Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Trincken wieder curiret. Wenn sie aber das ver-drüßliche Jucken hinter denen Ohren oder am Kopffe fühlen/ da wissen sie keinen Rath davor/ drum müssen die Männer sie mit Schlag-Bal- sam anstreichen/ biß sie recht wieder zum Ver- stande kommen. Denn wenn der Wein und das Bier/ so sie beym Schmausen in sich geschluckt haben/ ihnen in die Höhe gestiegen ist/ und im Kopffe krübelt/ so kan es nicht fehlen/ sie befürch- ten den Schlag. Und ist derowegen recht etwas wunderwürdiges/ wie fleißig und accurat das Weibsvolck ist/ wenn sie von einer Sache Ob- servationes machen/ wie es würcklich hieraus zur Gnüge abzunehmen ist/ wenn nehmlich ih- nen alles so genau eintrifft/ daß auff das Steiß- Jucken die Gevatterschafft/ auffs Halß-Jucken der Schmauß/ und auffs Kopff-Jucken die Schläge erfolgen. Weil denn nun bey diesem Glaubens-Puncte eben keine sonderliche Sün- de gethan wird/ so mögen die lieben Weiber im- mer dabey bleiben/ und sich die Köpffe fein fleis- sig salben lassen; was vom Kopffe abfället/ wird ihnen wohl auff dem Rücken bleiben. Wie sein es doch gradatim geht bey unsern lieben Weibern/ Das Jucken kömmt erst an den Steiß/ an ihren zarten Leibern/ Vom
Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Trincken wieder curiret. Wenn ſie aber das ver-druͤßliche Jucken hinter denen Ohren oder am Kopffe fuͤhlen/ da wiſſen ſie keinen Rath davor/ drum muͤſſen die Maͤnner ſie mit Schlag-Bal- ſam anſtreichen/ biß ſie recht wieder zum Ver- ſtande kommen. Denn wenn der Wein und das Bier/ ſo ſie beym Schmauſen in ſich geſchluckt haben/ ihnen in die Hoͤhe geſtiegen iſt/ und im Kopffe kruͤbelt/ ſo kan es nicht fehlen/ ſie befuͤrch- ten den Schlag. Und iſt derowegen recht etwas wunderwuͤrdiges/ wie fleißig und accurat das Weibsvolck iſt/ wenn ſie von einer Sache Ob- ſervationes machen/ wie es wuͤrcklich hieraus zur Gnuͤge abzunehmen iſt/ wenn nehmlich ih- nen alles ſo genau eintrifft/ daß auff das Steiß- Jucken die Gevatterſchafft/ auffs Halß-Jucken der Schmauß/ und auffs Kopff-Jucken die Schlaͤge erfolgen. Weil denn nun bey dieſem Glaubens-Puncte eben keine ſonderliche Suͤn- de gethan wird/ ſo moͤgen die lieben Weiber im- mer dabey bleiben/ und ſich die Koͤpffe fein fleiſ- ſig ſalben laſſen; was vom Kopffe abfaͤllet/ wird ihnen wohl auff dem Ruͤcken bleiben. Wie ſein es doch gradatim geht bey unſern lieben Weibern/ Das Jucken koͤmmt erſt an den Steiß/ an ihren zarten Leibern/ Vom
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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Trincken wieder curiret. Wenn ſie aber das ver-
druͤßliche Jucken hinter denen Ohren oder am
Kopffe fuͤhlen/ da wiſſen ſie keinen Rath davor/
drum muͤſſen die Maͤnner ſie mit Schlag-Bal-
ſam anſtreichen/ biß ſie recht wieder zum Ver-
ſtande kommen. Denn wenn der Wein und das
Bier/ ſo ſie beym Schmauſen in ſich geſchluckt
haben/ ihnen in die Hoͤhe geſtiegen iſt/ und im
Kopffe kruͤbelt/ ſo kan es nicht fehlen/ ſie befuͤrch-
ten den Schlag. Und iſt derowegen recht etwas
wunderwuͤrdiges/ wie fleißig und accurat das
Weibsvolck iſt/ wenn ſie von einer Sache Ob-
ſervationes machen/ wie es wuͤrcklich hieraus
zur Gnuͤge abzunehmen iſt/ wenn nehmlich ih-
nen alles ſo genau eintrifft/ daß auff das Steiß-
Jucken die Gevatterſchafft/ auffs Halß-Jucken
der Schmauß/ und auffs Kopff-Jucken die
Schlaͤge erfolgen. Weil denn nun bey dieſem
Glaubens-Puncte eben keine ſonderliche Suͤn-
de gethan wird/ ſo moͤgen die lieben Weiber im-
mer dabey bleiben/ und ſich die Koͤpffe fein fleiſ-
ſig ſalben laſſen; was vom Kopffe abfaͤllet/ wird
ihnen wohl auff dem Ruͤcken bleiben.
Wie ſein es doch gradatim geht bey unſern
lieben Weibern/
Das Jucken koͤmmt erſt an den Steiß/ an
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