Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.Untersuchung derer von super-klugen liessen/ daß iemand Frembdes/ oder auch ihrerNachbarn einer/ nur zum wenigsten ein Licht bey ihnen anzündete/ und aus ihrem Hause trü- ge/ und wenn sie zuweilen gesehen/ daß des A- bends ein und anders/ denen der Wind die Lichte in denen Laternen ausgelöschet gehabt/ ihre Lich- te in meinem Hause wieder angezündet haben/ so haben sie sich verwundert/ daß ich solches zuge- geben/ und dabey gesagt: Sie liessen es nicht ge- schehen. Wenn ich gefragt habe/ was es denn schaden könne? Ist erstlich die Antwort gewe- sen: Es sey nicht gut; und da ich auff eine ge- nauere Antwort gedrungen/ so ists endlich fol- gende gewesen: Es würde einem mit dem Feuer die Nahrung aus dem Hause getragen. Allein/ wenn ich solcher einfältigen Leute ihre Nahrung betrachtet habe/ so ist sie noch schlechter gewesen/ als bey andern/ die auff keinem solchen albern A- berglauben iemahl etwas gehalten haben. Es ist auch gemeiniglich mit solchem abergläubi- schen Thoren also beschaffen/ als wie mit denen/ von welchen man zu sagen pflegt: Sie haben ihre Nahrung mit Schauffeln zur Thüre hin- aus geworffen/ und nun wollen sie sie mit Na- deln wieder zum Fenster hinein scharren. Es kan auch nicht anders seyn; denn wer seine Ge- dancken nur auff solche Possen richtet/ und das Hertz dran hänget/ der lässet hingegen das schul- dige
Unterſuchung derer von ſuper-klugen lieſſen/ daß iemand Frembdes/ oder auch ihrerNachbarn einer/ nur zum wenigſten ein Licht bey ihnen anzuͤndete/ und aus ihrem Hauſe truͤ- ge/ und wenn ſie zuweilen geſehen/ daß des A- bends ein und anders/ denen der Wind die Lichte in denen Laternen ausgeloͤſchet gehabt/ ihre Lich- te in meinem Hauſe wieder angezuͤndet haben/ ſo haben ſie ſich verwundert/ daß ich ſolches zuge- geben/ und dabey geſagt: Sie lieſſen es nicht ge- ſchehen. Wenn ich gefragt habe/ was es denn ſchaden koͤnne? Iſt erſtlich die Antwort gewe- ſen: Es ſey nicht gut; und da ich auff eine ge- nauere Antwort gedrungen/ ſo iſts endlich fol- gende geweſen: Es wuͤrde einem mit dem Feuer die Nahrung aus dem Hauſe getragen. Allein/ wenn ich ſolcher einfaͤltigen Leute ihre Nahrung betrachtet habe/ ſo iſt ſie noch ſchlechter geweſen/ als bey andern/ die auff keinem ſolchen albern A- berglauben iemahl etwas gehalten haben. Es iſt auch gemeiniglich mit ſolchem aberglaͤubi- ſchen Thoren alſo beſchaffen/ als wie mit denen/ von welchen man zu ſagen pflegt: Sie haben ihre Nahrung mit Schauffeln zur Thuͤre hin- aus geworffen/ und nun wollen ſie ſie mit Na- deln wieder zum Fenſter hinein ſcharren. Es kan auch nicht anders ſeyn; denn wer ſeine Ge- dancken nur auff ſolche Poſſen richtet/ und das Hertz dran haͤnget/ der laͤſſet hingegen das ſchul- dige
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Unterſuchung derer von ſuper-klugen
lieſſen/ daß iemand Frembdes/ oder auch ihrer
Nachbarn einer/ nur zum wenigſten ein Licht
bey ihnen anzuͤndete/ und aus ihrem Hauſe truͤ-
ge/ und wenn ſie zuweilen geſehen/ daß des A-
bends ein und anders/ denen der Wind die Lichte
in denen Laternen ausgeloͤſchet gehabt/ ihre Lich-
te in meinem Hauſe wieder angezuͤndet haben/
ſo haben ſie ſich verwundert/ daß ich ſolches zuge-
geben/ und dabey geſagt: Sie lieſſen es nicht ge-
ſchehen. Wenn ich gefragt habe/ was es denn
ſchaden koͤnne? Iſt erſtlich die Antwort gewe-
ſen: Es ſey nicht gut; und da ich auff eine ge-
nauere Antwort gedrungen/ ſo iſts endlich fol-
gende geweſen: Es wuͤrde einem mit dem Feuer
die Nahrung aus dem Hauſe getragen. Allein/
wenn ich ſolcher einfaͤltigen Leute ihre Nahrung
betrachtet habe/ ſo iſt ſie noch ſchlechter geweſen/
als bey andern/ die auff keinem ſolchen albern A-
berglauben iemahl etwas gehalten haben. Es
iſt auch gemeiniglich mit ſolchem aberglaͤubi-
ſchen Thoren alſo beſchaffen/ als wie mit denen/
von welchen man zu ſagen pflegt: Sie haben
ihre Nahrung mit Schauffeln zur Thuͤre hin-
aus geworffen/ und nun wollen ſie ſie mit Na-
deln wieder zum Fenſter hinein ſcharren. Es
kan auch nicht anders ſeyn; denn wer ſeine Ge-
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