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Schmidt, Andreas: Das Uber vier Malefitz-Personen ergangene Justitz-Rad. Berlin, 1725.

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Toben, bevorab da er von dem Herrn geheimen Rath Mylio befraget ward,
wo er seine Unter-Kleider, die er bißher angehabt, hingethan, sonderlich ein
paaar gute Bocks-Fellene Hosen. Da ers nun gedachten Herrn geheimen
Rathe nicht bieten durffte, so muste es vielmehr der Herr Prediger Schmid
tragen, der sein Beicht-Vater seyn solte, wider welchen er mit Ungestühm
ausfuhr, er wäre schuld, daß er wiederum am Steine mit der Ketten wäre
angeschlossen worden. Dieser Stein war ihme vom Ansange seiner Arre-
tir
ung auf dem Hoff-Gerichte unerträglich, und wenn ihn der Herr Prediger
Schmid zuweilen schon bey denen Herren Räthen davon loßgebethen hatte,
am Tage daran nicht geschlossen zu werden, war seine Widerspenstigkeit
nach wie vor, ohngeacht er vorwandte, der Stein verhinderte ihn, daß er
weder bethen noch heilsamen Lehren recht nachdencken könnte. Daß sich
aber die Gerichte seiner Persohn am Steine versicherten, geschahe auch nicht
sonder Ursache; denn sie immer besorgten, er würde entweder heimlich echap-
pir
en, oder, damit er wie weyland ein andrer Bösewicht, in einem Gefängnisse
allhier, einen verdammten Selbst-Mord an sich begieng, noch zwey Tage zuvor,
ehe er solte abgethan werden, dergleichen auch nicht versuchen möchte. Und
gewiß, so jemand unter allen vieren grössern Verdacht zu solcher unglück-
lichen besorglichen That auf sich lud, so war es dieser Kranichfeld, wie-
wol die Fixelin wenig bessern Glauben finden möchte, deßwegen diese
und andere Behutsamkeit mehr gebrauchet wurde, damit man möglichster
massen so ein Unglück verhütete, litten es also lieber, daß der Schieffer-Decker
unwillig blieb, als daß der Teuffel darüber, wenn es ihme eingeschlagen wäre,
solte lustig worden seyn, und sich über solch gefältes Wild gefreuet haben.

§. 80.

Er schenckte es aber keinem, der zu ihm kam, und seiner See-
len guten Rath geben wolte, und bekams Herr Collega von ihme, wenn er
mit der Hand lang am Steine angeschlossen war; so bekam es ein an-
derer eben also, wenn er freyes Fusses gehen konnte: an meinem Theile hatte
ich solcher Läster Schule schon zuvor bey ihme weidlich hergehalten, und
muste ichs mir fernerhin nicht befremden lassen, daß er mich in beyseyn zweyer
Wachtstehenden Soldaten offt hönisch offt schimpfflich tractirte, welches
so gar leicht in die Stadt flohe, daß alle meine Verspottungen zeitiger unter
die Leute kamen, ehe ich einmal selbst von ihm gehen konnte. Am wenigsten
war es ihm erträglich, wenn ich ihme die Tieffen des Satans in seinem
Hertzen unter denen gewaltigsten Lügen-Stricken zeigete, daß er sich zornig
offt herum wandte, mir den Rücken zukehrete, und zu denen Soldaten sagete:

Der
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Toben, bevorab da er von dem Herrn geheimen Rath Mylio befraget ward,
wo er ſeine Unter-Kleider, die er bißher angehabt, hingethan, ſonderlich ein
paaar gute Bocks-Fellene Hoſen. Da ers nun gedachten Herrn geheimen
Rathe nicht bieten durffte, ſo muſte es vielmehr der Herr Prediger Schmid
tragen, der ſein Beicht-Vater ſeyn ſolte, wider welchen er mit Ungeſtuͤhm
ausfuhr, er waͤre ſchuld, daß er wiederum am Steine mit der Ketten waͤre
angeſchloſſen worden. Dieſer Stein war ihme vom Anſange ſeiner Arre-
tir
ung auf dem Hoff-Gerichte unertraͤglich, und wenn ihn der Herr Prediger
Schmid zuweilen ſchon bey denen Herren Raͤthen davon loßgebethen hatte,
am Tage daran nicht geſchloſſen zu werden, war ſeine Widerſpenſtigkeit
nach wie vor, ohngeacht er vorwandte, der Stein verhinderte ihn, daß er
weder bethen noch heilſamen Lehren recht nachdencken koͤnnte. Daß ſich
aber die Gerichte ſeiner Perſohn am Steine verſicherten, geſchahe auch nicht
ſonder Urſache; denn ſie immer beſorgten, er wuͤrde entweder heimlich echap-
pir
en, oder, damit er wie weyland ein andrer Boͤſewicht, in einem Gefaͤngniſſe
allhier, einen verdammten Selbſt-Mord an ſich begieng, noch zwey Tage zuvor,
ehe er ſolte abgethan werden, dergleichen auch nicht verſuchen moͤchte. Und
gewiß, ſo jemand unter allen vieren groͤſſern Verdacht zu ſolcher ungluͤck-
lichen beſorglichen That auf ſich lud, ſo war es dieſer Kranichfeld, wie-
wol die Fixelin wenig beſſern Glauben finden moͤchte, deßwegen dieſe
und andere Behutſamkeit mehr gebrauchet wurde, damit man moͤglichſter
maſſen ſo ein Ungluͤck verhuͤtete, litten es alſo lieber, daß der Schieffer-Decker
unwillig blieb, als daß der Teuffel daruͤber, wenn es ihme eingeſchlagen waͤre,
ſolte luſtig worden ſeyn, und ſich uͤber ſolch gefaͤltes Wild gefreuet haben.

§. 80.

Er ſchenckte es aber keinem, der zu ihm kam, und ſeiner See-
len guten Rath geben wolte, und bekams Herr Collega von ihme, wenn er
mit der Hand lang am Steine angeſchloſſen war; ſo bekam es ein an-
derer eben alſo, wenn er freyes Fuſſes gehen konnte: an meinem Theile hatte
ich ſolcher Laͤſter Schule ſchon zuvor bey ihme weidlich hergehalten, und
muſte ichs mir fernerhin nicht befremden laſſen, daß er mich in beyſeyn zweyer
Wachtſtehenden Soldaten offt hoͤniſch offt ſchimpfflich tractirte, welches
ſo gar leicht in die Stadt flohe, daß alle meine Verſpottungen zeitiger unter
die Leute kamen, ehe ich einmal ſelbſt von ihm gehen konnte. Am wenigſten
war es ihm ertraͤglich, wenn ich ihme die Tieffen des Satans in ſeinem
Hertzen unter denen gewaltigſten Luͤgen-Stricken zeigete, daß er ſich zornig
offt herum wandte, mir den Ruͤcken zukehrete, und zu denen Soldaten ſagete:

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[61[59]/0067] Toben, bevorab da er von dem Herrn geheimen Rath Mylio befraget ward, wo er ſeine Unter-Kleider, die er bißher angehabt, hingethan, ſonderlich ein paaar gute Bocks-Fellene Hoſen. Da ers nun gedachten Herrn geheimen Rathe nicht bieten durffte, ſo muſte es vielmehr der Herr Prediger Schmid tragen, der ſein Beicht-Vater ſeyn ſolte, wider welchen er mit Ungeſtuͤhm ausfuhr, er waͤre ſchuld, daß er wiederum am Steine mit der Ketten waͤre angeſchloſſen worden. Dieſer Stein war ihme vom Anſange ſeiner Arre- tirung auf dem Hoff-Gerichte unertraͤglich, und wenn ihn der Herr Prediger Schmid zuweilen ſchon bey denen Herren Raͤthen davon loßgebethen hatte, am Tage daran nicht geſchloſſen zu werden, war ſeine Widerſpenſtigkeit nach wie vor, ohngeacht er vorwandte, der Stein verhinderte ihn, daß er weder bethen noch heilſamen Lehren recht nachdencken koͤnnte. Daß ſich aber die Gerichte ſeiner Perſohn am Steine verſicherten, geſchahe auch nicht ſonder Urſache; denn ſie immer beſorgten, er wuͤrde entweder heimlich echap- piren, oder, damit er wie weyland ein andrer Boͤſewicht, in einem Gefaͤngniſſe allhier, einen verdammten Selbſt-Mord an ſich begieng, noch zwey Tage zuvor, ehe er ſolte abgethan werden, dergleichen auch nicht verſuchen moͤchte. Und gewiß, ſo jemand unter allen vieren groͤſſern Verdacht zu ſolcher ungluͤck- lichen beſorglichen That auf ſich lud, ſo war es dieſer Kranichfeld, wie- wol die Fixelin wenig beſſern Glauben finden moͤchte, deßwegen dieſe und andere Behutſamkeit mehr gebrauchet wurde, damit man moͤglichſter maſſen ſo ein Ungluͤck verhuͤtete, litten es alſo lieber, daß der Schieffer-Decker unwillig blieb, als daß der Teuffel daruͤber, wenn es ihme eingeſchlagen waͤre, ſolte luſtig worden ſeyn, und ſich uͤber ſolch gefaͤltes Wild gefreuet haben. §. 80. Er ſchenckte es aber keinem, der zu ihm kam, und ſeiner See- len guten Rath geben wolte, und bekams Herr Collega von ihme, wenn er mit der Hand lang am Steine angeſchloſſen war; ſo bekam es ein an- derer eben alſo, wenn er freyes Fuſſes gehen konnte: an meinem Theile hatte ich ſolcher Laͤſter Schule ſchon zuvor bey ihme weidlich hergehalten, und muſte ichs mir fernerhin nicht befremden laſſen, daß er mich in beyſeyn zweyer Wachtſtehenden Soldaten offt hoͤniſch offt ſchimpfflich tractirte, welches ſo gar leicht in die Stadt flohe, daß alle meine Verſpottungen zeitiger unter die Leute kamen, ehe ich einmal ſelbſt von ihm gehen konnte. Am wenigſten war es ihm ertraͤglich, wenn ich ihme die Tieffen des Satans in ſeinem Hertzen unter denen gewaltigſten Luͤgen-Stricken zeigete, daß er ſich zornig offt herum wandte, mir den Ruͤcken zukehrete, und zu denen Soldaten ſagete: Der H 3

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Zitationshilfe: Schmidt, Andreas: Das Uber vier Malefitz-Personen ergangene Justitz-Rad. Berlin, 1725, S. 61[59]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_justitzrad_1725/67>, abgerufen am 21.11.2024.