Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Ungebühr/ irgend aus Affecten und Feind-schafft/ auff die Folter gebracht würde/ so möchte nicht nur dieser Verß/ sondern vielmehr der gan- tze zehende Psalm/ einem solchen unschuldig Lei- denden zu einem Gebet dienen. Aber auff den Rücken zu hengen würde sicherlich ein Blat aus dem Eulenspiegel und dieser Spruch einer- ley Wirckung haben. Denn der Rücken und auch der todte Buchstabe ruffet nicht zu GOtt/ sondern die Seele/ welche insgemein unter dem Nahmen Hertz verstanden wird. Ist demnach das Anhengen einer solchen Schrifft vor nichts anders zu achten/ als eine Zauberey und Miß- brauch der heiligen Schrifft. Es kan auch nichts effectuiren/ ausser durch Zulassung GOttes/ mit Hülffe des Teuffels. Dahero man sich de- sto mehr davor zu hüten hat/ wenn man dadurch nicht dem Teuffel will zu Theil werden. Hast du die böse That begangen und voll- bracht/ So glaube/ daß der Spruch des Psalmes gar nichts macht/ Das dir zu Nutzen kömmt. Der Mißbrauch heilger Schrifft Wird dir und deiner Seel zu lauter Höllen- Gifft. Drum rath ich/ daß du frey bekennest ohne Zwangk/ Eh C c
Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Ungebuͤhr/ irgend aus Affecten und Feind-ſchafft/ auff die Folter gebracht wuͤrde/ ſo moͤchte nicht nur dieſer Verß/ ſondern vielmehr der gan- tze zehende Pſalm/ einem ſolchen unſchuldig Lei- denden zu einem Gebet dienen. Aber auff den Ruͤcken zu hengen wuͤrde ſicherlich ein Blat aus dem Eulenſpiegel und dieſer Spruch einer- ley Wirckung haben. Denn der Ruͤcken und auch der todte Buchſtabe ruffet nicht zu GOtt/ ſondern die Seele/ welche insgemein unter dem Nahmen Hertz verſtanden wird. Iſt demnach das Anhengen einer ſolchen Schrifft vor nichts anders zu achten/ als eine Zauberey und Miß- brauch der heiligen Schrifft. Es kan auch nichts effectuiren/ auſſer durch Zulaſſung GOttes/ mit Huͤlffe des Teuffels. Dahero man ſich de- ſto mehr davor zu huͤten hat/ wenn man dadurch nicht dem Teuffel will zu Theil werden. Haſt du die boͤſe That begangen und voll- bracht/ So glaube/ daß der Spruch des Pſalmes gar nichts macht/ Das dir zu Nutzen koͤm̃t. Der Mißbrauch heilger Schrifft Wird dir und deiner Seel zu lauter Hoͤllen- Gifft. Drum rath ich/ daß du frey bekenneſt ohne Zwangk/ Eh C c
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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Ungebuͤhr/ irgend aus Affecten und Feind-
ſchafft/ auff die Folter gebracht wuͤrde/ ſo moͤchte
nicht nur dieſer Verß/ ſondern vielmehr der gan-
tze zehende Pſalm/ einem ſolchen unſchuldig Lei-
denden zu einem Gebet dienen. Aber auff den
Ruͤcken zu hengen wuͤrde ſicherlich ein Blat
aus dem Eulenſpiegel und dieſer Spruch einer-
ley Wirckung haben. Denn der Ruͤcken und
auch der todte Buchſtabe ruffet nicht zu GOtt/
ſondern die Seele/ welche insgemein unter dem
Nahmen Hertz verſtanden wird. Iſt demnach
das Anhengen einer ſolchen Schrifft vor nichts
anders zu achten/ als eine Zauberey und Miß-
brauch der heiligen Schrifft. Es kan auch nichts
effectuiren/ auſſer durch Zulaſſung GOttes/
mit Huͤlffe des Teuffels. Dahero man ſich de-
ſto mehr davor zu huͤten hat/ wenn man dadurch
nicht dem Teuffel will zu Theil werden.
Haſt du die boͤſe That begangen und voll-
bracht/
So glaube/ daß der Spruch des Pſalmes
gar nichts macht/
Das dir zu Nutzen koͤm̃t. Der Mißbrauch
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Wird dir und deiner Seel zu lauter Hoͤllen-
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