Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Nahme GOttes und der Heiligen Dreyfaltig-keit so schändlich gemißbrauchet/ und dem Teuf- fel zu Liebe verunehret wird. Es wird gesün- diget wieder das siebende Gebot/ in welchem GOtt das Stehlen verbietet/ hier aber wird ge- stohlen Brod als ein Hülffs. Mittel recomman- diret und gebraucht. Auch wird gesündiget wieder das fünffte Gebot; denn dieses ist keine Artzney zur Genesung/ sondern vielmehr zum Tode/ weil damit ohnmöglich das Fieber kan vertrieben werden. Wohl aber wird damit ver- hindert/ daß ordentliche und dienliche Artzney- Mittel nicht gebraucht werden/ daß mancher Patiente also dahin sterben/ und offt an Leib und Seele verderben muß. Und weiß ich selbst E- xempel/ daß Leute/ welche solche zauberische Mittel an denen versucht haben/ die das Fieber gehabt/ damit so viel zuwege gebracht haben/ daß hernach keine natürlichen Medicamenta etwas haben effectuiren können/ biß endlich die Pa- tienten so verzehret worden/ daß sie die Erde drü- ber käuen müssen. Und ist das gemeiniglich der Nutzen von solcher Gauckeley/ daß bey solchen Patienten/ an welchen dergleichen abergläubi- sche Possen sind versucht worden/ hernach keine natürlichen Hülffs-Mittel mehr anschlagen. Wie denn auch solche Hexen und Zauber-Aertz- te zu sagen pflegen: Wenn das nicht hilfft/ so ist euch C c 5
Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Nahme GOttes und der Heiligen Dreyfaltig-keit ſo ſchaͤndlich gemißbrauchet/ und dem Teuf- fel zu Liebe verunehret wird. Es wird geſuͤn- diget wieder das ſiebende Gebot/ in welchem GOtt das Stehlen verbietet/ hier aber wird ge- ſtohlen Brod als ein Huͤlffs. Mittel recomman- diret und gebraucht. Auch wird geſuͤndiget wieder das fuͤnffte Gebot; denn dieſes iſt keine Artzney zur Geneſung/ ſondern vielmehr zum Tode/ weil damit ohnmoͤglich das Fieber kan vertrieben werden. Wohl aber wird damit ver- hindert/ daß ordentliche und dienliche Artzney- Mittel nicht gebraucht werden/ daß mancher Patiente alſo dahin ſterben/ und offt an Leib und Seele verderben muß. Und weiß ich ſelbſt E- xempel/ daß Leute/ welche ſolche zauberiſche Mittel an denen verſucht haben/ die das Fieber gehabt/ damit ſo viel zuwege gebracht haben/ daß hernach keine natuͤrlichen Medicamenta etwas haben effectuiren koͤnnen/ biß endlich die Pa- tienten ſo verzehret worden/ daß ſie die Erde druͤ- ber kaͤuen muͤſſen. Und iſt das gemeiniglich der Nutzen von ſolcher Gauckeley/ daß bey ſolchen Patienten/ an welchen dergleichen aberglaͤubi- ſche Poſſen ſind verſucht worden/ hernach keine natuͤrlichen Huͤlffs-Mittel mehr anſchlagen. Wie denn auch ſolche Hexen und Zauber-Aertz- te zu ſagen pflegen: Wenn das nicht hilfft/ ſo iſt euch C c 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0233" n="409"/><fw place="top" type="header">Weibern hochgehaltenen Aberglauben.</fw><lb/> Nahme GOttes und der Heiligen Dreyfaltig-<lb/> keit ſo ſchaͤndlich gemißbrauchet/ und dem Teuf-<lb/> fel zu Liebe verunehret wird. Es wird geſuͤn-<lb/> diget wieder das ſiebende Gebot/ in welchem<lb/> GOtt das Stehlen verbietet/ hier aber wird ge-<lb/> ſtohlen Brod als ein Huͤlffs. Mittel <hi rendition="#aq">recomman-<lb/> dir</hi>et und gebraucht. Auch wird geſuͤndiget<lb/> wieder das fuͤnffte Gebot; denn dieſes iſt keine<lb/> Artzney zur Geneſung/ ſondern vielmehr zum<lb/> Tode/ weil damit ohnmoͤglich das Fieber kan<lb/> vertrieben werden. Wohl aber wird damit ver-<lb/> hindert/ daß ordentliche und dienliche Artzney-<lb/> Mittel nicht gebraucht werden/ daß mancher<lb/> Patiente alſo dahin ſterben/ und offt an Leib und<lb/> Seele verderben muß. Und weiß ich ſelbſt E-<lb/> xempel/ daß Leute/ welche ſolche zauberiſche<lb/> Mittel an denen verſucht haben/ die das Fieber<lb/> gehabt/ damit ſo viel zuwege gebracht haben/ daß<lb/> hernach keine natuͤrlichen <hi rendition="#aq">Medicamenta</hi> etwas<lb/> haben <hi rendition="#aq">effectuir</hi>en koͤnnen/ biß endlich die Pa-<lb/> tienten ſo verzehret worden/ daß ſie die Erde druͤ-<lb/> ber kaͤuen muͤſſen. Und iſt das gemeiniglich der<lb/> Nutzen von ſolcher Gauckeley/ daß bey ſolchen<lb/> Patienten/ an welchen dergleichen aberglaͤubi-<lb/> ſche Poſſen ſind verſucht worden/ hernach keine<lb/> natuͤrlichen Huͤlffs-Mittel mehr anſchlagen.<lb/> Wie denn auch ſolche Hexen und Zauber-Aertz-<lb/> te zu ſagen pflegen: Wenn das nicht hilfft/ ſo iſt<lb/> <fw place="bottom" type="sig">C c 5</fw><fw place="bottom" type="catch">euch</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [409/0233]
Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Nahme GOttes und der Heiligen Dreyfaltig-
keit ſo ſchaͤndlich gemißbrauchet/ und dem Teuf-
fel zu Liebe verunehret wird. Es wird geſuͤn-
diget wieder das ſiebende Gebot/ in welchem
GOtt das Stehlen verbietet/ hier aber wird ge-
ſtohlen Brod als ein Huͤlffs. Mittel recomman-
diret und gebraucht. Auch wird geſuͤndiget
wieder das fuͤnffte Gebot; denn dieſes iſt keine
Artzney zur Geneſung/ ſondern vielmehr zum
Tode/ weil damit ohnmoͤglich das Fieber kan
vertrieben werden. Wohl aber wird damit ver-
hindert/ daß ordentliche und dienliche Artzney-
Mittel nicht gebraucht werden/ daß mancher
Patiente alſo dahin ſterben/ und offt an Leib und
Seele verderben muß. Und weiß ich ſelbſt E-
xempel/ daß Leute/ welche ſolche zauberiſche
Mittel an denen verſucht haben/ die das Fieber
gehabt/ damit ſo viel zuwege gebracht haben/ daß
hernach keine natuͤrlichen Medicamenta etwas
haben effectuiren koͤnnen/ biß endlich die Pa-
tienten ſo verzehret worden/ daß ſie die Erde druͤ-
ber kaͤuen muͤſſen. Und iſt das gemeiniglich der
Nutzen von ſolcher Gauckeley/ daß bey ſolchen
Patienten/ an welchen dergleichen aberglaͤubi-
ſche Poſſen ſind verſucht worden/ hernach keine
natuͤrlichen Huͤlffs-Mittel mehr anſchlagen.
Wie denn auch ſolche Hexen und Zauber-Aertz-
te zu ſagen pflegen: Wenn das nicht hilfft/ ſo iſt
euch
C c 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/233 |
Zitationshilfe: | Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/233>, abgerufen am 16.07.2024. |