Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

Bild:
<< vorherige Seite

Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
und Würmer bewahren können/ weil solche in
denen Särgen verschlossen und damit umgeben
sind. Da aber im Contrario die todten Cörper
vielmehr denen Würmern zur Speise werden/
so will mir das Mittel nicht in Kopff/ ob solte
ein Splitter von einem Sarge die Raupen aus
dem Kraute vertreiben; und glaube vielmehr/
daß dieses nur eine zweydeutige Redens-Art sey/
dergleichen vor etlichen Jahren ein muthwilli-
ger Soldate verübte. Nehmlich/ der Soldate
hatte offt unter einem Thore in der Stadt/ all wo
er damahls in Qvartier lag/ die Wache/ und
wenn die Wach-Stunden nicht an ihm waren/
setzte er sich unter das Thor/ und machte von
Binsen kleine Fischreisen/ und verkauffte solche.
Es gieng aber ein Bauer zum öfftern durch die-
ses Thor/ und sahe den Soldaten solche Fischrei-
sen machen/ wuste aber nicht worzu man sie
brauchte/ fragte derhalben worzu er so viel solche
Körbgen machte? Der Soldate sagte: Seyd
ihr ein Bauer und wisset das nicht/ so habt ihr
gewiß kein Kraut. Der Bauer fragte: Warum
Kraut? ich habe Kraut gnung. Der Soldate
sagte ferner: Ob ihm denn keine Haasen in sein
Kraut kämen? ach ja/ antwortete der Bauer/
sie thun mir Schaden gnung darinnen. Der
Soldate sagte: Ey nu/ warum kaufft ihr denn
keine solche Körbgen? hole mich der Böse/ wenn

man
A a 3

Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
und Wuͤrmer bewahren koͤnnen/ weil ſolche in
denen Saͤrgen verſchloſſen und damit umgeben
ſind. Da aber im Contrario die todten Coͤrper
vielmehr denen Wuͤrmern zur Speiſe werden/
ſo will mir das Mittel nicht in Kopff/ ob ſolte
ein Splitter von einem Sarge die Raupen aus
dem Kraute vertreiben; und glaube vielmehr/
daß dieſes nur eine zweydeutige Redens-Art ſey/
dergleichen vor etlichen Jahren ein muthwilli-
ger Soldate veruͤbte. Nehmlich/ der Soldate
hatte offt unter einem Thore in der Stadt/ all wo
er damahls in Qvartier lag/ die Wache/ und
wenn die Wach-Stunden nicht an ihm waren/
ſetzte er ſich unter das Thor/ und machte von
Binſen kleine Fiſchreiſen/ und verkauffte ſolche.
Es gieng aber ein Bauer zum oͤfftern durch die-
ſes Thor/ und ſahe den Soldaten ſolche Fiſchrei-
ſen machen/ wuſte aber nicht worzu man ſie
brauchte/ fragte derhalben worzu er ſo viel ſolche
Koͤrbgen machte? Der Soldate ſagte: Seyd
ihr ein Bauer und wiſſet das nicht/ ſo habt ihr
gewiß kein Kraut. Der Bauer fragte: Warum
Kraut? ich habe Kraut gnung. Der Soldate
ſagte ferner: Ob ihm denn keine Haaſen in ſein
Kraut kaͤmen? ach ja/ antwortete der Bauer/
ſie thun mir Schaden gnung darinnen. Der
Soldate ſagte: Ey nu/ warum kaufft ihr denn
keine ſolche Koͤrbgen? hole mich der Boͤſe/ wenn

man
A a 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0197" n="373"/><fw place="top" type="header">Weibern hochgehaltenen Aberglauben.</fw><lb/>
und Wu&#x0364;rmer bewahren ko&#x0364;nnen/ weil &#x017F;olche in<lb/>
denen Sa&#x0364;rgen ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en und damit umgeben<lb/>
&#x017F;ind. Da aber im <hi rendition="#aq">Contrario</hi> die todten Co&#x0364;rper<lb/>
vielmehr denen Wu&#x0364;rmern zur Spei&#x017F;e werden/<lb/>
&#x017F;o will mir das Mittel nicht in Kopff/ ob &#x017F;olte<lb/>
ein Splitter von einem Sarge die Raupen aus<lb/>
dem Kraute vertreiben; und glaube vielmehr/<lb/>
daß die&#x017F;es nur eine zweydeutige Redens-Art &#x017F;ey/<lb/>
dergleichen vor <choice><sic>etiichen</sic><corr>etlichen</corr></choice> Jahren ein muthwilli-<lb/>
ger Soldate veru&#x0364;bte. Nehmlich/ der Soldate<lb/>
hatte offt unter einem Thore in der Stadt/ all wo<lb/>
er damahls in Qvartier lag/ die Wache/ und<lb/>
wenn die Wach-Stunden nicht an ihm waren/<lb/>
&#x017F;etzte er &#x017F;ich unter das Thor/ und machte von<lb/>
Bin&#x017F;en kleine Fi&#x017F;chrei&#x017F;en/ und verkauffte &#x017F;olche.<lb/>
Es gieng aber ein Bauer zum o&#x0364;fftern durch die-<lb/>
&#x017F;es Thor/ und &#x017F;ahe den Soldaten &#x017F;olche Fi&#x017F;chrei-<lb/>
&#x017F;en machen/ wu&#x017F;te aber nicht worzu man &#x017F;ie<lb/>
brauchte/ fragte derhalben worzu er &#x017F;o viel &#x017F;olche<lb/>
Ko&#x0364;rbgen machte? Der Soldate &#x017F;agte: Seyd<lb/>
ihr ein Bauer und wi&#x017F;&#x017F;et das nicht/ &#x017F;o habt ihr<lb/>
gewiß kein Kraut. Der Bauer fragte: Warum<lb/>
Kraut? ich habe Kraut gnung. Der Soldate<lb/>
&#x017F;agte ferner: Ob ihm denn keine Haa&#x017F;en in &#x017F;ein<lb/>
Kraut ka&#x0364;men? ach ja/ antwortete der Bauer/<lb/>
&#x017F;ie thun mir Schaden gnung darinnen. Der<lb/>
Soldate &#x017F;agte: Ey nu/ warum kaufft ihr denn<lb/>
keine &#x017F;olche Ko&#x0364;rbgen? hole mich der Bo&#x0364;&#x017F;e/ wenn<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A a 3</fw><fw place="bottom" type="catch">man</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[373/0197] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. und Wuͤrmer bewahren koͤnnen/ weil ſolche in denen Saͤrgen verſchloſſen und damit umgeben ſind. Da aber im Contrario die todten Coͤrper vielmehr denen Wuͤrmern zur Speiſe werden/ ſo will mir das Mittel nicht in Kopff/ ob ſolte ein Splitter von einem Sarge die Raupen aus dem Kraute vertreiben; und glaube vielmehr/ daß dieſes nur eine zweydeutige Redens-Art ſey/ dergleichen vor etlichen Jahren ein muthwilli- ger Soldate veruͤbte. Nehmlich/ der Soldate hatte offt unter einem Thore in der Stadt/ all wo er damahls in Qvartier lag/ die Wache/ und wenn die Wach-Stunden nicht an ihm waren/ ſetzte er ſich unter das Thor/ und machte von Binſen kleine Fiſchreiſen/ und verkauffte ſolche. Es gieng aber ein Bauer zum oͤfftern durch die- ſes Thor/ und ſahe den Soldaten ſolche Fiſchrei- ſen machen/ wuſte aber nicht worzu man ſie brauchte/ fragte derhalben worzu er ſo viel ſolche Koͤrbgen machte? Der Soldate ſagte: Seyd ihr ein Bauer und wiſſet das nicht/ ſo habt ihr gewiß kein Kraut. Der Bauer fragte: Warum Kraut? ich habe Kraut gnung. Der Soldate ſagte ferner: Ob ihm denn keine Haaſen in ſein Kraut kaͤmen? ach ja/ antwortete der Bauer/ ſie thun mir Schaden gnung darinnen. Der Soldate ſagte: Ey nu/ warum kaufft ihr denn keine ſolche Koͤrbgen? hole mich der Boͤſe/ wenn man A a 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/197
Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/197>, abgerufen am 18.12.2024.