Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.Weibern hochgehaltenen Aberglauben. zu diesem Jüngling gegangen sind/ daß er ihre ansich habenden Beulen/ Kröpffe/ Gewächse/ und dergleichen/ hat anrühren müssen/ in der Hoff- nung/ daß/ weil er der siebende Sohn wäre/ durch sein Anrühren ihnen werde geholffen werden. Allein ich habe noch nicht erfahren/ daß eines sey dadurch heil worden. Und glaube ich/ daß die Einbildung bloß daher kommen mag/ weil es et- was ungemeines ist/ daß sieben Söhne nach ein- ander gebohren werden; denn es ist bekandt/ daß man gern aus seltsamen Begebenheiten aber- gläubische Wunder-Wercke machet. Die sie- bende Zahl wird zwar vor eine sonderliche und heilige Zahl geachtet. Wenn man aber darauff reflectiren will/ so sage ich/ die erste Zahl ist auch heilig/ wegen des einigen GOttes/ und wegen der von GOtt beliebten ersten Geburt. Die an- dere wegen der zwey Naturen in Christo/ der zwey Tafeln des Gesetzes/ der zwey Sacramen- te und Testamente/ etc. Die dritte wegen der drey Personen in der Gottheit/ als die drey Zeugen im Himmel/ ferner die drey Zeugen auff Erden; und des Sprichworts: Omne trinum perfe- ctum. &c. Die vierdte wegen der 4. Evange- listen/ etc. Die fünffte wegen der fünff heiligen Wunden unsers Erlösers/ etc. Die sechste we- gen der sechs steinern Wasser-Krüge zu Cana/ der sechs Haupt-Stücke unsers Catechismi/ etc. Daß also
Weibern hochgehaltenen Aberglauben. zu dieſem Juͤngling gegangen ſind/ daß er ihre anſich habenden Beulen/ Kroͤpffe/ Gewaͤchſe/ und dergleichen/ hat anruͤhren muͤſſen/ in der Hoff- nung/ daß/ weil er der ſiebende Sohn waͤre/ durch ſein Anruͤhren ihnen werde geholffen werden. Allein ich habe noch nicht erfahren/ daß eines ſey dadurch heil worden. Und glaube ich/ daß die Einbildung bloß daher kommen mag/ weil es et- was ungemeines iſt/ daß ſieben Soͤhne nach ein- ander gebohren werden; denn es iſt bekandt/ daß man gern aus ſeltſamen Begebenheiten aber- glaͤubiſche Wunder-Wercke machet. Die ſie- bende Zahl wird zwar vor eine ſonderliche und heilige Zahl geachtet. Wenn man aber darauff reflectiren will/ ſo ſage ich/ die erſte Zahl iſt auch heilig/ wegen des einigen GOttes/ und wegen der von GOtt beliebten erſten Geburt. Die an- dere wegen der zwey Naturen in Chriſto/ der zwey Tafeln des Geſetzes/ der zwey Sacramen- te und Teſtamente/ ꝛc. Die dritte wegen der drey Perſonen in der Gottheit/ als die drey Zeugen im Himmel/ ferner die drey Zeugen auff Erden; und des Sprichworts: Omne trinum perfe- ctum. &c. Die vierdte wegen der 4. Evange- liſten/ ꝛc. Die fuͤnffte wegen der fuͤnff heiligen Wunden unſers Erloͤſers/ ꝛc. Die ſechſte we- gen der ſechs ſteinern Waſſer-Kruͤge zu Cana/ der ſechs Haupt-Stuͤcke unſers Catechiſmi/ ꝛc. Daß alſo
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0221" n="397"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Weibern hochgehaltenen Aberglauben.</hi></fw><lb/> zu dieſem Juͤngling gegangen ſind/ daß er ihre an<lb/> ſich habenden Beulen/ Kroͤpffe/ Gewaͤchſe/ und<lb/> dergleichen/ hat anruͤhren muͤſſen/ in der Hoff-<lb/> nung/ daß/ weil er der ſiebende Sohn waͤre/ durch<lb/> ſein Anruͤhren ihnen werde geholffen werden.<lb/> Allein ich habe noch nicht erfahren/ daß eines ſey<lb/> dadurch heil worden. Und glaube ich/ daß die<lb/> Einbildung bloß daher kommen mag/ weil es et-<lb/> was ungemeines iſt/ daß ſieben Soͤhne nach ein-<lb/> ander gebohren werden; denn es iſt bekandt/ daß<lb/> man gern aus ſeltſamen Begebenheiten aber-<lb/> glaͤubiſche Wunder-Wercke machet. Die ſie-<lb/> bende Zahl wird zwar vor eine ſonderliche und<lb/> heilige Zahl geachtet. Wenn man aber darauff<lb/><hi rendition="#aq">reflectir</hi>en will/ ſo ſage ich/ die erſte Zahl iſt auch<lb/> heilig/ wegen des einigen GOttes/ und wegen<lb/> der von GOtt beliebten erſten Geburt. Die an-<lb/> dere wegen der zwey Naturen in Chriſto/ der<lb/> zwey Tafeln des Geſetzes/ der zwey Sacramen-<lb/> te und Teſtamente/ ꝛc. Die dritte wegen der drey<lb/> Perſonen in der Gottheit/ als die drey Zeugen<lb/> im Himmel/ ferner die drey Zeugen auff Erden;<lb/> und des Sprichworts: <hi rendition="#aq">Omne trinum perfe-<lb/> ctum. &c.</hi> Die vierdte wegen der 4. Evange-<lb/> liſten/ ꝛc. Die fuͤnffte wegen der fuͤnff heiligen<lb/> Wunden unſers Erloͤſers/ ꝛc. Die ſechſte we-<lb/> gen der ſechs ſteinern Waſſer-Kruͤge zu Cana/ der<lb/> ſechs Haupt-Stuͤcke unſers Catechiſmi/ ꝛc. Daß<lb/> <fw place="bottom" type="catch">alſo</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [397/0221]
Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
zu dieſem Juͤngling gegangen ſind/ daß er ihre an
ſich habenden Beulen/ Kroͤpffe/ Gewaͤchſe/ und
dergleichen/ hat anruͤhren muͤſſen/ in der Hoff-
nung/ daß/ weil er der ſiebende Sohn waͤre/ durch
ſein Anruͤhren ihnen werde geholffen werden.
Allein ich habe noch nicht erfahren/ daß eines ſey
dadurch heil worden. Und glaube ich/ daß die
Einbildung bloß daher kommen mag/ weil es et-
was ungemeines iſt/ daß ſieben Soͤhne nach ein-
ander gebohren werden; denn es iſt bekandt/ daß
man gern aus ſeltſamen Begebenheiten aber-
glaͤubiſche Wunder-Wercke machet. Die ſie-
bende Zahl wird zwar vor eine ſonderliche und
heilige Zahl geachtet. Wenn man aber darauff
reflectiren will/ ſo ſage ich/ die erſte Zahl iſt auch
heilig/ wegen des einigen GOttes/ und wegen
der von GOtt beliebten erſten Geburt. Die an-
dere wegen der zwey Naturen in Chriſto/ der
zwey Tafeln des Geſetzes/ der zwey Sacramen-
te und Teſtamente/ ꝛc. Die dritte wegen der drey
Perſonen in der Gottheit/ als die drey Zeugen
im Himmel/ ferner die drey Zeugen auff Erden;
und des Sprichworts: Omne trinum perfe-
ctum. &c. Die vierdte wegen der 4. Evange-
liſten/ ꝛc. Die fuͤnffte wegen der fuͤnff heiligen
Wunden unſers Erloͤſers/ ꝛc. Die ſechſte we-
gen der ſechs ſteinern Waſſer-Kruͤge zu Cana/ der
ſechs Haupt-Stuͤcke unſers Catechiſmi/ ꝛc. Daß
alſo
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |