzeigen/ wie der kuͤnfftige Liebſte ſoll propor- tionirt ſeyn. Die thoͤrichten Leute moͤchten aber doch nur bedencken/ daß zwar alle diejenige/ wel- che ſolche Probe vornehmen/ Scheite Holtz kriegten/ aber alle bekommen nicht Maͤnner. Dahero/ welche keinen Mann bekoͤmmt/ und hat doch ein Scheit Holtz ausgezogen/ die ſiehet ja ſolcher geſtalt/ daß dieſe abgoͤttiſche Probe falſch und erlogen ſey. Es wird mir zwar ohne Zweiffel

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/40
Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/40>, abgerufen am 20.04.2024.